Der Arbeitgeber muss dafür sorgen, dass in Arbeitsräumen erträgliche Temperaturen herrschen. Copyright by  afxhome/Adobe Stock
Der Arbeitgeber muss dafür sorgen, dass in Arbeitsräumen erträgliche Temperaturen herrschen. Copyright by afxhome/Adobe Stock

Kälter als 17 Grad Celsius darf ein Raum, in dem dauerhaft Arbeitnehmer*innen arbeiten nicht sein. Sorgt der Arbeitgeber nicht für erträgliche Temperaturen, darf er Arbeitnehmer dort nicht einsetzen, wie jetzt ein Fall des Verwaltungsgerichts (VG) Freiburg zeigt.
 

Behörde ordnet Gefahrenprüfung an

Die Arbeitsschutzbehörde hatte dem Betreiber eines Ladengeschäftes untersagt, in seinen Räumen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu beschäftigen, weil die Temperatur besonders in den Wintermonaten regelmäßig unter 17 Grad Celsius lag. Die Mindestwerte der Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) sehen eine Raumtemperatur zwischen 17 und 21 Grad Celsius vor.
 
Die Behörde hatte auf eine Beschwerde eines Kunden hin eine Gefahrenprüfung zur Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiter durchgeführt. Diese kam zu dem Ergebnis, dass die Räumlichkeiten für die Beschäftigung der Arbeiter nicht geeignet waren.
 
Der Arbeitgeber hatte eine geforderte fachkundige Gefährdungsbeurteilung nicht vorgelegt. Weil die Heizung defekt war, waren die Räume sehr kalt. Während eines Ortstermins im November waren es nur 14 bzw. 15 Grad Celsius.
 

Behörde spricht Beschäftigungsverbot aus

Als Notbehelf hatte der Händler elektrische Heizlüfter aufgestellt. Von diesen ging jedoch eine erhebliche Brandgefahr aus, zudem versperrten sie die Fluchtwege. Der Händler hatte sich darauf berufen, dass der Eigentümer die Heizung reparieren müsse. Er versprach aber Besserung.
 
Als die Mängel aber nach eineinhalb Jahren noch immer nicht behoben waren, erließ die Behörde ein Beschäftigungsverbot, weil der Unternehmer den Gesundheits- und Arbeitsschutz seiner Mitarbeiter nicht gewährleiste.
 

VG: andauernder Verstoß gegen das Arbeitsschutzgesetz

Das VG Trier bestätigte nun in seiner Entscheidung das Beschäftigungsverbot: Der Ladenbesitzer habe nach anderthalb Jahren noch keine Umgebungstemperatur von mindestens 17 Grad Celsius geschaffen. Damit habe er andauernd gegen das Arbeitsschutzgesetz verstoßen.
 
Zwar seien technische Normen für Arbeitsplätze nicht rechtsverbindlich, aber aufgrund ihrer Vermutungswirkung komme ihnen eine gewisse Verbindlichkeit zu.
 
Bislang habe der Arbeitgeber keinen fachlichen Nachweis dafür erbracht, dass die geforderten Umgebungstemperaturen garantieren sind. Daher sei das Beschäftigungsverbot trotz des für den Ladenbetreiber wichtigen Weihnachtsgeschäfts verhältnismäßig. Denn die Missstände seien seit langem bekannt, ohne dass sie beseitigt wurden.
 
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VG Freiburg bestätigt für zu kalten Arbeitsplatz Beschäftigungsverbot
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Das sagen wir dazu:

Es ist schon erstaunlich, mit welcher Ignoranz manche Arbeitgeber nicht nur mit der Gesundheit der Mitarbeiter, sondern auch mit Auflagen von Behörden umgehen. Wer seine Mitarbeiter bei Temperaturen von 14 Grad Celsius in seinem Laden arbeiten lässt und auch nach Aufforderung der Behörde über eineinhalb Jahre nichts unternimmt, der darf sich nicht wundern, wenn die Aufsichtsbehörde ihm die Möglichkeit nimmt, die Arbeitnehmer weiter dort zu beschäftigen.

Untätigkeit wird bestraft

Dies mag für den Händler besonders hart sein, weil das Arbeitsverbot mitten ins Weihnachtsgeschäft fällt. Das Gericht hat diesen Punkt aber vollkommen zu Recht nicht gelten lassen: Er hätte es ja selbst in der Hand gehabt, frühzeitig für warme Räume zu sorgen.

Gut ist die Entscheidung in jedem Fall für die Beschäftigten. Auch wenn sie nicht arbeiten, steht ihnen trotzdem der volle Lohn zu. Dies ergibt sich aus dem Beschäftigungsverbot, das ja nicht sie bestrafen soll, sondern den Arbeitgeber.

Wir sind als Kunden gefragt

Als Arbeitnehmer sollte dies dazu ermuntern, auch selbst Verstöße gegen den Arbeitsschutz anzuzeigen. Leider tun sich damit viele Menschen schwer, weil sie nicht ganz zu Unrecht Angst vor Repressalien haben.

Leichter haben es da Kunden, wie der vorliegende Fall zeigt. Hier hatte ein Kunde die Arbeitsschutzbehörde informiert. Es liegt also an jedem einzelnen von uns, genau zu prüfen, ob in den Läden, in denen wir einkaufen Temperaturen herrschen, bei denen wir selbst uns wohlfühlen und gegebenenfalls die entsprechenden Schritte einzuleiten.

Rechtliche Grundlagen

Technische Regeln für Arbeitsstätten Raumtemperatur ASR A3.5

4.2 Lufttemperaturen in Räumen

(1) In Arbeitsräumen muss die Lufttemperatur in Abhängigkeit von der Arbeitsschwere und Körperhaltung mindestens den Werten in Tabelle1 entsprechen, wobei diese Lufttemperatur während der gesamten Nutzungsdauer zu gewährleisten ist.
(2) Werden die Mindestwerte nach Tabelle1 in Arbeitsräumen auch bei Ausschöpfung der technischen Möglichkeiten nicht erreicht, ist der Schutz gegen zu niedrige Temperaturen in folgender Rangfolge durch zusätzliche - arbeitsplatzbezogene technische Maßnahmen (z.B. Wärmestrahlungsheizung, Heizmatten), -organisatorische Maßnahmen (z.B. Aufwärmzeiten) oder -personenbezogene Maßnahmen (z.B. geeignete Kleidung) sicher zu stellen.

Tabelle 1:
Mindestwerte der Lufttemperatur in Arbeitsräumen

Überwiegende Körperhaltung: Sitzen
Arbeitsschwere leicht: +20°C
Arbeitsschwere mittel: +19°C
Arbeitsschwere schwer: -

Überwiegende Körperhaltung: Stehen, Gehen
Arbeitsschwere leicht: +19°C
Arbeitsschwere mittel: +17°C
Arbeitsschwere schwer: +12°C