Copyright: @adobe Stock – bilderstoeckchen
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Veranstaltet der Arbeitgeber zu Weihnachten eine Feier für seine Mitarbeiter*innen, freut das die meisten, manche nicht. Neumann war nicht unbedingt traurig, als eine betriebliche Weihnachtsfeier zwei Jahre kein Thema mehr war. Jetzt soll es wieder eine Präsenzveranstaltung geben. Muss er da hin?

 

Was sagt die DGVU dazu?

 

DGVU ist die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung. Von dort wird auf die aktuellen SARS-COV-2 Arbeitsschutzverordnung hingewiesen, die den Betrieben einen Handlungsspielraum lässt. Im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung muss ein Hygienekonzept erstellt werden, je nach der Örtlichkeit muss der Arbeitgeber Masken zur Verfügung stellen, so die DGVU. Zu beachten ist auch, dass Kommunen und Länder je nachdem und bei größeren Veranstaltungen vielleicht noch strengere Auflagen haben.

Neumann hat sowieso keine Lust und er befürchtet, dass eine Feier ein Brutherd für Bazillen und Viren aller Art sein könnte.

 

Feier außerhalb der Arbeitszeit: Einladung ist ein Angebot keine Pflicht

 

Neumanns Chef stellt sich mit großer Geste hin und lädt alle für Samstagabend, den 17. Dezember, zur Weihnachtsfeier ein. Er kündigt auch noch eine große Überraschung an.

 

Muss Neumann an der Feier teilnehmen? Eine gesetzliche Regelung gibt es nicht. Der Chef kann also die Anwesenheit nicht vorschreiben, wenn die Feier außerhalb der Arbeitszeit liegt. Findet die Feier während der Arbeitszeit statt, sind natürlich nur diejenigen von der Arbeit freigestellt, die auch mitfeiern. Neumann will unter dem Radar bleiben und da bietet es sich an, die kurzfristige Einladung wegen anderer Verpflichtungen auszuschlagen.

Keine Überstundenvergütung für Feier

 

Verzichtet er damit auf Überstundenvergütung? Nein, denn das ist die Kehrseite der Freiwilligkeit. Ohne besondere Vereinbarung ist die Feier freiwillig und Vergütung für die aufgewendete Zeit gibt es nicht.

Diesmal hat der Chef sich nicht lumpen lassen und die Feier startet mit einem noblen Essen. Da wird einiges an Kosten zusammenkommen. Neumann erwägt kurz zu fragen, ob er sich - da er ja nicht teilnehmen kann - das Geld dafür auszahlen lassen kann.
 

Kann man sich die Kosten der Feier auszahlen lassen?

 

Aber das ist nicht möglich. Denn auch hier gilt: Die Weihnachtsfeier ist ein freiwilliges Angebot des Arbeitgebers. Das Geld für das ersparte Luxusmenü kann sich Neumann nicht auszahlen lassen.

 

Am ersten Arbeitstag nach der Weihnachtsfeier erfährt Neumann so einiges. Die angekündigte Überraschung war ein Geschenk an alle anwesenden Mitarbeiter*innen in Form eines iPad mini. Das hat einen Wert von um die 400 €. Wenn Neumann das gewusst hätte, wäre er doch zur Feier gekommen.

 

Kein Anspruch auf verteiltes Geschenk

 

Neumann hätte das iPad natürlich auch gerne. Kann er es verlangen? Das Arbeitsgericht Köln hat einen solchen Anspruch verneint (Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 09.10.2013 - 3 Ca 1819/13).

Eine Weihnachtsfeier, für die keine Teilnahmeverpflichtung bestehe, stehe außerhalb des regulären Austauschverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Das Gericht führte aus: „Es kommen diejenigen, die kommen können und/oder kommen wollen. Daraus folgt - ähnlich einer Einladung - der Charakter der Veranstaltung: Nur der, der kommt, kommt auch in den Genuss dessen, was es dort gibt.“

Es liege auch keine unangemessene Benachteiligung vor. Der Zweck, die Weihnachtsfeier attraktiver zu gestalten, so dass in Zukunft mehr Mitarbeiter*innen daran teilnehmen, sei legitim. Es sei deshalb völlig unerheblich, aus welchen Gründen ein Mitarbeiter kommt oder nicht.


Dann erfährt Neumann noch, dass ein Kollege, der von allen heimlich nur „Schleimer“ genannt wird, nach ein paar Tassen Glühpunsch kämpferische Reden gehalten habe. Er sei dafür sogar auf den Tisch geklettert.

Grobe Beleidigungen gehen auch auf Weihnachtsfeier nicht

 

Der Kollege habe sich so in Rage geredet, dass er seinen Vorgesetzten mehrfach mit üblen Schimpfwörtern betitelte und ihm den ausgestreckten Mittelfinger entgegenhielt.
Ob Neumanns Arbeitgeber den "Ex-Schleimer" fristlos kündigt, ist noch offen. Aber vor Gericht hätte der Arbeitgeber gute Karten. Auch wenn die Feier nicht zur eigentlichen Arbeit zählt, gelten die gegenseitigen Nebenpflichten des Arbeitsverhältnisses weiter.


So hat das Landesarbeitsgericht Hamm im Jahre 2004 eine fristlose Kündigung eines über 20 Jahre Beschäftigten bestätigt. Grobe Beleidigungen müsse niemand hinnehmen. Erhebliche Ehrverletzungen seien auch nicht durch das Recht der freien Meinungsäußerung gedeckt.
Das hat das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern 2021 in einem anderen Fall noch einmal bekräftigt (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 27.4.2021 - 2 Sa 153/20).

Diese Feier hatte in einem Hotel stattgefunden. Nach dem Essen war man zur Bar übergesiedelt. Das Gericht musste im Verfahren Zeugen vernehmen, ob der dortige Kläger den Geschäftsführer in Anwesenheit sämtlicher Mitarbeiter und des Hotelpersonals unter anderem als „Arschloch“ und „Pisser“ bezeichnet hatte, und ob ein tätlicher Angriff durch den Kläger auf den Geschäftsführer nur durch das beherzte Eingreifen von Mitarbeitern verhindert worden ist. Auch in diesem Verfahren beendete die fristlose Kündigung das Arbeitsverhältnis.

 

Küssen verboten?

 

Von Schmitt, den alle wegen seiner Informiertheit und seinem Bedürfnis, die Infos zu verteilen, nur „das Algemeen dagblad“ nennen, hat Neumann gehört, dass im hinteren Zimmer der Örtlichkeit zwei Verheiratete beim Austausch von Zärtlichkeiten beobachtet worden seien. Aus zweierlei Gründen hat das schnell die Runde gemacht: Zum einen soll es heiß hergegangen sein, zum anderen weil die beiden nicht miteinander verheiratet waren.

Sexuelle Belästigung oder Nötigung ist selbstverständlich auch auf einer Weihnachtsfeier strafbar und kann eine Kündigung rechtfertigen. Solange aber beide Beteiligten mit der Handlung einverstanden waren, müssen sie keine Konsequenzen fürchten.
Die familienrechtliche Aspekte gehen den Arbeitgeber nichts an. Zwar darf der Betriebsfrieden durch die Aktivitäten nicht gestört werden, doch da das hier im Hinterzimmer stattfand, besteht dafür kein Anhaltspunkt.

Neumann weiß, dass auch Facebook-Lilly auf der Weihnachtsfeier war und normalerweise entgeht ihrem Handy nichts. Sie postet total viel. Ob sich da auf ihrer Facebook-Seite ein paar pikante Fotos von den Ereignissen finden? Neumann loggt sich ein und wird enttäuscht.

Vorsicht mit Postings

 

Facebook-Lilly hat vom Betriebsrat gehört, dass öffentliches Verbreiten privater Bilder ohne Einverständnis der Betroffenen rechtliche Konsequenzen hat. Der Betriebsrat hatte erst kürzlich eine Datenschutzschulung. Durch sein vorgreifliches Informieren konnte er verhindern, dass Lilly sich ordentlich Ärger einhandelt.

Eigentlich ist es einfach: Ich darf keine Fotos von Kollegen*innen ohne deren Einverständnis veröffentlichen, weder auf Facebook noch auf andere Weise. Verstöße kann der Arbeitgeber ahnden, aber auch die Betroffenen können Schadensersatz verlangen. Das natürlich umso mehr, wenn es sich um kompromittierende Fotos handelt.
 
Schmitt humpelt noch leicht, als er seine Infos verbreitet. Die Tanzeinlage war doch ein wenig gewagt. Zum Glück hat er sich bei dem Sturz nur leicht den Knöchel verstaucht. Ist das trotzdem ein Arbeitsunfall?

Unfälle bei der Weihnachtsfeier

 

Bei der hiesigen Weihnachtsfeier handelt es sich um eine echte Betriebsfeier, die allen Mitarbeitern offenstand. Mindestens 20 Prozent der Belegschaft sowie der Arbeitgeber haben daran teilgenommen. Dann unterliegt die Veranstaltung dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Das gilt auch für Vorbereitungen zur Feier sowie auf dem Hin- und Rückweg und der Veranstaltung selbst.

Ebenfalls unter den Schutz der Unfallversicherung fallen Veranstaltungen, die einzelne Abteilungen für sich organisieren, solange die Feier von der Autorität des Arbeitgebers getragen wird. Das Bundessozialgericht hatte 2016 seine langjährige Rechtsprechung zur Betriebsfeier aufgegeben (BAG, Urteil vom 05.07.2016 - B 2 U 19/14 R).

Der Versicherungsschutz endet aber, wenn ein paar Leute kein Ende finden und noch woanders weiterfeiern.


Neumann hat nun den Eindruck, einiges verpasst zu haben. Das nächste Jahr wird er teilnehmen. Oder kann ihn der Arbeitgeber ausschließen, weil er dieses Jahr nicht mitfeiern wollte?
Das wäre ungeschickt, der Chef hat ja durch das teure Präsent gezeigt, dass er die Feier attraktiver machen will und zum anderen könnte es gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz verstoßen, wenn er einzelne ausschließt. So hat das Arbeitsgericht Köln entschieden, dass auch freigestellte Arbeitnehmer mitfeiern dürfen (Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 22.06.2017 – 8 Ca 5233/16).

 

Aufräumen durch Abräumen?

 

Die Feier fand im Hotel statt. Es war massig Essen und Sekt über, dass sich vielleicht noch bis zur eigenen privaten Weihnachtsfeier hält. Auch, wenn das Personal sich vielleicht freut, wenn die Gäste aufräumen, die Mitnahme der Getränke, Essensreste oder Dekoration ist keine gute Idee.

Ohne ausdrückliches Einverständnis des Berechtigten - des Arbeitgebers und/oder des Betreibers - können Arbeitnehmer*innen nicht davon ausgehen, dass alles doch sowieso entsorgt würde und man quasi dabei helfen würde. Auch die Mitnahme von geringwertigen Sachen ist tabu und kann zu arbeitsrechtlichen Maßnahmen bis hin zur Kündigung führen.