Schon kurz nach der Überlassung des Fahrrads war der Arbeitnehmer erkrankt und konnte es nicht nutzen
© Adobe Stock - Von RAM
Schon kurz nach der Überlassung des Fahrrads war der Arbeitnehmer erkrankt und konnte es nicht nutzen © Adobe Stock - Von RAM

Neumann hat die Möglichkeit per Gehaltsumwandlung zwei Fahrräder zu leasen. Das kommt ihm günstig vor, da die Leasingrate nicht versteuert/verbeitragt wird und dann von seinem Nettolohn einbehalten wird. Doch dann ist er mehrere Monate krank und der Arbeitgeber will die aufgelaufenen Raten trotzdem von ihm.

Wie funktioniert Gehaltsumwandlung beim Dienstrad

Die Arbeitgeberin arbeitet mit einem typischem auf Diensträderüberlassung spezialisiertem Fahrradladen zusammen. Neumann sucht vor Ort für sich und seine Frau je ein Fahrrad aus. Seine Arbeitgeberin schließt mit ihm einen Überlassungsvertrag und mit dem Fahrradladen einen Leasingvertrag für beide Fahrräder über drei Jahre.  Die Leasingraten bemessen sich nach dem Kaufpreis. Sein Bruttogehalt ist quasi jetzt gesplittet, einmal die Leasingrate und einmal das um die Leasingrate gekürzte Bruttogehalt. D.h. auf diese Rate fallen keine Sozialbeiträge und keine Steuern an. Insgesamt führt das zu einem höheren Nettobetrag, von dem dann die Leasingrate einbehalten wird. Das ist auf den ersten Blick billiger als die Fahrräder selbst zu leasen.

Folgen des niedrigeren Bruttogehalts

Weniger Gehalt von dem Steuer-und Sozialversicherungsbeiträge abgehen, hat auch eine Kehrseite. Das wirkt sich negativ im Falle von Kranken- oder Arbeitslosengeld aus, letztlich auch bei der Berechnung der Entgeltpunkte für die spätere Rente. Neumann hat also schon ein niedrigeres Krankengeld aufgrund dieser Regelung. Ob das eine sinnvolle Regelung ist, um günstiger Fahrrad fahren zu können, muss jeder selber entscheiden. 

Wer trägt die Leasingraten bei Krankheit?

Schon kurz nach der Überlassung des Fahrrads erkrankt Neumann. Ihn hat Corona so erwischt, dass er mehrere Monate krank war. An Arbeiten und auch an Fahrradfahren war nicht zu denken. Die ersten sechs Wochen lief alles noch wie vereinbart. Er bekam Entgeltfortzahlung, die Leasingrate wurde einbehalten.

Gehaltsumwandlung bei Krankengeldbezug nicht möglich

Da Neumann nach Ablauf der sechs Wochen Krankengeld bezog und damit kein Gehalt mehr floss, war eine Gehaltsumwandlung nicht mehr möglich.

Neumanns Arbeitgeberin behielt die Leasingraten nach Wiederaufnahme der Arbeit für die Krankengeldmonate - immerhin etwa 800 € - mit der nächsten Gehaltsabrechnung ein.

Ein ähnlicher Fall ging 2019 zu Gunsten des Arbeitnehmers aus:

Die Osnabrücker Entscheidung

Das Arbeitsgericht Osnabrück (Urteil vom 5.11.2019 - 3 Ca 229/19) hatte zu entscheiden, ob die Leasingraten bei Krankengeldbezug auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden können. Es ging dort um fast 1.000 €.  

Der Überlassungsvertrag enthielt eine Klausel, wonach der Arbeitgeber in Fällen ohne Gehaltsbezug das Fahrrad zurückfordern kann. Das hat er nicht getan. Wenn der Arbeitgeber keinen Gebrauch von diesem Recht macht, so ging die Klausel weiter, sei der Arbeitnehmende für die Dauer der Unterbrechung der Gehaltszahlung verpflichtet, die Leasingraten an den Arbeitgeber zu zahlen. 

Das Arbeitsgericht hatte diese Klausel als allgemeine Geschäftsbedingung angesehen und als intransparent bewertet. Außerdem benachteilige sie den Arbeitnehmer unangemessen. Die Leasingraten hatte dort der Arbeitgeber zu tragen.  

Das Arbeitsgericht Aachen ist anderer Meinung

Das Arbeitsgericht Aachen hingegen urteilte, dass Neumann die Leasingraten während des Krankengeldbezugs selbst zu tragen hat. 

Die Zahlungspflicht entstünde auch für entgeltfreie Zeiten.  

Keine überraschende Klausel

Auch wenn es sich nicht aus der Überschrift, sondern aus dem Fließtext ergebe, dass er die Raten auch während entgeltfreier Beschäftigung zahlen muss, sei dies keine überraschende Klausel. Die Klausel sei eine Selbstverständlichkeit.

Neumann hätte ja schließlich das Fahrrad selbst auswählen können und habe weiterhin die Nutzungsmöglichkeit gehabt. Das sei bei Absehung von steuer-und sozialversicherungsrechtlichen Regelungen also nichts anderes, als wenn er unmittelbar aus seinem Privatvermögen das Fahrrad selbst least oder die Arbeitgeberin hier als Zwischenhändlerin einsetzt. In beiden Fällen trüge er selbstverständlich das Risiko. 

Das sagen wir dazu:

Ein Berufungsverfahren gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts wird durchgeführt werden. 

Von Arbeitgeberseite war zu hören, dass es zwischenzeitlich eine Versicherung gäbe, die dieses Risiko ab Beginn des Überlassungsvertrags absichere. Ob eine Versicherung durch den Arbeitgeber geschlossen wird, sollte von Seite der Beschäftigten geprüft werden, ehe einem Leasingvertrag zugestimmt wird. 

Vielleicht sollten Arbeitnehmer:innen auch die Preise genau vergleichen. Neumann vermutet zumindest, dass der Preis bei seinen Rädern für das Leasing raufgesetzt wurde.