Die Pandemie hat Schwächen unseres Wirtschaftssystems deutlich zu Tage treten lassen. Ein System, das auf ständiges Wachstum angewiesen ist, kommt irgendwann an seine Grenzen. Die Ressourcen unseres Planeten sind endlich. Auch Märkte verfügen nur über einen begrenzten Kreis an potentiellen Kunden. Onlinehandel und das veränderte Kaufverhalten haben den klassischen Kaufhauskonzernen bereits zu schaffen gemacht, bevor sich ein neuartiges Virus sich daranmachte, unsere DNA zu manipulieren.

Die Pandemie hat den Niedergang beschleunigt, aber nicht verursacht

Von einstmals vier mächtigen Kaufhauskonzernen war gerade einmal einer übrig geblieben. Und der musste im April 2020 Insolvenz beantragen. Gleichzeitig hatte das Unternehmen die Eigenverwaltung beantragt und zugleich beantragt, ihm eine Frist von bis zu drei Monaten einzuräumen, innerhalb der es dem Gericht einen Insolvenzplan vorlegt, in dem es darlegt, wie das Unternehmen saniert werden kann. Diese Vorgehensweise ist als k:Schutzschirmverfahren:k bekannt.

Ausführlich dazu unser Artikel Was passiert, wenn mein Arbeitgeber wegen Corona Insolvenz beantragen muss?
und in unseren Corona-FAQ
Das Amtsgericht Essen hat am ersten Juli das Insolvenzverfahren eröffnet und Eigenverwaltung angeordnet. Deshalb wurde auch kein Insolvenzverwalter, sondern ein Sachwalter bestellt. Das ist Rechtsanwalt Dr. Frank Kebekus aus Düsseldorf.

Auch für ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung gilt grundsätzlich die Insolvenzordnung

Anders als ein Insolvenzverwalter tritt der Sachwalter nicht an die Stelle des Unternehmens. Das Unternehmen kann selbst weiter über das Vermögen im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften verfügen.

Es gibt zwar einige Besonderheiten, im Wesentlichen gelten aber auch in der Eigenverwaltung die Vorschriften der Insolvenzordnung. Es geht also in erster Linie - neben der Sanierung des Unternehmens- um die Interessen der Gläubiger. Und dazu gehören auch die Beschäftigten des Unternehmens.

Alle Ansprüche, die vor der Eröffnung entstanden sind, sind jetzt Insolvenzforderungen, die nicht direkt beglichen werden, sondern beim Sachwalter zu einer Tabelle angemeldet werden müssen. Wenn nach Abschluss des Insolvenzverfahrens noch Vermögen übrig ist, wird es nach einer Quote auf die Insolvenzgläubiger verteilt. Viel bleibt in der Regel zumeist nicht mehr übrig.

Entstehen nach der Eröffnung Forderungen, heißen sie Masseforderungen. Die Masseschulden muss das Unternehmen bei Eigenverwaltung weiter in voller Höhe zahlen. Das betrifft auch Arbeitsentgelt, das gezahlt werden muss für die Zeit nach der Insolvenzeröffnung.

Ein Insolvenzverfahren ist kein Kündigungsgrund!

Was für die Beschäftigten ganz wichtig ist: Die Insolvenz selbst ist kein Kündigungsgrund. Wer eine Kündigung bekommt, sollte binnen drei Wochen, nachdem er die Kündigung erhalten hat, Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben. Gewerkschaftsmitglieder haben Anspruch auf kostenlosen Rechtsschutz und sollten sich unverzüglich mit ihrer Gewerkschaft in Verbindung setzen, wenn sie eine Kündigung erhalten haben. Es gelten dabei dieselben Regeln wie bei Kündigungen von Arbeitgebern, die nicht insolvent sind. Karstadt-Kaufhof muss im Kündigungsschutzverfahren die Kündigung begründen und die Kündigungsgründe im Zweifel beweisen. Allein die Tatsache, dass es ein Insolvenzverfahren gibt, reicht als Kündigungsgrund jedenfalls nicht aus.
Hier geht es zum Eröffnungsbeschluss des Amtsgerichts Essen: PDF