Tariffähigkeit aberkannt! Copyright by Adobe Stock/MQ-Illustrations
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Der DHV wurde 1893 als Handlungsgehilfenverband gegründet und nach seiner Neugründung am 1. Oktober 1950 als „Deutscher Handlungsgehilfen-Verband e.V., Gewerkschaft der Kaufmannsgehilfen“ in das Vereinsregister Hamburg eingetragen. Im Laufe der Zeit änderte und erweiterte er seinen Zuständigkeitsbereich immer wieder, zuletzt durch die Satzung 2014.
 
Nachdem der DHV zunächst nur um Mitglieder bestimmter Berufsgruppen warb, beansprucht er inzwischen eine Tarifzuständigkeit für alle Arbeitnehmer in gänzlich unterschiedlichen Wirtschaftszweigen, Branchen und Bereichen. Hierzu zählen unter anderem:
 
Banken und Sparkassen, Einzelhandelsgeschäfte und Kaufhäuser, Ein- und Ausfuhrhandel, Gesetzliche Krankenkassen, Versicherungsgewerbe, Altenpflege und Jugendhilfe, Krankenhäuser, Rettungsdienste und Deutsches Rotes Kreuz, Textilreinigung, Fleischwarenindustrie, IT-Dienstleistungen (für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte), Reiseveranstalter sowie kaufmännische und verwaltende Berufe bei Kommunen.
 
Mehrfach war die Tariffähigkeit der DHV Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen.
 

DGB-Gewerkschaften und oberste Arbeitsbehörden der Länder NRW und Berlin bezweifeln Tariffähigkeit

Auf Antrag der IG Metall, der Gewerkschaften ver.di, NGG und der obersten Arbeitsbehörden der Länder Berlin und Nordrhein-Westfalen stellte das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg durch Beschluss vom 22.5.2020 fest, dass die DHV seit dem 21.4.2015, kurz nach dem Inkrafttreten der Satzungsänderung 2014, nicht mehr tariffähig sei.
 
Der Entscheidung des LAG Hamburg vom 22.5.2020 ging ein Verfahren beim Bundesarbeitsgericht (BAG) voraus, welches mit Beschluss vom 26.6.2018 - 1 ABR 37/16 - ein zuvor beim Hamburger LAG anhängiges Verfahren an dieses zurückwies. Unter Berücksichtigung der bindenden Vorgaben des BAG hat das LAG nunmehr ermittelt, dass dem DHV die erforderliche Durchsetzungskraft in den zuletzt beanspruchten Zuständigkeitsbereichen fehlt.
 

Organisationsgrad begründet keine Tariffähigkeit

Nach den Feststellungen des LAG liegt der jeweilige Organisationsgrad, also das Verhältnis zwischen DHV-Mitgliedern und allen Arbeitnehmern eines jeden Bereichs, sogar nach den eigenen Daten des DHV in lediglich knapp 5% der Bereiche bei gemittelt 2,23% und ansonsten jeweils deutlich unter 1,6%. Auch eine langjährige Teilnahme des DHV am Tarifgeschehen seit der Satzungsänderung 2014 konnte das LAG nicht feststellen.
Da es dem DHV an der notwendigen Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler ermangelt, kam das LAG zu dem Ergebnis, dass eine Tariffähigkeit nicht gegeben ist.
 

Unendliche Geschichte?

Noch ist der Beschluss des LAG Hamburg nicht rechtskräftig. Gegen die jetzt ergangene Entscheidung kann der DHV Rechtsbeschwerde beim BAG einlegen.
 
Hier geht es zur Pressemitteilung des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 25.5.2020
und den Entscheidungen der Vorinstanzen:
Vorinstanzen
Arbeitsgericht Hamburg, Beschl. v. 19.6.2015 - 1 BV 2/14
Landesarbeitsgericht Hamburg, Beschl. v. 04.06.2016 - 5 TaBV 8/15
Bundesarbeitsgericht, Beschluss v. 26.6.2018 - 1 ABR 37/16