Der Betriebsrat kann frühzeitig darauf hinwirken, dass im Betrieb geeignete Maßnahmen gegen Hitze ergriffen werden. Copyright by matchka/pixelio.de
Der Betriebsrat kann frühzeitig darauf hinwirken, dass im Betrieb geeignete Maßnahmen gegen Hitze ergriffen werden. Copyright by matchka/pixelio.de

Die sogenannte Arbeitsstättenverordnung (§ 3a) sieht generell vor, dass die Betriebsräume so einzurichten sind, dass Sicherheit und Gesundheitsschutz beachtet werden. Konkretisiert wird diese Vorschrift näher durch technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR). Diese werden von einem Ausschuss für Arbeitsstätten erarbeitet und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales veröffentlicht und in Kraft gesetzt.



Raumtemperaturen müssen erträglich sein

Zu diesen technischen Regeln gehört auch eine zur Raumtemperatur (ASR A 3.5). Danach soll die Raumtemperatur 26 Grad nicht überschreiten. Es werden bei übermäßiger Sonneneinstrahlung Beispiele angeführt, was getan werden kann, um eine übermäßige Erwärmung zu vermeiden, zum Beispiel Außenjalousien. 

Steigt die Temperatur auf über 30 Grad werden beispielhaft weitere Maßnahmen empfohlen etwa, dass elektrische Geräte nur noch bei Bedarf betrieben werden, morgens gelüftet werden soll, Bekleidungsvorschriften gelockert oder geeignete Getränke bereit gestellt werden sollen.


Wird es noch heißer, also über 35 Grad, kann ein Raum schließlich auch gar nicht mehr als Arbeitsraum geeignet sein. Die Gewerbeaufsichtsämter der Länder sind für die Kontrolle zuständig, sie können verbindliche Anordnungen im Einzelfall erlassen und schließlich in besonders schwerwiegenden Fällen Anlagen und Maschinen auch stilllegen.


Die Arbeitsstättenverordnung und auch die ASR selbst enthalten jedoch nur Empfehlungen; sie verpflichten den Arbeitgeber nicht zu bestimmten Vorkehrungen.


Betriebsrat kann Regelungen initiieren

Deshalb ist es wichtig, dass im Betrieb konkrete Maßnahmen vereinbart werden. Dies kann auf Initiative des Betriebsrats durch Regelungen in einer Betriebsvereinbarung geschehen. Dem Betriebsrat steht insoweit ein Mitbestimmungsrecht zu, da er bei Regelungen über den Gesundheitsschutz mitzubestimmen hat (§ 87 Abs.1 Nr.7 Betriebsverfassungsgesetz).


Deshalb kann er verlangen, dass der Arbeitgeber mit ihm über eine Regelung zur Gestaltung der Raumtemperatur verhandelt. Da die Arbeitsstättenverordnung und auch die technische Regel für Arbeitsstätten (ASR A 3.5.) gerade keine konkreten Vorgaben sondern nur Vorschläge enthalten, welche Maßnahmen beim Überschreiten bestimmter Raumtemperaturen zu treffen sind, bestehen betriebliche Gestaltungsspielräume.


Der Arbeitgeber kann deshalb entscheiden, welche konkreten Maßnahmen zu treffen sind, muss aber den Betriebsrat bei seiner Entscheidung beteiligen. Der Betriebsrat hat außerdem das Recht, auch selbst die Initiative zum Erlass betrieblicher Gesundheitsschutzregelungen zu ergreifen. Dazu liegt auch schon obergerichtliche Rechtsprechung vor, auf die sich Betriebsräte berufen können.


Landesarbeitsgericht Kiel: Einigungsstelle muss eingesetzt werden

So hatte sich etwa das Landesarbeitsgericht Kiel mit der Forderung des Betriebsrates zu befassen, dass der Arbeitgeber mit ihm über Regelungen zur Wärmeentlastung verhandelt. Anlass dafür war, dass im Juni 2013 festgestellt worden war, dass an mehreren Tagen in den Arbeitsräumen des Betriebes Temperaturen von über 30 Grad gemessen wurden. 


Der Arbeitgeber hatte eine Regelung mit dem Betriebsrat mit der Begründung abgelehnt, dass er mit den von ihm ergriffenen Maßnahmen die Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung und der ASR A 3.5. einhalte. Das LAG gab dem Betriebsrat Recht und entschied, dass eine Einigungsstelle einzurichten ist, in der Betriebsrat und Arbeitgeber darüber verhandeln, welche Maßnahmen bei welcher Hitzebelastung in den Arbeitsräumen ergriffen werden müssen. 


Die Arbeitsstättenverordnung in Verbindung mit der ASR A 3.5. verpflichtet den Arbeitgeber nur dazu, beim Überschreiten der Raumtemperaturen in Arbeitsräumen von 26, 30 und 35 Grad einzuschreiten. Sie legt ihm aber nicht bestimmte Handlungspflichten auf. Deshalb bleibt Raum für Betriebsrat und Arbeitgeber, die konkreten Maßnahmen zu regeln.


Technische oder organisatorische Maßnahmen

Schon die ASR A 3.5. enthält eine Reihe von konkreten geeigneten Maßnahmen. Dazu gehören etwa die Anbringung eines wirksamen Blendschutzes, also Außen- und Innenjalousien oder anderer Sonnenschutzsysteme.


Bestehen im Betrieb Bekleidungsregeln, ist auch deren Lockerung oder Aufhebung eine geeignete Maßnahme. Wenn Räume nachts auskühlen können, sind sie tagsüber nicht so heiß. Das Lüften kann man auf die frühen Morgenstunden verlegen


Getränke oder Ventilatoren bereitzustellen, kann ebenfalls eine sinnvolle Maßnahme sein. Es können auch besondere betriebliche Regelungen zur Arbeitszeit getroffen werden, wie etwa die Nutzung von Gleitzeitregelungen zur Verlagerung von Arbeitszeiten, oder die Erlaubnis, zusätzliche Pausen einzulegen. 


Fazit

Es ist erstaunlich zu beobachten, wie die Deutsche Bahn jedes Jahr erneut von hohen Temperaturen im Sommer überrascht wird statt sich vorausschauend auf das wiederkehrende Ereignis einzustellen.


Es erstaunt nicht minder, wenn Arbeitnehmer*innen in den Betrieben jedes Jahr unter Hitzebelastungen in den Arbeitsräumen leiden müssen. Auch hier könnten vorbeugende Abhilfemaßnahmen im Interesse der Gesundheit der Beschäftigten ergriffen werden. Arbeitgeber und Betriebsräte sind jedenfalls rechtlich nicht gehindert, hierzu mit geeigneten Regelungen beizutragen.


Im Praxistipp § 618 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Pflicht zu Schutzmaßnahmen

Rechtliche Grundlagen

§ 618 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Pflicht zu Schutzmaßnahmen

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 618 Pflicht zu Schutzmaßnahmen

(1) Der Dienstberechtigte hat Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet.
(2) Ist der Verpflichtete in die häusliche Gemeinschaft aufgenommen, so hat der Dienstberechtigte in Ansehung des Wohn- und Schlafraums, der Verpflegung sowie der Arbeits- und Erholungszeit diejenigen Einrichtungen und Anordnungen zu treffen, welche mit Rücksicht auf die Gesundheit, die Sittlichkeit und die Religion des Verpflichteten erforderlich sind.
(3) Erfüllt der Dienstberechtigte die ihm in Ansehung des Lebens und der Gesundheit des Verpflichteten obliegenden Verpflichtungen nicht, so finden auf seine Verpflichtung zum Schadensersatz die für unerlaubte Handlungen geltenden Vorschriften der §§ 842 bis 846 entsprechende Anwendung.