Für einen der kiffenden Jugendlichen galt eine verschärfte Aufsichtspflicht. Copyright by Adobe Stock/mariesacha
Für einen der kiffenden Jugendlichen galt eine verschärfte Aufsichtspflicht. Copyright by Adobe Stock/mariesacha

Der Kläger, Erzieher in einer Jugendeinrichtung in Rheinland-Pfalz, verstieß im Juni 2019 gleich zwei Mal gegen Weisungen seiner Vorgesetzten. Einmal ging es darum, einen Jugendlichen zu besuchen, der in der Schule zusammengeschlagen und anschließend ins Krankenhaus gebracht worden war. Der Kläger sollte dort nach dem Jungen sehen und ihm auch frische Kleidung mitbringen.
 

Der zweite Vorfall betraf einen Schwimmbadbesuch

Der zweite Vorfall betraf einen Schwimmbadbesuch des Klägers mit einer Gruppe von vier Jugendlichen. Einer der Jugendlichen unterstand einer erhöhten Aufsicht. Die Jungen mussten sich nur alle 30 Minuten bei dem Erzieher melden. Das nahmen alle vier zum Anlass, in der Zwischenzeit mehrere Joints zu rauchen.
 
Arbeitnehmer können von ihrem Arbeitgeber verlangen, dass eine Abmahnung aus der Personalakte entfernt wird, wenn diese zu Unrecht erteilt wurde, entschied das Arbeitsgericht in Pirmasens. Abmahnungen sollten es rügen, wenn ein Arbeitnehmer arbeitsrechtliche Pflichten verletzt habe. Es gehe aber darum, den Arbeitnehmer für die Zukunft zu warnen, wenn es dem Arbeitgeber angebracht erscheine, Konsequenzen für ein nochmaligen fehlerhaftes Verhalten anzukündigen.
 

Der Arbeitnehmer kann eine Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte verlangen

Eine Entfernung aus der Personalakte könne der Arbeitnehmer verlangen, wenn die Abmahnung entweder nicht ordnungsgemäß zustande gekommen sei oder wenn sie unrichtige Behauptungen über Tatsachen enthalte. Das gleiche gelte, wenn der Arbeitgeber das Verhalten des Arbeitnehmers unzutreffend rechtlich bewertet oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt habe.
 
Was den Besuch des verletzen Jugendlichen im Krankenhaus angehe, habe sich der Kläger vertragswidrig verhalten. Das Gericht habe seine Vorgesetzte vernommen. Dabei sei ganz deutlich und nachvollziehbar gewesen, dass der Kläger unverzüglich zum Krankenhaus fahren sollte, als der Junge dort eingetroffen sei.
 

Der Kläger kam auf die Schnelle nicht an frische Kleidung des Jungen

Dass er auf die Schnelle nicht an frische Kleidung gekommen sei, spiele keine Rolle. Es sehe nicht gut aus, wenn sich die Einrichtung nicht unverzüglich um ein verletztes Kind kümmere. Für seine eigene Gruppe habe auch eine weitere Betreuungsperson zur Verfügung gestanden. Schließlich sei es auch nicht so dringend gewesen, das Essen herzurichten wie der Kläger behauptet habe.
 
Der Kläger habe auf die Aussage seiner Vorgesetzten nicht sagen können, weshalb er die Anweisung nicht befolgt habe. Deshalb sei diese Abmahnung zu Recht erfolgt.
 

Entsprechendes gilt für die zweite Abmahnung nicht

Entsprechendes gelte für die zweite Abmahnung jedoch nicht. Der Kläger sei mit vier Jungen ins Schwimmbad gegangen. Die Jugendlichen seien jeweils in verschiedene Stufen eingeordnet gewesen, die den Umfang der notwendigen Betreuung kennzeichneten. Der Kläger habe drei Jugendliche aus der Stufe vier dabei gehabt. Diese dürfe er teilweise sich selbst überlassen.
 
Einer der Jungen habe sich jedoch in Stufe drei befunden. Dahin sei er zurückgestuft worden, nachdem die Heimleitung festgestellt habe, dass er sich nicht ausreichend an Anweisungen halten würde. Jugendliche der Stufe drei müssten durchgehend beaufsichtigt werden.
 

Alle vier Jungen überließ der Kläger sich selbst

Alle vier Jungen überließ der Kläger jedoch zum großen Teil sich selbst. Er wies sie lediglich an, sich alle halbe Stunde bei ihm zu melden. Das taten die vier auch. Dazwischen nutzten sie die Zeit jedoch, um ein paar Cannabis-Joints zu rauchen.
 
Der Arbeitgeber sprach dem Kläger wegen der Verletzung der Aufsichtspflicht daraufhin eine Abmahnung aus. Diese hielt der gerichtlichen Überprüfung jedoch nicht stand. Zwar hätten die Jungen die Joints nicht geraucht, wenn der Kläger seiner Aufsichtspflicht nachgekommen wäre. Er sei auch verpflichtet gewesen, den Jungen der Stufe drei durchgehend zu beobachten.
 

Das galt aber nicht für die anderen drei Jugendlichen

Das gelte aber nicht für die anderen drei Jugendlichen. Diese hätten sich in der Stufe vier befunden. Sie wären damit berechtigt gewesen, ihre Zeit im Schwimmbad ohne durchgehende Aufsicht zu verbringen. Dass sie dabei Joints geraucht hätten, sei vom Kläger nicht zu vertreten gewesen. Hier hätten sich nur die drei Jungen pflichtwidrig verhalten.
 
Bei dem vierten Jungen sei das aber anders gewesen. Er habe sich entschieden ihn mitzunehmen und damit gleichzeitig entschieden, auf ihn aufzupassen.
 

In der Abmahnung wurden zum Teil Tatsachen behauptet, die unrichtig waren

Allerdings würden in der Abmahnung zum Teil Tatsachen behauptet, die unrichtig seien. Der Kläger musste nämlich nicht alle Jungen, die er ins Schwimmbad mitgenommen hatte, gleichermaßen beaufsichtigen.
 
Werde eine Abmahnung auf mehrere Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers gestützt, so müssten alle behaupteten Pflichtverletzungen zutreffen. Sei eine behauptete Tatsache nicht richtig, könne der Arbeitnehmer verlangen, dass die Abmahnung aus der Personalakte entfernt werde.
 

Der Kläger brauchte die Jugendlichen der Stufe vier nicht durchgehend zu beaufsichtigen

In diesem Fall brauchte der Kläger die Jugendlichen der Stufe vier jedoch nicht durchgehend beobachten. Der Arbeitgeber habe in seiner Abmahnung nicht ausreichend zwischen den Jugendlichen der Stufe vier und dem Jungen der Stufe drei differenziert.
 
Den Jungen der Stufe vier wäre es durchaus gestattet, sich nur alle halbe Stunde bei ihm zu melden.
 

Dafür hätte der Kläger nicht abgemahnt werden dürfen

Dafür hätte der Kläger demzufolge auch nicht abgemahnt werden dürfen. Bezüglich des Jungen der Stufe drei sehe das anders aus. Da habe der Kläger in der Tat seiner Aufsichtspflicht nicht genügt.
 
Da jedoch eine Verletzung der Aufsichtspflicht der Jugendlichen der Stufe vier nicht gegeben sei, sei die Abmahnung insgesamt aus der Personalakte zu entfernen.

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