Wer ist jedoch nach dem Prinzip der Bestenauslese vorzuziehen, wenn dienstliche Beurteilungen gleich sind?

Wann kann es zur Heranziehung von sogenannten Hilfskriterien kommen und welche Kriterien sind im Vorfeld durch den Dienstherrn vertiefend zu prüfen?

Mit dieser Frage hat sich das Verwaltungsgericht Neustadt a.d.W. im Eilverfahren eines Polizeibeamten in einem zwischenzeitlich rechtskräftigen Beschluss vom 30.9.2014 bezogen auf eine Beförderungsangelegenheit in Rheinland-Pfalz befasst (AZ: 1 L 789/14.NW).

Dem Rechtsstreit lag ein Beförderungsgeschehen für die Ernennung zum Kriminaloberkommissar/in A10 (Fachhochschulausbildung) zugrunde.Zwei Konkurrenten waren exakt gleich dienstlich beurteilt, wobei nur einer der Beiden befördert werden konnte.Von Seiten des Dienstherrn wurde in dieser Situation eine Entscheidung nach den von der Rechtsprechung anerkannten Hilfskriterien in der Reihenfolge letzte dienstliche Beurteilung, Funktion, Dienst- und Lebenserfahrung, getroffen.Der männliche Bewerber war später als die weibliche Bewerberin eingestellt worden und legte auch später seine Laufbahnprüfung ab.Das Land vertrat unter Berücksichtigung dessen die Auffassung, unter Zugrundelegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung müsse die weibliche Bewerberin befördert werden, denn sie wies die größere Dienst- und Lebenserfahrung auf.

Der Polizeibeamte war hiermit nicht einverstanden und wurde in dem von ihm eingeleiteten Eilverfahren durch das Verwaltungsgericht Neustadt a.d.W. dahingehend bestätigt, dass festgestellt wurde, die Auswahlentscheidung des Landes sei materiell-rechtlich zu beanstanden.

Zwar war zutreffend herausgearbeitet worden, dass die aktuellen dienstlichen Beurteilungen in sämtlichen Leistungs- und Befähigungsbereichen identisch gewesen sind und damit ein Ausschöpfen des Aussagegehaltes der dienstlichen Beurteilung weiter nicht mehr möglich sei.

Auch der Rückgriff auf ältere dienstliche Beurteilungen war im konkreten Fall nicht möglich, da der männliche Bewerber vor dem maßgeblichen Beförderungsgeschehen noch nicht dienstlich beurteilt worden war.

Allerdings hielt das Gericht den Rückgriff auf die sogenannten Hilfskriterien, die vom Land im Verfahren angeführt worden waren, in dieser Situation noch nicht für zulässig. Das Verwaltungsgericht gab insofern vor, dass vor diesem Rückgriff auf die Hilfskriterien zunächst noch weitere, stärker leistungsbezogene Kriterien überprüft werden müssten.

Diese seien wegen der vorrangigen Bedeutung des Leistungsprinzips vor der Heranziehung nur noch mittelbar leistungsbezogener Hilfskriterien bei der Auswahlentscheidung zu berücksichtigen und verweist insofern auf die Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 3.2.1997 (2 B 10104/97.OVG), welches sich allgemein mit dem Vorrang des Leistungsprinzips befasste.

Ausdrücklich wird darauf verwiesen, dass zu den leistungsbezogenen Kriterien grundsätzlich auch die Ergebnisse der Laufbahnprüfung der Konkurrenten zählen. G
erade bei völlig identischen dienstlichen Beurteilungen ließen sich hieraus grundsätzliche Erkenntnisse, beispielsweise über die Leistungsentwicklung gewinnen. Dies soll allenfalls dann ausgeschlossen sein, wenn die letzte Laufbahnprüfung mehr als 10 Jahre zurückliege, wobei im streitigen Verfahren diese zeitliche Grenze noch nicht erreicht war.

Der Rückgriff auf die Hilfskriterien „Dienst- und Lebenserfahrung“ wird von Seiten des Gerichts zwar grundsätzlich als zulässig anerkannt, soll als Leistungskriterium jedoch nicht herangezogen werden können, wenn zwischen den Zeitpunkten der Laufbahnprüfungen beider Konkurrenten lediglich ein geringer Zeitraum liegt.

Diese Entscheidung ist durchaus auch über die Landesgrenzen von Rheinland-Pfalz hinweg von Interesse, denn allzu schnell greifen Dienstherrn bei Beförderungsentscheidungen im Falle des Gleichstandes von zwei Konkurrenten auf Hilfskriterien zurück.
Die Rechtsprechung lässt dies jedoch nur dann zu, wenn sämtliche Gesichtspunkte einer Auswahlentscheidung, basierend auf leistungs- und eignungsorientierten Kriterien vollständig ausgeschöpft sind.

Es lohnt sich, im Einzelfall dieser Frage nachzugehen, wie die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Neustadt a.d.W. vom 30.9.2014 zeigt, denn erfreulicherweise konnte der von der DGB Rechtsschutz GmbH vertretene Polizeibeamte mit diesem Beschluss des Verwaltungsgerichts seine Beförderung durchsetzen.

Susanne Theobald, Rechtsschutzsekretärin und Onlineredakteurin, Saarbrücken

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Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt a.d.W. vom 30.9.2014, AZ: 1 L 789/14.NW