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KLIMASTREIK: DÜRFEN BESCHÄFTIGTE TEILNEHMEN?

Klimastreik ist kein Streik im arbeitsrechtlichen Sinn © Markus Mainka / Adobe Stock

„Fridays for Future“ hat für den 20. September zu einem weltweiten Klimastreik aufgerufen. Allein in Deutschland soll es über 400 Aktionen geben, auch die Gewerkschaften sind beteiligt. Manche Unternehmen schließen sogar, damit ihre Beschäftigten an den Aktionen teilnehmen können. Aber was ist, wenn die Aktion in die Arbeitszeit fällt?

18. September 2019

Der DGB unterstützt die Forderung von Fridays for Future, denn auf einem toten Planeten kann es keine Arbeitsplätze geben. Dennoch müssen Beschäftigte einige Dinge beachten, wenn sie während der Arbeitszeit an den Aktionen teilnehmen wollen.

Klimastreik ist kein Streik im arbeitsrechtlichen Sinn

Der Aufruf zum „Klimastreik“ bedeutet nicht, dass die Beschäftigten in Deutschland die Arbeit niederlegen dürfen. Ein Streik im Sinne einer kollektiven Arbeitsniederlegung um politische Forderungen durchzusetzen, ist nach deutschem Recht unzulässig.

Nach der deutschen Rechtslage sind Streiks nur dann erlaubt, wenn Beschäftigte mit ihnen Forderungen durchsetzen wollen, die in einem Tarifvertrag geregelt werden können. Der Arbeitgeber als Gegner der Tarifauseinandersetzung muss in der Lage sein, die Forderungen, für die gestreikt wird, zu erfüllen.

Das ist bei höherem Lohn, niedrigere Arbeitszeit oder mehr Urlaub der Fall. Denn diese Forderungen können die Beschäftigten mit Streik durchsetzen. Die Forderung nach einem effektiveren Klimaschutz richtet sich jedoch gegen die Politik. Damit wäre sie keine zulässige Streikforderung. 

„Wer kann soll ausstempeln und mitmachen!“

Grundsätzlich besteht also die Arbeitspflicht weiter. Ver.di-Chef Frank Bsirske hat seine Mitglieder deshalb aufgerufen, am 20. September auszustempeln und sich an den "Fridays for Future"-Demonstrationen zu beteiligen. Wer eine flexible Arbeitszeit hat, kann diese so legen, dass er an den Demonstrationen teilnehmen kann, zum Beispiel in einer verlängerten Mittagspause oder indem er früher Feierabend macht.

Mancher Chef wird auch die Ziele der Demonstrationen teilen und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von sich aus frei geben. In diesem Fall sollte man sich die Erlaubnis im Zweifel schriftlich geben lassen, um spätere Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Geklärt sein sollte auch die Frage, ob die Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung erfolgt, oder nicht. Auch dies hilft, mögliche spätere Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Beschäftigten steht es natürlich immer frei, für einzelne Tage Urlaub zu beantragen. Hier sind allerdings die Belange der Kolleginnen und Kollegen sowie der betriebliche Ablauf zu berücksichtigen.

Nicht den Job riskieren, auch nicht für einen guten Zweck

Wer dagegen während der Arbeitszeit seinen Arbeitsplatz unberechtigt verlässt, riskiert eine Abmahnung, weil er seine vertraglichen Pflichten verletzt. 

Wer sogar im Vorfeld mitteilt, er werde trotz Arbeitspflicht am Klimastreik teilnehmen, riskiert sogar noch mehr: Wenn ihn der Arbeitgeber nämlich darauf hinweist, dass er zur Arbeit verpflichtet ist und er gemäß der Ankündigung fernbleibt, riskiert er sogar eine Kündigung wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung.

Ebenfalls nicht zu empfehlen ist es, sich krank zu melden: Wer sich krank meldet und damit Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall erhält, obwohl er arbeiten könnte, begeht eine Straftat zulasten des Arbeitgebers.

Betriebsrat bestimmt mit

Der Betriebsrat hat jedenfalls dann ein Mitbestimmungsrecht, wenn wegen der Demonstration die Arbeitszeit verlegt werden soll. Dies kann der Arbeitgeber nicht einseitig festlegen. Wird der Betriebsrat übergangen, hat er einen Unterlassungsanspruch.

Wird die Arbeitszeit verlegt, bedeutet das aber nicht, dass alle Beschäftigten an der Demonstration teilnehmen müssen. Diese ist nur der Anlass dafür, die Arbeit zu verlegen. Es bleibt jedem Beschäftigen selbst überlassen, wie er diese Zeit gestaltet.

Auch eine Regelung, nach der die gesamte Belegschaft an der Demonstration teilnimmt, wäre unwirksam. In diesem Fall hätten Arbeitgeber und Betriebsrat zwar ein politisch ehrenwertes Ziel im Blick, sie würden aber hiermit die Grenzen des rechtlich Zulässigen sprengen. Der Betriebsrat hat insofern kein allgemeines politisches Mandat.

Über uns:

Die DGB Rechtsschutz GmbH erbringt Rechtsberatung und Prozessvertretung für über sechs Millionen Gewerkschaftsmitglieder. Sie betreibt bundesweit 114 Büros, in denen etwa 730 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt sind. Wir vertreten die Mitglieder der Gewerkschaften im Arbeits- Sozial- und Verwaltungsrecht auch an den obersten Bundesgerichten sowie am EuGH und EGMR. Im Jahr 2017 hat die DGB Rechtsschutz GmbH für die Mitglieder der DGB-Gewerkschaften 251 Mio. Euro erstritten.

DR. TILL BENDER

DGB Rechtsschutz GmbH
stellv. Pressesprecher, Rechtsschutzsekretär und Onlineredakteur
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Autor*in:
Dr. Till Bender,
Abteilungsreferent, Pressesprecher, Redakteur „Arbeit und Recht",
Hauptverwaltung