Kosten für Betriebsratsschulungen trägt grundsätzlich der Arbeitgeber!
Kosten für Betriebsratsschulungen trägt grundsätzlich der Arbeitgeber!

Hat die Belegschaft erstmals einen Betriebsrat gewählt oder sind „Neulinge"

in das Gremium eingezogen, herrscht oft Unsicherheit, wie die zukünftigen
Aufgaben zu bewältigen sind. Hilfestellung können dabei einschlägige Schulungsveranstaltungen geben. Im diesem Zusammenhang taucht regelmäßig die Frage auf, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, die Kosten der beabsichtigten Schulungsmaßnahme zu tragen.

Die Frage, wer die Kosten für Schulungen zu tragen hat, beantwortet das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Dabei ist zu unterscheiden zwischen

 

  • den Kosten, die für die Schulung anfallen, und
  • der Vergütung, die zu bezahlen ist, obwohl die Betriebsrätin während der Schulung nicht im Betrieb arbeitet

Normen, aus denen sich eine Zahlungspflicht des Arbeitgebers ergibt

Die Zahlungspflicht des Arbeitgebers hinsichtlich der Kosten der Veranstaltung ergibt sich aus § 40 Abs. 1 BetrVG. Unter diese Kosten fallen die Seminargebühren sowie Reise-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten.

Die Vergütung für an der Schulung teilnehmenden Betriebsräte ist in erster Linie in § 37 Abs. 6 BetrVG geregelt. (§ 37 Abs. 7 BetrVG, der zusätzlich einen bezahlten Freistellungsanspruch regelt, ist nicht Gegenstand dieses Artikels.)

Bei beiden Anspruchsgrundlagen ist das entscheidende gesetzliche Kriterium, ob die Schulung für die Betriebsratsarbeit erforderlich ist. Wann allerdings im Einzelfall Erforderlichkeit vorliegt, regelt das Gesetz nicht. Deshalb ist auf die Rechtsprechung zu diesem Thema zurückzugreifen.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.01.2015

In seinem Beschluss vom 14.01.2015, bei dem es um die Erforderlichkeit eines Mobbingseminars ging, hat das Bundesarbeitsgericht ausführlich zu der Frage Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen eine Schulungsmaßnahme für Betriebsräte erforderlich ist. So stellt es fest, dass Erforderlichkeit vorliegt, wenn die Schulung

,, ... unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse in Betrieb und Betriebsrat notwendig sind, damit der Betriebsrat seine gegenwärtigen oder in naher Zukunft anstehenden Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen kann."

Beurteilungsspielraum des Gremiums Betriebsrat

Nach dem Bundesarbeitsgericht hat das Gremium Betriebsrat einen Beurteilungsspielraum. Das bedeutet, dass es zunächst einmal diejenige Schulung auswählen kann, die es für erforderlich hält. Wenn der Arbeitgeber jedoch anderer Auffassung ist, ist der Betriebsrat verpflichtet darzulegen,

,, ... weshalb das zu der Schulung entsandte Betriebsratsmitglied die dort vermittelten Kenntnisse benötigt, damit das Gremium des Betriebsrats seine gesetzlichen Aufgaben sach- und fachgerecht wahrnehmen kann."

Erforderlichkeit bei erstmals gewählten Betriebsratsmitgliedern

Für diesen Personenkreis,, ... braucht die Schulungsbedürftigkeit nicht näher dargelegt zu werden, wenn Grundkenntnisse im Betriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht oder im Bereich der Arbeitssicherheit und Unfallverhütung vermittelt werden."

Erforderlichkeit bei „gestandenen" Betriebsratsmitgliedern

Hier unterstellt die Rechtsprechung, dass solche Grundkenntnisse bereits vorhanden sind. Einen Betriebsrat, der bereits jahrelang im Amt ist, auf eine reine Grundlagenschulung zu schicken, dürfte kaum erforderlich sein.


Andererseits ist das Betriebsratsgremium nicht verpflichtet, ,, ... die anstehenden Aufgaben auf wenige kenntnisreiche Mitglieder zu konzentrieren, noch muss er sich bei der Aufgabenerfüllung auf die Information eines einzelnen Betriebsratsmitglieds verlassen."
Der Arbeitgeber kann also die Schulung eines bisher nicht geschulten Mitglieds des Betriebsrates nicht mit dem Argument verweigern, es reiche aus, wenn ein Mitglied, das dem Betriebsrat schon länger angehört, diese Kenntnisse schon habe.

Weiterführende Themen

Handelt es sich nicht um Grundlagenschulung, sondern um weiterführende Themen, ist erforderlich, dass sich diese Themen auf Gegenstände beziehen, die zu den Aufgaben des Betriebsratsgremiums gehören. So sind Kenntnisse spezieller Materien wie etwa zu Fragen des Akkord- und Prämienlohns, des Arbeitsschutzes, der Personalplanung sowie der Betriebsorganisation Gegenstände von Schulungen, die erforderlich sind. Aber auch Schulungen zum effektiven Betriebsratsmanagement, zum PC-Einsatz oder Schulungen zur Verhandlungsführung sind für eine ordnungsgemäße Erledigung der Betriebsratsarbeit erforderlich.


Allerdings muss „ein ... betriebsbezogener Anlass für die Annahme bestehen, dass die in der Schulungsveranstaltung zu erwerbenden besonderen Kenntnisse derzeit oder in naher Zukunft von dem zu schulenden Betriebsratsmitglied benötigt werden, damit der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte sach- und fachgerecht ausüben kann."
Nicht erforderlich ist dagegen nach einer neueren Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, dass der betriebsbezogene Anlass im Moment des Betriebsratsbeschlusses aktuell bevorsteht.

Wirtschaftlichkeitsaspekte

Ein Gesichtspunkt, der nach Auffassung der Rechtsprechung bei der Prüfung der Erforderlichkeit zu berücksichtigen ist, besteht in der wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers durch die Schulung. So ist eine Schulung dann nicht erforderlich,

"... wenn sich der Betriebsrat vergleichbare Kenntnisse zumutbar und kostengünstiger auf andere Weise verschaffen kann."

 

Andererseits muss aber das Betriebsratsgremium ,, ... nicht die kostengünstigste Schulungsveranstaltung auswählen, wenn er eine andere Schulung für qualitativ besser hält."
Weitere Aspekte, die für die wirtschaftliche Belastung des Arbeitgebers Bedeutung haben, sind

 

  • Dauer der Veranstaltung
  • Örtliche Lage der Schulungsräumlichkeiten
  • Anzahl der zu entsendenden Betriebsratsmitglieder.


Dabei sind an die Erforderlichkeit der Schulung umso höhere Anforderungen zu stellen, je gravierender die wirtschaftliche Belastung des Arbeitgebers ist.

Hier geht es zum Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 14.01.2015, 7 ABR 95/12
Hier geht es zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28.09.2016, 7 AZR 699/14

 

Dies ist Teil 1 von 2 zum Thema Schulungen von Betriebsräten

Direkt zu Teil 2 mit dem Titel "Betriebsräteschulung: teilweise erforderlich - trotzdem vergütet?" gehts hier

Das sagen wir dazu:

Eine eventuelle wirtschaftliche Belastung eines Arbeitgebers darf auf gar keinen Fall dazu führen, dass das Betriebsratsgremium wegen fehlender Sachkenntnis nicht in der Lage ist, seinen gesetzlichen Aufgaben ordnungsgemäß nachzukommen. Der Funktionsfähigkeit der gewählten Vertretung der Arbeitnehmer*innen ist bei der Abwägung der Interessen von Arbeitgeber und Betriebsratsgremium auf jeden Fall Vorrang einzuräumen.

Rechtliche Grundlagen

§§ 37 und 40 Betriebsverfassungsgesetz

Betriebsverfassungsgesetz

§ 37 Ehrenamtliche Tätigkeit, Arbeitsversäumnis

(1) Die Mitglieder des Betriebsrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt.

(2) Mitglieder des Betriebsrats sind von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

(3) Zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, hat das Betriebsratsmitglied Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Betriebsbedingte Gründe liegen auch vor, wenn die Betriebsratstätigkeit wegen der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder nicht innerhalb der persönlichen Arbeitszeit erfolgen kann. Die Arbeitsbefreiung ist vor Ablauf eines Monats zu gewähren; ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten.

(4) Das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats darf einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Dies gilt auch für allgemeine Zuwendungen des Arbeitgebers.

(5) Soweit nicht zwingende betriebliche Notwendigkeiten entgegenstehen, dürfen Mitglieder des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nur mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die den Tätigkeiten der in Absatz 4 genannten Arbeitnehmer gleichwertig sind.

(6) Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Betriebsbedingte Gründe im Sinne des Absatzes 3 liegen auch vor, wenn wegen Besonderheiten der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung die Schulung des Betriebsratsmitglieds außerhalb seiner Arbeitszeit erfolgt; in diesem Fall ist der Umfang des Ausgleichsanspruchs unter Einbeziehung der Arbeitsbefreiung nach Absatz 2 pro Schulungstag begrenzt auf die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Der Betriebsrat hat bei der Festlegung der zeitlichen Lage der Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen die betrieblichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen. Er hat dem Arbeitgeber die Teilnahme und die zeitliche Lage der Schulungs- und Bildungsveranstaltungen rechtzeitig bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber die betrieblichen Notwendigkeiten für nicht ausreichend berücksichtigt, so kann er die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(7) Unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 6 hat jedes Mitglied des Betriebsrats während seiner regelmäßigen Amtszeit Anspruch auf bezahlte Freistellung für insgesamt drei Wochen zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die von der zuständigen obersten Arbeitsbehörde des Landes nach Beratung mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände als geeignet anerkannt sind. Der Anspruch nach Satz 1 erhöht sich für Arbeitnehmer, die erstmals das Amt eines Betriebsratsmitglieds übernehmen und auch nicht zuvor Jugend- und Auszubildendenvertreter waren, auf vier Wochen. Absatz 6 Satz 2 bis 6 findet Anwendung.

Betriebsverfassungsgesetz

§ 40 Kosten und Sachaufwand des Betriebsrats

(1) Die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten trägt der Arbeitgeber.

(2) Für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung hat der Arbeitgeber in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Büropersonal zur Verfügung zu stellen.