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Fragen & Antworten
Ratgeber

Fragen und Antworten

 
 
Kurz und bündig: Wir beantworten häufig auftretende Fragen aus den wichtigsten Bereichen des Arbeits- und Sozialrechts wie Arbeitsunfallrecht, Teilzeit , Pausen oder Schwerbehindertenrecht. Ideal auch für einen schnellen Einstieg in eine bestimmte Rechtsmaterie.
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Arbeitnehmer

1. Gibt es „Hitzefrei“ am Arbeitsplatz?

Nein, es gibt grundsätzlich kein Hitzefrei für Arbeitnehmer*innen. Allerdings muss der Arbeitgeber die Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Arbeit zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten, dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet (§ 618 BGB). Nur, wenn der Arbeitgeber hiergegen verstößt, kann die Arbeit eingestellt werden. Nach der Arbeitsstättenregel ASR 3.5 ist erst bei einer Lufttemperatur im Raum von 35° C anzunehmen, dass in diesem Raum nicht mehr gearbeitet werden kann. Das heißt aber nicht automatisch, dass der Arbeitnehmer nach Hause gehen kann, sondern nur, dass in bestimmten Räumen nicht gearbeitet werden darf. Zudem muss die Arbeit wieder aufgenommen werden, wenn die Lufttemperatur im Raum unter diesen Wert fällt.

2. Ist mein Arbeitgeber verpflichtet, etwas gegen die Wärme zu unternehmen?

Die Arbeitsstättenverordnung verpflichtet den Arbeitgeber, in Arbeitsräumen “eine gesundheitlich zuträgliche Temperatur” zu gewährleisten. Nach der Arbeitsstättenregel ASR 3.5 soll der Arbeitgeber zusätzliche Maßnahmen ergreifen, wenn die Außenlufttemperatur über 26 °C beträgt. Erst wenn die Lufttemperatur im Raum die Marke von 30°C überschreitet muss der Arbeitgeber tätig werden und wirksame Maßnahmen ergreifen, um die Belastung der Beschäftigten zu reduzieren. Außerdem muss der Arbeitgeber auf besonders gefährdete Beschäftigte wie Jugendliche, Ältere, Schwangere oder stillende Mütter achten. Auch wer besonders schwer körperlich arbeitet hat Anspruch darauf, dass ihm entsprechende Erleichterungen gewährt werden.

3. Wie können solche Maßnahmen aussehen?

Der Arbeitgeber kann zum Beispiel Jalousien anbringen lassen. Er kann auch dafür sorgen, dass die Büros und Werksräume nachts auskühlen und morgens gut lüften, solange es noch kühl ist. Auch durch Klimaanlagen oder Ventilatoren kann die Raumtemperatur erträglicher gestaltet werden. Wenn all das nicht hilft, kann der Arbeitgeber auch die Arbeitszeit an die Witterung anpassen, indem die Arbeitszeit früher beginnt und dafür in den warmen Nachmittagsstunden früher endet. Denkbar ist auch eine Verlegung der Arbeit in die Abendstunden oder eine verlängerte Pause in Form einer „Siesta“. Wenn die oben genannten Maßnahmen nicht möglich sind, kann der Arbeitgeber verpflichtet sein, eventuell bestehende Kleidungsvorschriften zu lockern und genug kalte Getränke bereit zu stellen.

4. Inwiefern ist der Betriebsrat zu beteiligen?

Maßnahmen, die die Arbeitsräume betreffen, unterliegen der zwingenden Mitbestimmung des Betriebsrats, da hier Aspekte des Gesundheitsschutzes betroffen sind (§ 87 I Nr. 7 BetrVG). Beabsichtigt der Arbeitgeber aufgrund von hohen Temperaturen die Arbeitszeit zu verlegen, so ist die ebenfalls mitbestimmungspflichtig (§ 87 I Nr. 2, 3 BetrVG). Der Betriebsrat ist hinsichtlich Beginn und Ende der Arbeitszeit einschließlich der Pausen zu beteiligen. Da sich dieses Thema regelmäßig wiederholt, empfiehlt es sich, hierzu eine Betriebsvereinbarung abzuschließen, um nicht jedes Mal erneut mit der Diskussion beginnen zu müssen, während die Belegschaft schwitzt.

5. Und wenn Kinder wegen “hitzefrei” betreut werden müssen ?

Da manche Schulen eher großzügig sind mit “hitzefrei” im Sommer, kann auch das Schwierigkeiten im Arbeitsalltag machen: kann ich als Arbeitnehmer*in den Arbeitsplatz verlassen, um mein Kind an einem solchen Tag von der Schule abzuholen ? Wenn das Kind noch nicht alt genug ist, um nachmittags allein zu bleiben und eine andere Betreuungsmöglichkeit nicht vorhanden ist, kann das grundsätzlich eine Arbeitsverhinderung darstellen, die dazu berechtigt, den Arbeitsplatz auch früher zu verlassen. Das bedeutet jedoch nicht, dass für diese Zeit auch ein Vergütungsanspruch besteht. Ein solcher Vergütungsfortzahlungsanspruch gem. § 616 BGB besteht nur bei Verhinderung durch einen „in der Person des Arbeitnehmers“ liegenden Grund. Voraussetzung sind somit subjektive, persönliche Leistungshindernisse, wie besondere familiäre Ereignisse – z.B. Geburt eines Kindes, schwere Erkrankungen oder Todesfälle bei nahen Angehörigen und ähnliches. Wetterbedingte Leistungshindernisse stellen demgegenüber ein objektives Leistungshindernis dar, das grundsätzlich alle Arbeitnehmer*innen betrifft. Auch wenn zum Beispiel hitzebedingt eine Kinderbetreuung ausfällt, stellt dies noch kein persönliches Leistungshindernis dar, das einen Vergütungsanspruch begründen könnte.

6. Gibt es Mindest- / Höchsttemperaturen für den Arbeitsplatz?

Wie oben gesagt, hat der Arbeitgeber die Pflicht, “eine gesundheitlich zuträgliche Temperatur” in den Arbeitsräumen herzustellen. Diese Pflicht ergibt sich aus der Arbeitsstättenverordnung und ist in der ASR A3.5. (Raumtemperatur) konkretisiert. Diese sieht grundsätzlich eine Raumhöchsttemperatur von 26°C vor, beim Überschreiten einer Lufttemperatur im Raum von 26 °C sollen zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden. Erst wenn die Lufttemperatur im Raum die Marke von 30 °C überschreitet, muss der Arbeitgeber wirksame Maßnahmen ergreifen. Bezüglich der Mindesttemperaturen unterscheidet die ASR A3.5. einerseits zwischen leichten, mittleren und schweren Tätigkeiten, andererseits zwischen Tätigkeiten im Sitzen oder im Gehen und stehen. Bei Tätigkeiten im Sitzen muss die Raumtemperatur mindestens 19 °C bei leichten und mindestens 20 °C bei mittleren Tätigkeiten betragen. Die Mindesttemperatur bei Tätigkeiten im Gehen und Stehen darf bei leichten Tätigkeiten 19 °C, bei mittleren 17 °C und bei schweren 12 °C nicht unterschreiten.

7. Bei tropischen Temperaturen auch tropische Kleidung ?

Naheliegend ist natürlich auch, sich in der warmen Jahreszeit grundsätzlich etwas luftiger zu kleiden. Grundsätzlich darf jeder anziehen, was er will, es gibt jedoch gravierende Ausnahmen. So hat das Bundesarbeitsgericht klar gemacht, dass ein Arbeitgeber von seiner Arbeitnehmerin mit Kundenkontakt grundsätzlich erwarten kann, sich dem Charakter des Handelsgeschäfts und dessen Kundenstamm entsprechend branchenüblich zu kleiden. Ähnliches gilt, wenn der Arbeitgeber eine einheitliche Arbeitskleidung vorgibt und diese auch zur Verfügung stellt, etwa weil er ein einheitliches Erscheinungsbild wünscht. Auch die Einhaltung von arbeitsschutzrechtlichen Sicherheitsbestimmungen ist nicht verhandelbar. Dies gilt zum Beispiel für Sicherheitsschuhe, Kittel, Helme und ähnliches. Verstöße gegen den Dresscode oder Sicherheitsbestimmungen können zwar nicht zur Kündigung, wohl aber zu Abmahnungen führen. Allerdings muss der Arbeitgeber konkret auflisten, welcher modische Fehlgriff nicht toleriert wird. Der allgemeine Vorwurf einer "urlaubsmäßigen" Aufmachung reicht nicht aus, wie das Arbeitsgericht Frankfurt am Main feststellt (Az. 9 Ca 1687/01).

8. Wer bestimmt über die Temperatur am Arbeitsplatz?

Wo mehrere Kolleg*innen in einem Raum zusammen arbeiten, gibt es in der Regel auch unterschiedliche Bedürfnisse und Temperaturempfindungen. Was dem Einen zu kalt ist, ist der Anderen schon viel zu heiß, wo die Eine frischen Wind reinlassen will, sitzt der Andere in der Zugluft. Rechtlich regeln lassen sich solche unterschiedlichen Interessen naturgemäß kaum. Wenn die Mitarbeiter*Innen nicht untereinander eine Lösung finden, um die Temperatur und das Frischluftbedürfnis für alle verträglich zu gestalten, ist gegebenenfalls der Betriebsrat der richtige Ansprechpartner. Betroffen ist hier die Ordnung des Betriebes bzw. das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb sowie der betriebliche Arbeitsschutz. Der Betriebsrat kann hier im Idealfall zwischen den betroffenen Kolleg*Innen vermittelnd wirken. Falls eine einvernehmliche Lösung der Konflikte nicht zu erreichen ist, könnte aber auch eine Betriebsvereinbarung über den Umgang mit Temperaturen / Fensteröffnungszeiten oder ähnlichem einen solchen Konflikt befrieden. Soweit örtlich und betrieblich möglich, ist es in solchen Situationen natürlich zunächst sinnvoll, die Arbeitsplätze räumlich so zusammenzusetzen, dass die jeweiligen Bedürfnisse miteinander in Einklang zu bringen sind.

9. Unfälle bei Eis und Schnee: Wer trägt die Kosten?

Unfälle, die auf dem - direkten - Weg zwischen Arbeitsort und Wohnung passieren, sind als „Wegeunfälle“ über die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen versichert. Auch wenn es sich um witterungsbedingte Unfälle handelt, zum Beispiel der im Winter häufig vorkommende Glatteisunfall. Dabei ist es grundsätzlich egal, ob man zu Fuß, mit dem Fahrrad oder Auto unterwegs ist. Die gesetzliche Unfallversicherung übernimmt aber nur die Kosten für Gesundheitsschäden, also Behandlungskosten, Verletztengeld (bei Verdienstausfall) bzw. eine Verletztenrente, sofern die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Sachschäden werden auch bei Wegeunfällen nicht ersetzt. Auch der Arbeitgeber kann hier in der Regel nicht In Anspruch genommen werden. Nach der Rechtsprechung haftet ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer*Innen nur für solche Schäden, die in Ausübung einer gefährlichen Arbeit entstanden sind. Die Benutzung eines PKW für die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gehört demgegenüber zum allgemeinen Lebensrisiko, das letztlich jede*r selbst trägt.

10. Zur Arbeit trotz Unwetterwarnung?

Wenn es einem/r Arbeitnehmer*in zum Beispiel wegen einer akuten Unwetterwarnung tatsächlich nicht zumutbar ist, sich auf den Weg zum Arbeitsplatz zu machen, stellt das in der Regel eine begründete Arbeitsverhinderung dar. Diese berechtigt dazu, der Arbeit in dieser Situation fern zu bleiben. Das bedeutet jedoch - wie auch im obigen Fall der Kinderbetreuung - nicht, dass für diesen Tag bzw. für diese Zeit auch ein Vergütungsanspruch besteht. Ein solcher Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung gemäß § 616 BGB besteht nur bei Verhinderung durch einen „in der Person des Arbeitnehmers“ liegenden Grund. Voraussetzung sind somit subjektive, persönliche Leistungshindernisse. Ein Unwetter stellt aber –wie Hitzefrei in der Schule- ein objektives Leistungshindernis dar, das nicht in den persönlichen Verhältnissen begründet ist. Auch eine Situation, in der ein Kind wegen einer Unwetterwarnung früher von der Schule abgeholt werden muss, begründet keinen Vergütungsfortzahlungsanspruch. Wenn es sich tatsächlich um eine Notsituation handelt, in der ein Kind nicht anders betreut werden kann, hat der/die Arbeitnehmer*in das Recht, die Arbeit früher zu beenden. Die ausgefallene Arbeitszeit muss jedoch nicht vergütet werden.