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Praxisfall
Ratgeber

Der Fall aus der Praxis

Testen Sie Ihr Wissen in den Praxisfällen!
 
 
Die Reihe „Der Fall aus der Praxis“ stellt interessante Sachverhalte dar, über die Arbeits- und Sozialgerichte tatsächlich zu entscheiden hatten. 
Bei uns können Sie Richter spielen! 
Sie entscheiden, wer Recht hat und lesen hinterher, ob Sie richtig gelegen haben.
Viel Spaß!
Der Fall aus der Praxis | Wegeunfall

Die Auflösung


Rechtliche Ausgangsposition


Nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches VII ist ein Unfall dann ein Arbeitsunfall, wenn er infolge einer versicherten Tätigkeit geschieht. Zu den versicherten Tätigkeiten zählt auch „ … das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit…"
Für das Gericht stellte sich also die Frage, ob die zweite Fahrt des Angestellten um 17.45 Uhr noch mit der versicherten Tätigkeit zusammenhing.

Entscheidung des Bundessozialgerichts


Das Bundesarbeitsgericht setzt sich mit allen Gesichtspunkten auseinander, die die Berufsgenossenschaft vorbringt.

  • Nach der Auffassung der Richter*innen verrichtete der Angestellte unmittelbar vor Fahrtbeginn um 17.45 Uhr eine versicherte Tätigkeit, indem er mit Kollegen Fragen einer Messevorbereitung besprach. Auch wenn die Gesprächsteilnehmer zunächst private Belange behandelten, ist das Gesamtgespräch in Einzelteile zerlegbar, die nach einander stattfanden. Der zweite Teil des Gesprächs hat einen unmittelbaren Bezug zur versicherten Tätigkeit, denn das Handeln des Angestellten war dabei darauf gerichtet, „ … eine objektiv bestehende und aus der Beschäftigung herrührende Pflicht zu erfüllen.“
  • Obwohl der Angestellte die Möglichkeit gehabt hätte, das Gespräch auf den nächsten Tag zu verschieben, bleibt es dabei, dass er das nicht getan, sondern eine betriebliche Tätigkeit verrichtet hat. Allein die Möglichkeit eines Verschiebens führt zu keinem anderen Ergebnis.
  • Auch dass die Arbeit außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit lag und der Angestellte sie freiwillig verrichtet hat, ist für die Richter*innen unerheblich. Die Gefahren der betrieblichen Sphäre, vor denen die gesetzliche Unfallversicherung schützen soll, können sich ebenso außerhalb wie innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit realisieren.
  • Die Richter*innen verkennen nicht, dass die Rückfahrt zum Betrieb allein privatwirtschaftlichen Zwecken diente. Schließlich kam es dem Angestellten allein darauf an, seinen Geldbeutel zu holen. Da aber die Qualifikation einer Fahrt als Rückweg von einer versicherten Tätigkeit nicht davon abhängt, ob auch die Hinfahrt versichert war, spielt es keine Rolle, wenn die Hinfahrt des Angestellten nicht versichert gewesen wäre.


Damit hat das Bundessozialgericht den Unfall als Wegeunfall anerkannt. Ob sich daraus auch Leistungsansprüche des Angestellten gegen die Berufsgenossenschaft ergeben, war nicht Gegenstand des Verfahrens. Diese Frage ist gesondert zu beantworten.

Antwort auf die Entscheidungsfrage


„Der Angestellte hat einen Wegeunfall erlitten. Er kann also möglicherweise Leistungen von der Berufsgenossenschaft verlangen“ ist richtig.