Der Kläger des Verfahrens vor dem Arbeitsgericht Freiburg arbeitete bereits seit über 30 Jahren bei seinem Arbeitgeber, der Deutschen Post AG, im Briefzentrum. Zuletzt übte er eine Tätigkeit in Teilzeit aus. Später erhielt er aufgrund seiner Erkrankungen eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Dennoch wollte er weiter arbeiten und beantragte bei seinem Arbeitgeber die Teilnahme an der tarifvertraglichen Altersteilzeit.
 

Der Kläger beantragte Altersteilzeit nach Rentenbeginn

Den Antrag, am Altersteilzeitmodell seines Arbeitgebers teilzunehmen, stellte der Kläger mehrere Monate nachdem die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung begonnen hatte. Das nahm der Arbeitgeber zum Anlass, den Antrag auf Altersteilzeit abzulehnen.
 
Die Kläger war damit nicht einverstanden. Das Arbeitsgericht Freiburg folgte seinen Argumenten allerdings nicht. In seinem Urteil bezog sich das Gericht auf den Tarifvertrag Nr. 159, der die Altersteilzeit bei der Deutschen Post AG regelt. Nach diesem Tarifvertrag sind von der Altersteilzeit diejenigen Arbeitnehmer*innen ausgenommen, die zum Zeitpunkt bereits eine gesetzliche Rente oder eine Betriebsrente beantragt haben beziehungsweise beziehen.
 

Der Kläger machte einen Anspruch auf Gleichbehandlung geltend

Der Kläger habe einen Anspruch darauf geltend gemacht, mit anderen Mitarbeitern gleich behandelt zu werden und aufgrund dessen am Altersteilzeitmodell auch als Teilzeitbeschäftigter teilnehmen zu können. Der Tarifvertrag schließe nämlich nur diejenigen Arbeitnehmer aus, die eine gesetzliche Altersrente beantragt hätten und treffe keine Regelung zu Lasten von Teilzeitbeschäftigten.
 
Der Kläger habe den geltend gemachten Anspruch jedoch nicht, so das Arbeitsgericht. Der Tarifvertrag Nr. 159 nehme den Kläger als Teilerwerbsminderungsrentner vom Anwendungsbereich des Tarifvertrages aus. Das sei auch rechtlich so in Ordnung. Der Tarifvertrag müsse nämlich ausgelegt werden. Dabei müsse das Gericht zunächst den Wortlaut genau betrachten und den maßgeblichen Sinn der Erklärung des Tarifvertrages erforschen.
 

Der Wortlaut des Tarifvertrages und Wille der Tarifvertragsparteien sind maßgeblich

Sei der Tarifwortlaut nicht eindeutig, so müsse das Gericht den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien berücksichtigen, soweit er seinen Niederschlag in der tariflichen Norm gefunden habe. Es komme dabei auf den tariflichen Gesamtzusammenhang an. Denn dieser liefere Anhaltspunkte für den Willen der Tarifvertragsparteien. Nur so könne das Gericht den Sinn und Zweck des Tarifvertrages ermitteln.
 
Bringe auch diese Auslegung kein eindeutiges Ergebnis, dürfe das Gericht auch weitere Kriterien heranziehen wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages oder dessen praktische Anwendung.
 

Der Tarifvertrag nimmt Arbeitnehmer aus, die einen Rentenantrag gestellt haben

Ausweislich der Formulierung des Tarifvertrages für die Altersteilzeit bei der Deutschen Post AG seien diejenigen Arbeitnehmer ausgenommen, die einen Antrag auf eine gesetzliche Rente gestellt hätten. Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, die der Kläger beziehe, sei eine gesetzlich geregelte Rente. Die Tarifvertragsparteien hätten die entsprechende Formulierung in ihren Tarifvertrag nicht versehentlich aufgenommen.
 
Weiteren Vorschriften des Tarifvertrages befassten sich nämlich durchaus mit der Erwerbsminderungsrente. Die Tarifvertragsparteien hätten damit gesetzliche Renten im Blick gehabt. Es gebe in den tariflichen Vorschriften beispielsweise die ausdrückliche Unterscheidungen zwischen Altersrente und Erwerbsminderungsrente.
 

Die Altersteilzeit endet bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung

Eine nähere Betrachtung des Tarifvertrages ergebe darüber hinaus, dass die Altersteilzeit bei Gewährung einer vollen Erwerbsminderungsrente auf Dauer ende. Das allein besage allerdings nichts darüber, dass Beschäftigte nicht generell von der Altersteilzeit ausgeschlossen wären, wenn sie Altersteilzeit beantragt hätten.
 
Der Tarifvertrag regele nämlich nur Fälle, in denen bei Beantragung der Altersteilzeit noch kein Rentenantrag gestellt war, jedoch im Laufe der Altersteilzeit gestellt werde. Da bei einer Teilerwerbsminderungsrente das Arbeitsverhältnis nicht ende müsse der Tarifvertrag für diesen Fall auch keine spezielle Regelung enthalten.
 

Bei befristeten Renten endet die Altersteilzeit nicht

Gleiches gelte für Fälle, in welchen die gesetzliche Rentenversicherung eine befristete Erwerbsminderungsrente zuspreche. Auch hier ende das Arbeitsverhältnis in Altersteilzeit nicht automatisch. Nach Wegfall der Zeitrente lebe dieses wieder auf.
 
All diese einzelnen Regelungen des Tarifvertrages beinhalteten nichts zu der Teilerwerbsminderungsrente. Das heiße aber nicht, dass Antragsteller auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderungsrente nicht doch von der Altersteilzeit ausgeschlossen wären.
 

Der Tarifvertrag enthält keinen Hinweis zur Teilerwerbsminderungsrente

Der Kläger habe im Verfahren vorgetragen, der Tarifvertrag schließe die Teilnahme an der Altersteilzeit nur in dem Zeitraum zwischen dem Rentenantrag und der Rentenbewilligung aus, nicht jedoch in anderen Situationen. Dazu enthalte der Tarifvertrag jedoch keine Hinweise.
 
Der Gleichbehandlungsgrundsatz, auf den der Kläger sich beziehe, gebiete nicht, dass das Gericht den Tarifvertrag in der vom Kläger gewünschten Weise auslege. Der Kläger könne nicht beanspruchen, Erwerbsminderungsrenten von der Anwendung des Tarifvertrages auszunehmen.
 

Der Tarifvertrag enthält einen sachlichen Grund für die Unterscheidung

Es gebe nämlich durchaus einen sachlichen Grund dafür, dass der Tarifvertrag zwischen Rentenantragstellern und Personen unterscheide, die noch keinen Antrag gestellt hätten. Die Tarifvertragsparteien hätten nämlich die Reduzierung der Arbeitszeit im Alter fördern wollen. Dafür sähen sie Aufstockungsleistungen zu der reduzierten Vergütung vor.
 
Nehme der Tarifvertrag Rentner wegen teilweiser Erwerbsminderung von dieser Förderung aus, sei das sachlich gerechtfertigt. Sie bezögen nämlich die Teilerwerbsminderungsrente und hätten deshalb einen gewissen Ausgleich für die eingeschränkte Erwerbsfähigkeit. Es liege in diesem Zusammenhang im sachgerechten Ermessen der Tarifvertragsparteien, die Förderung auf Arbeitnehmer zu beschränken, die keine Rentenleistungen bezögen.
 

Sozialpolitische Erwägungen stellt das Gericht ausdrücklich nicht an

Dies gelte umso mehr, als auch die Teilerwerbsminderungsrente durch Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitgeber mitfinanziert sei. Das Gericht habe nicht zu beurteilen, ob die Herausnahme von teilerwerbsgeminderten Rentnern sozialpolitisch sinnvoll sei. Den Tarifvertragsparteien könne es jedenfalls einen sachlichen Grund für diese Herausnahme nicht absprechen.

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