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Kurz und bündig: Wir beantworten häufig auftretende Fragen aus den wichtigsten Bereichen des Arbeits- und Sozialrechts wie Arbeitsunfallrecht, Teilzeit , Pausen oder Schwerbehindertenrecht. Ideal auch für einen schnellen Einstieg in eine bestimmte Rechtsmaterie.
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Arbeitsvertrag

1. Was ist überhaupt ein Werkvertrag und zwischen wem wird er geschlossen?

Bei einem Werkvertrag verpflichtet sich der Auftragnehmer gegenüber dem Auftrag-geber zur Erstellung eines Werkes gegen Zahlung eines Werklohns. Der Auftragnehmer handelt dabei unternehmerisch selbstständig. Er entscheidet selbst, wie, mit wie vielen Leuten und mit welchem Zeitaufwand er die Arbeit erledigt. Der Vertrag muss abgegrenzt werden insbesondere zum Dienstvertrag. Beim Dienstvertrag schuldet der Beauftragte lediglich ein Tätigwerden, beim Werkvertrag hingegen die Erstellung des Werkes, also einen Erfolg. Der Auftragnehmer haftet für das Werk und greift bei der Erstellung in der Regel auf eigene Maschinen oder Anlagen zurück. Tritt der Erfolg nicht ein, ist das Werk mangelhaft und der Auftraggeber hat Gewährleistungsansprüche. Problematisch ist, dass viele Tätigkeiten, die üblicherweise von angestellten Arbeit-nehmern übernommen werden, auch als „Werk“ oder geschuldeter „Erfolg“ definiert werden können. Die Tätigkeiten können so an externe Dienstleister im Rahmen eines Werkvertrages vergeben werden. Das ist für Unternehmen reizvoll, da bei externen Dienstleistern in der Regel deutlich schlechtere Arbeitsbedingungen gelten. So können die im Unternehmen ggf. geltenden tariflichen Arbeitsbedingungen umgangen werden. Eine Abgrenzung des (Schein-)Werkvertrages ist auch zur Arbeitnehmerüberlassung erforderlich. Bei der Arbeitnehmerüberlassung schuldet das beauftragte Unternehmen keine Erstellung eines Werkes sondern die Überlassung von Arbeitnehmern auf Zeit. Dem entleihenden Unternehmen werden Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt, die in dessen Betrieb eingegliedert sind und ihre Arbeit allein nach Weisungen des Entleihers und in dessen Interesse ausführen.

2. Ab wann handelt es sich bei einem Werkvertrag um „Scheinselbstständigkeit“?

Scheinselbständigkeit liegt vor, wenn vertraglich zwar vereinbart ist, dass jemand Leistungen selbstständig im Rahmen eines Werkvertrages erbringt, tatsächlich aber eine Abhängigkeit wie ein Arbeitnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis besteht. Die Abgrenzung zwischen Scheinselbständigkeit und zulässiger werkvertraglichen Beauftragung ist in der Praxis oft nicht ganz einfach. Sie erfolgt anhand mehrerer Kriterien. Wenn die Erstellung des Werkes nicht mehr allein vom Werkunternehmer selbst bestimmt wird, sondern der Besteller Einfluss nimmt insbesondere auf den Ort, die Zeit sowie Art und Weise der Werkerstellung, ist dies ein starkes Indiz für eine Scheinselbständigkeit. Gleiches gilt, wenn der „Selbständige“ dauerhaft nur für einen einzigen Auftraggeber tätig ist. Der Werkunternehmer muss über die Art der Werkserstellung entscheiden. Setzt der Werkunternehmer seine Arbeitnehmer im Betrieb des Auftraggebers ein, so dürfen diese nicht in Betriebsabläufe oder Produktionsprozesse des Auftraggebers einge-gliedert sein. Der werkvertragliche Fremdpersonaleinsatz wird umso problematischer, je stärker die durch Werkvertrag vergebene Tätigkeit zum eigentlichen Kerngeschäft des Unternehmens gehört. Das Einräumen von Supermarktregalen beispielsweise ist eng verbunden mit dem Betriebszweck des Supermarktes. Durch Scheinselbständigkeit werden betriebliche und sozialrechtliche Risiken vom Unternehmer auf den Werkvertragsnehmer verlagert. Für Arbeitnehmer geltende Schutzbestimmungen gelten für diesen nicht. Setzt ein Subunternehmer über Werkverträge Personen bei dem Auftragsunternehmen ein, die die Kriterien werkvertraglicher Arbeit nicht erfüllen, handelt es sich dabei um genehmigungspflichtige Leiharbeit. Durch das Vortäuschen eines Werkvertrages werden dem Arbeitnehmer die Rechte nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG), insbesondere auf Gleichstellung mit einem vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers gem. § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG verwehrt.

3. Was ist der Unterschied, wenn ein Werkvertrag mit einer einzelnen Person oder mit einem „Subunternehmen“ geschlossen wird?

Ein Subunternehmen kann von einem Unternehmen in gleicher Weise wie eine Einzelperson mit der Erstellung eines Werkes beauftragt werden. Der Subunternehmer wiederum kann entscheiden, ob das Werk selbst erbringt oder die Leistung teilweise oder ganz an ein weiteres Subunternehmen weiterreicht. So kann eine ganze Subunternehmerkette entstehen. Das Subunternehmen kann auch Werkverträge mit selbständigen Einzelpersonen schließen und diese im Unterneh-men einsetzen. Bei der Beauftragung einer einzelnen Person besteht die Problematik der „Scheinselbständigkeit“. Bei der Beauftragung eines Subunternehmers, der Arbeitnehmer im beauftragenden Unternehmen einsetzt, besteht die Problematik der „illegalen Arbeitnehmerüberlassung“, wenn der Unternehmer nicht über eine entsprechende Genehmigung verfügt.

4. Kann ich als Werkvertragsnehmer einen Anspruch auf Festanstellung geltend machen – und wenn ja: wann und wie?

Einen Anspruch auf Festanstellung kann es nur dann geben, wenn der Werkvertragsnehmer Arbeitnehmereigenschaft hat. Maßgeblich für die Beurteilung, ob eine Arbeitnehmereigenschaft vorliegt oder ein wirksamer Werkvertrag abgeschlossen wurde, ist, wie das Vertragsverhältnis tatsächlich „gelebt“ wird. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist die tatsächliche Durchführung maßgebend. Bei einer direkten Beauftragung einer einzelnen Person über einen Werkvertrag besteht die Möglichkeit, auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses zu klagen, wenn davon auszugehen ist, dass es sich nur um eine „Scheinselbständigkeit“ handelt. Wird der Klage stattgeben, erkennt das Arbeitsgericht auf ein Arbeitsverhältnis zwi-schen Auftraggeber und Auftragnehmer des angeblichen Werkvertrages. Im Fall eines Scheinwerkvertrages, in dem ein angeblicher Werkvertragsnehmer von einem Subunternehmen bei einem Auftragsunternehmen eingesetzt wird, könnte nach §§ 9 Nr. 1, 10 I 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Auftragsunternehmen und dem eingesetzten Scheinwerktätigen zustande kommen. Liegt ein Scheinwerkvertrag vor, so tritt der Subunternehmer in Wahrheit wie ein Verleiher von Arbeitnehmern auf. Hat er hierzu keine Erlaubnis, liegt ein Fall illegaler Arbeitnehmerüberlassung vor. Sind Leiharbeitsverträge mangels der notwendigen Erlaubnis unwirksam, kommt automatisch ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer zustande. Derzeit lebhaft diskutiert wird die Rechtslage, wenn der Subunternehmer über eine vorsorgliche Überlassungserlaubnis verfügt. Diese beschafft sich der Subunternehmer in rechtsmissbräuchlicher Weise nur für den Fall, dass die Scheinwerkverträge für unwirksam erklärt werden. In dieser Situation ist fraglich, ob die Rechtsfolge der §§ 9 Nr. 1, 10 I 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) eintritt und mit dem Entleiher ein Arbeitsverhältnis zustande kommen kann. Dies wird vertreten, weil die Berufung auf die Überlassungserlaubnis eben rechtsmissbräuchlich ist, wenn den Parteien von vornherein bewusst ist, dass sie nur unter dem Deckmantel „Werkvertrag“ Arbeitnehmerüberlassung betreiben mit dem Ziel den Gleichstellungsanspruch des Leiharbeitnehmers zu umgehen. Auch ein Landesarbeitsgericht (LAG) hat schon eine entsprechende Entscheidung getroffen. Auf der anderen Seite gibt es mehrere LAG-Entscheidungen, die die Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Besteller und dem bei ihm eingesetzten Arbeitnehmer unter Verweis auf die Gesetzeslage verneint. Gegen diese Entscheidungen laufen derzeit Revisionsverfahren, die abzuwarten sind. Der Gesetzgeber ist aufgefordert, eine Gesetzeslage zu schaffen, die den mit Scheinwerkverträgen betriebenen Missbrauch unterbindet.

5. Gilt bei Werkverträgen für die Beschäftigten der Mindestlohn?

Der zum Schutz von Arbeitnehmern eingeführte gesetzliche Mindestlohn gilt nicht für Werkvertragsbeschäftigte. Wird allerdings ein Werkunternehmer beauftragt und setzt dieser seine Arbeitnehmer für die Erstellung des Werkes ein, so haben diese Arbeitnehmer des Werkunternehmers einen Anspruch auf den Mindestlohn. In diesem Fall haftet auch das beauftragende Unternehmen nach § 13 Mindestlohngesetz - (MiLoG) für die Verpflichtung des Werkunternehmers zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns.

6. Haben Werkvertragsbeschäftigte Anspruch auf bezahlten Urlaub?

Auch die Urlaubsregelungen sind allein zum Schutz von Arbeitnehmern geltende Vorschriften, die auf Arbeitsverhältnisse Anwendung finden, nicht aber auf Werkverträge.

7. Sind Werkvertragsbeschäftigte versichert?

Als Werkvertragsbeschäftigter ist man nicht sozialversichert. Im Krankheitsfall besteht für den Werkvertragsnehmer auch kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Der Werkunternehmer trägt das Risiko dafür, dass das Werk erbracht wird. Kann er diese Leistung nicht erbringen – etwa wegen Krankheit – hat er auch keinen Anspruch auf Zahlung des Werklohns. Etwas anderes gilt nur dann, wenn gerichtlich festgestellt wurde, dass wegen eines missbräuchlichen Werkvertrages ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist (s.o.).

8. Können sich Werkvertragsbeschäftigte an den Betriebsrat wenden?

Es ist natürlich eine Aufgabe der Betriebsräte möglichst die Ausbreitung von Werkverträgen im Unternehmen zu verhindern. Da der Abschluss von Werkverträgen aber nicht mitbestimmungspflichtig ist, sind die Möglichkeiten begrenzt. Formell sind Betriebsräte für Werkvertragsbeschäftigte aber nicht zuständig, da sie die Interessensvertretung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind.

9. Müssen Werkvertragsbeschäftigte ihre Arbeitswerkzeuge oder ihre Arbeitskleidung selbst mitbringen?

Grundsätzlich sind die Werkvertragsbeschäftigten für ihre Arbeitskleidung, Materialen, Werkzeuge und sonstige Arbeitsgeräte selbst verantwortlich. Werden diese vom Auftragsunternehmen gestellt, kann dies ein Indiz für einen Scheinwerkvertrag sein.

10. Kann der Betriebsrat bei Werkverträgen mitbestimmen?

Grundsätzlich ist die Fremdvergabe von Aufgaben mittels Werkverträge an Werksunternehmen nicht mitbestimmungspflichtig. Betriebsräte können aber trotzdem gegenüber der Geschäftsführung ihren Einfluss geltend machen und auf eine Mitbestimmung bei Ausgestaltung der Werkvertragspraktiken dringen. Mitbestimmungsrechte können durch eine entsprechende Betriebsvereinbarung abgesichert werden. Eine Ausnahme besteht beim Arbeitsschutz. Hierfür ist der Betriebsrat auf dem gesamten Werksgelände zuständig also auch gegenüber von Werkvertragsbeschäftigten.