Tjark Menssen, Frankfurt/M, Leiter der Abt. Recht und Grundsatz der DGB Rechtsschutz GmbH in Arbeit und Recht 2014, Ausgabe 12, S. 452–455
Tjark Menssen, Frankfurt/M, Leiter der Abt. Recht und Grundsatz der DGB Rechtsschutz GmbH in Arbeit und Recht 2014, Ausgabe 12, S. 452–455

II. Befristete Arbeitsverhältnisse als Umgehung des Kündigungsschutzes

  Der EuGH hat in seiner Entscheidung v. 26.1.2012 (Kücük) [1] zur Kettenbefristung unterstrichen, dass alle Umstände des Einzelfalls geprüft werden müssen, um die Rechtfertigung einer Befristung zu überprüfen. Die Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge stellt im Anhang der RL 1999/70/EG das unbefristete Arbeitsverhältnis als das übliche Arbeitsverhältnis auch für die Zukunft heraus. Zugleich stellt sie fest, dass befristete Arbeitsverhältnisse nur unter besonderen Umständen den Bedürfnissen von AG und AN entsprechen. Der EuGH hat zwar befunden, dass die eur. Richtlinie eine Befristung auch bei dauerhaftem Vertretungsbedarf nicht generell ausschließt, [2] er weist aber ausdrücklich darauf hin, dass die Frage, ob ein Missbrauch des Befristungsrechts vorliegt, nach nationalem Recht im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten zu beantworten ist. [3] Aus dem Fehlen einer abschließenden Regelung in der EU-Richtlinie allein kann daher nicht geschlossen werden, dass die Möglichkeit einer Umgehung des Kündigungsschutzes nach deutschem Recht eröffnet ist.


  Das BAG hat im Anschluss an die Entscheidung des EuGH seine Rspr. gleichwohl bestätigt gesehen, allerdings auch auf die Notwendigkeit einer Missbrauchskontrolle hingewiesen. [4] Bislang wird dabei die Frage nach einer Umgehung des KSchG ausgeklammert, weil die deutsche Rspr. davon ausgeht, dass eine mögliche Umgehung des KSchG seit In-Kraft-Treten des TzBfG nicht mehr zwingend die Unwirksamkeit der Befristung auslösen würde. Bislang ist an dieser Auffassung, ersichtlich auch von Arbeitnehmerseite, seit In–Kraft-Treten des TzBfG wenig Kritik laut geworden. Mutmaßlich ist der Grund dafür darin zu suchen, dass es einerseits als Fortschritt angesehen wurde, dass das Befristungsrecht überhaupt kodifiziert und andererseits der Befristungsschutz auch auf Kleinbetriebe ausgedehnt wurde. Beides sah man überwiegend als so großen Vorteil an, dass die Behauptung, es komme auf eine Umgehung des Kündigungsschutzes nicht mehr an, nicht weiter hinterfragt wurde. Nach der bisherigen Rspr. war die Notwendigkeit des sachlichen Grundes aus dem Umgehungsverbot hergeleitet worden. Nun hieß es, der Umgehungsgedanke könne mit der Kodifizierung der Sachgründe vernachlässigt werden.

  Zweifellos besteht für den AG trotz Vorliegens eines sachlichen Grundes in vielen Fällen alternativ die Möglichkeit, dem AN ein unbefristetes Arbeitsverhältnis anzubieten. So bleibt die Frage zu stellen, ob die Befristung in diesem Falle nicht doch wegen der dann erfolgenden Umgehung des KSchG unwirksam sein muss. Namentlich im Falle der Kettenbefristungen verneint das BAG dies bislang mit seiner kettenzitiererisch aufrechterhaltenen These, nach der nur der letzte abgeschlossene Vertrag auf seine Wirksamkeit zu prüfen sei, und der abschließenden Regelung des TzBfG, die die »frühere Dogmatik« der objektiven Gesetzesumgehung abgelöst habe. [5] Auch ein ständiger Vertretungsbedarf, der an sich den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages rechtfertige, führe nicht zur Unwirksamkeit der Befristung, weil allein der konkrete Vertretungsbedarf zum Zeitpunkt des Abschlusses des letzten Vertrags maßgeblich sei; ein ständiger Vertretungsbedarf stehe dem Vorliegen eines Sachgrundes nicht entgegen. Die Frage nach der Umgehung des KSchG wird in diesem Sinne allein deswegen nicht mehr gestellt, weil sie mit dem TzBfG obsolet geworden sei.

  Vor dem Hintergrund der EuGH-Rspr., nach der alle Umstände des Einzelfalls zu werten sind, soll die Auswirkung der Umgehung des KSchG geprüft werden. Da auch nach der jüngeren Rspr. immer noch nicht recht absehbar ist, wann ein Fall der Kettenbefristung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mündet, kann auf die Überprüfung der bisherigen Rspr. nicht mehr verzichtet werden. Es soll untersucht werden, ob der Gesichtspunkt der Umgehung des Kündigungsschutzes der Befristung auch bei Vorliegen eines sachlichen Grundes entgegensteht.

  Die neueren Entscheidungen des 7. Senats [6] haben zu heftigen Reaktionen [7] geführt. Nicht nur die Aufhebung des Verbots einer Anschlussbefristung bei Zuvorbeschäftigung ist fragwürdig. Auch aus der EuGH-Entscheidung zur Kettenbefristung [8] hat der Senat bislang nicht die notwendigen Konsequenzen gezogen.

  III. Rechtspolitisches Desaster

  Die Anhebung der Kleinbetriebsklausel von 5 auf 10 AN im arbeitsrechtlichen Beschäftigungsförderungsgesetz 1996, wiederholt im Arbeitsmarktreformgesetz 2003, hat dazu geführt, dass heute in einigen Branchen, z.B. des Baugewerbes oder der Gastronomie, das KSchG in weiten Teilen praktisch nicht mehr gilt. Zudem erfolgen in der freien Wirtschaft 45 % der Neueinstellungen nur noch befristet,[9] im ö.D. sind es über 2/3.[10] Mit der Zunahme der Befristung wird nicht nur den befristet Beschäftigten der Kündigungsschutz genommen. Die Aussicht, nach einer Kündigung allenfalls noch befristet weiterbeschäftigt zu werden, übt auch Druck auf die noch unbefristet Tätigen aus. Ohne Kündigungsschutz steht das gesamte Arbeitsrecht auf dem Papier. Wer kann einem AN ernsthaft raten, Urlaub oder Entgeltfortzahlungsansprüche einzuklagen, wenn als Reaktion die nicht mehr zu begründende Entlassung droht?

  Mit dem Abbau des Kündigungsschutzes gewinnt der Befristungsschutz an Bedeutung. Der Befristungsschutz muss immer häufiger die Funktion des Kündigungsschutzes übernehmen. Der sachliche Grund ist in diesem Sinne mit dem Kündigungsgrund vergleichbar, mit dem Unterschied, dass der AN bei einer Befristung schon zu Beginn des Vertragsverhältnisses den Beendigungsgrund und das Enddatum des Vertragsverhältnisses kennt. So wie ein AG eine Kündigung zu rechtfertigen hat, muss er, jedenfalls dann, wenn er eine Sachgrundbefristung vornimmt, nun die Befristung rechtfertigen.

  Weil dem Befristungsverhältnis aber die Hoffnung innewohnt, bei Bedarf einen weiteren, wenn auch nicht unmittelbar anschließenden, befristeten Vertrag zu erhalten, steht jede Entfristungsklage immer unter der Prämisse des Alles oder Nichts. Die Hoffnung des AN, einen neuen befristeten Vertrag zu erhalten, wird bei einer Klage aufgegeben. Wenn auch das Befristungsrecht in diesem Sinne vergleichbar mit dem Kündigungsrecht erscheint, stellt sich die Situation für den AN insbes. im Hinblick auf seine Kreditwürdigkeit völlig anders dar. Kredite, die eine Laufzeit haben, die über die Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses hinausgehen, werden von Banken in aller Regel nur vergeben, wenn ein solventer Bürge gestellt werden kann. Damit ist die Anschaffung eines neuen Autos oder gar die Planung eines Eigenheims so gut wie ausgeschlossen. Auf diese Weise führt die Befristung zu einer »Prekarisierung der Lage der Beschäftigten.«[11]

  IV. Entwicklung der Rechtsprechung

  Die Urteile des 7. Senats und des EuGH haben Fragen aufgeworfen, zu deren Beantwortung zunächst einige rechtspolitische und arbeitsmarkt-politische Bemerkungen vorweggeschickt werden sollen.

  1. Entstehung des Befristungsrechts

  Die grundsätzliche Möglichkeit der Befristung eines Arbeitsvertrages war schon seit den 1920er Jahren akzeptiert. § 620 Abs. 1 BGB galt auch für Arbeitsverträge. Die Vertragsfreiheit erlaubt es, dass auch diese Möglichkeit genutzt werden kann. Das RAG hat aber bereits 1928 [12] die Theorie der subjektiven Umgehung des Kündigungsschutzes entwickelt. Daraus folgerte es, dass insbes. bei Kettenbefristungen durch die Befristung der Kündigungsschutz nicht umgangen werden durfte.

  Das BAG hat 1954 [13] befunden, es reiche nicht aus, den subjektiven Willen einer Umgehung allein zum Maßstab zu machen. Auch eine einmalige Befristung des Vertrags sei unwirksam, wenn keine besonderen Gründe dafür sprächen, von der regelmäßigen Einstellung der AN auf unbestimmte Zeit abzusehen. [14]

Der Große Senat des BAG spricht deshalb 1960 [15] von der objektiven Funktionswidrigkeit der Befristung, weshalb die Befristung nur dann zulässig sei, wenn sie aus sachlichen Gründen notwendig sei. Er geht von einer zweistufigen Prüfung der Befristung aus. Danach reiche es nicht aus, wenn nur ein Sachgrund bestehe, der Grund müsse den AG auch davon abhalten, den AN auf unbestimmte Zeit einzustellen, [16] was insbes. im Falle der Kettenbefristungen zu prüfen sei. Zur Begründung beruft sich der GS auf eine frühere Entscheidung des BAG, in der hergeleitet wurde, dass der Bestandsschutz nach dem KSchG in seinem Bereich den Verfassungsgrundsatz des sozialen Rechtsstaats verwirkliche, wie er sich aus Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 1, Art. 79 Abs. 3 GG ergebe. [17] Am selben Tag befindet der 2. Senat, die Befristung dürfe nicht dazu missbraucht werden, das Unternehmerrisiko auf den AN abzuwälzen. [18]

  Der GS verweist darauf, dass befristete Arbeitsverträge im Arbeitsrecht zwar zulässig seien. Gleichwohl gehe es nicht an, im Falle der Kettenverträge den aus dem KSchG zu entnehmenden Gedanken eines Bestandsschutzes grundsätzlich außer Acht zu lassen und nur im Falle der Umgehungsabsicht oder bei einer Verletzung der Fürsorgepflicht Schutz zu gewähren. [19] Entscheidend sei die objektive Funktionswidrigkeit des Rechtsgeschäfts, die mehr umfasse als nur den Sachgrund. Die wirtschaftlichen oder sozialen Verhältnisse der Parteien oder jedenfalls einer Partei müssen für die Befristung der Verträge sprechen. Die Verträge müssten ihre sachliche Rechtfertigung in sich tragen, so dass sie mit Recht und aus gutem Grund von den Kündigungsschutzvorschriften nicht betroffen werden. [20]

  Ein Hinweis auf diese Grundsätze findet sich auch in den Gesetzesmaterialien zum TzBfG. Das Gesetz knüpft ausdrücklich an die Rspr. des BAG an, wenn darauf hingewiesen wird, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sein muss, wenn der für ein unbefristetes Arbeitsverhältnis geltende Kündigungsschutz umgangen würde. [21]

  2. Paradigmenwechsel durch das TzBfG?

  Da das objektive Umgehungsverbot aus dem Grundgesetz abgeleitet wird, ist nicht ersichtlich, wie dieser Grundsatz durch einfaches Recht abgeschafft werden könnte. Gleichwohl folgt das BAG [22] im Jahre 2003 den Autoren, [23] die behaupten, es sei mit § 14 Abs. 1 TzBfG ein »Paradigmenwechsel« erfolgt, durch den die Koppelung des Befristungsschutzes an den Kündigungsschutz vollständig abgelöst wurde. Da die Vertreter dieser Auffassung die Frage einer Umgehung des Kündigungsschutzes aus diesem Grunde als überholt ansehen, soll diese Behauptung eines legislativen Paradigmenwechsels einmal näher untersucht werden.

  Nachdem der GS das Umgehungsverbot aus dem GG abgeleitet hatte, [24] sind an einen Wechsel in dieser Auffassung hohe Anforderungen zu stellen. Wohl auch aus diesem Grunde wird die Änderung der bisherigen Rechtslage als Paradigmenwechsel bezeichnet. Ein Paradigmenwechsel stellt nach einer begrifflichen Definition von Thomas S. Kuhn den Wandel grundlegender Rahmenbedingungen dar. [25] In diesem Sinne dürften die Vertreter dieser Auffassung es aber kaum gemeint haben, denn nur innerhalb eines bestimmten Paradigmas können einzelne wissenschaftliche Theorien und Hypothesen hinsichtlich ihrer Erklärungskraft überhaupt überprüft und verglichen werden. Wechselt man ein Paradigma, dann hat dies zur Folge, dass aus zuvor gewonnenen Erkenntnissen schlicht nichts mehr geschlossen werden kann. Da der Gesetzgeber selber aber von einer Kodifikation der bisherigen Rspr. spricht, ist ein Paradigmenwechsel im engen wissenschaftlichen Sinne offenkundig weder gewollt noch eingetreten.

  Der Begriff ist wahrscheinlich eher unspezifisch gemeint und wird auch mit unterschiedlichem Bezug benutzt. Maschmann [26] verwendet ihn allein mit Blick auf die Umkehr des Regel-Ausnahme-Verhältnisses. Unter Bezugnahme auf Dörner [27] verweist er auf die Umkehrung der Darlegungs- und Beweislast. Der GS ging davon aus, dass der AN für die Behauptung beweisbelastet sei, es hätten keine Sachgründe für die Befristung vorgelegen. Mit § 14 TzBfG bedürfe es für die Befristung künftig eines sachlichen Grundes, nur im Ausnahmefall könne darauf verzichtet werden, so dass die Darlegungslast auf den AG übergehe. [28]

  Die Entscheidung des BAG, [29] auf die er sich bezieht, versteht den Paradigmenwechsel allerdings als Abkehr von der Verbindung zwischen Befristungsrecht und Kündigungsschutzrecht. Diese Sichtweise gründet sich darauf, dass man den Schutz vor einer Umgehung des KSchG seit der Entscheidung des GS wie ein Tatbestandsmerkmal betrachtete. Wenn eine Umgehung des KSchG nicht in Betracht kam, brauchte die Wirksamkeit der Befristung nach der Rspr. des BAG aus der Zeit vor dem TzBfG auch nicht weiter geprüft zu werden. Mangels einer möglichen Umgehung des KSchG müsse die Befristung wirksam sein. Da mit dem TzBfG der Befristungsschutz auch auf Kleinbetriebe ausgeweitet wurde, nimmt man an, dass das Argument einer Umgehung des Kündigungsschutzes folglich hinfällig geworden sei.

  Diese Auffassung ist nur dann richtig, wenn die Umgehung des KSchG heute kein Schutzgut der Rechtsordnung mehr verletzt. Aus einer mit dem TzBfG durchgeführten Ausweitung des Schutzes von AN kann kein Wille des Gesetzgebers abgeleitet werden, einen grundgesetzlich gebotenen Schutz von AN generell einzuschränken. Die Argumentation, mit der eine Abkoppelung vom KSchG genutzt wird, um sich auch mit einem Umgehungsverbot nicht mehr auseinanderzusetzen, ist dogmatisch fehlerhaft. Die Ausweitung des Befristungsschutzes auf Kleinbetriebe kann nicht als generelle Abkopplung vom KSchG und in dessen Folge als Abkehr vom Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung gewertet werden.

Mit der Postulation eines Paradigmenwechsels würden alle bisherigen Erkenntnisse, insbes. die grundgesetzliche Herleitung des Verbots einer Umgehung des KSchG, über Bord geworfen. Ein solcher Wille kann weder den Gesetzesmaterialien noch dem Gesetz selbst entnommen werden. Als Paradigmenwechsel kann, wenn überhaupt, nur die sachgrundlose Befristung angesehen werden. Sie ist zwar eine Ausnahme vom Grundsatz der Notwendigkeit der sachlichen Rechtfertigung, der im TzBfG nicht erst eingeführt sondern im Grundsatz fortgeschrieben wurde, wie er zuvor im BeschFG und davor eben in der Rspr. verankert war. Eine grundsätzliche Abkehr vom Verbot der Umgehung des Kündigungsschutzes kann aber hier nicht erkannt werden. Die sachgrundlose Befristung ist ausschließlich als arbeitsmarktpolitisches Instrument legitimiert worden, um die Neueinstellung von AN zu fördern und den Schutz des Arbeitsverhältnisses für die beschränkte Dauer von 2 Jahren einzuschränken. Außerhalb des Ausnahmetatbestandes des § 14 Abs. 2 TzBfG ist keine vollständige Aufhebung des Umgehungsverbotes gerechtfertigt und auch nicht erkennbar. Bereits mit dem BeschFG nahm der Gesetzgeber vielmehr auf die bisherige Rspr. ausdrücklich Bezug. [30]

  V. Ergebnis

  Da sich die These, eine Umgehung des KSchG habe keine Auswirkung auf die Befristung mehr, weder aus dem Wortlaut des Gesetzes ableiten lässt, noch aus den Gesetzesmaterialien belegbar ist, kann der Aspekt der objektiven Umgehung des Kündigungsschutzes nicht außer Acht gelassen werden. [31] Allein die Normierung des Befristungsrechts im TzBfG hatte nicht zur Folge, dass die durch den GS herausgearbeiteten Grundsätze zum Umgehungsverbot keine Geltung mehr beanspruchen, die einen Missbrauch des Befristungsrechts verbieten.

  Legt man dies im Kontext der EU-Grundrechtecharta aus, so stärkt auch das in Art. 30 GRC normierte Recht vor ungerechtfertigter Entlassung den Ansatz, das Verbot der Umgehung des Kündigungsschutzes beizubehalten. [32] Wenn einem AG die Möglichkeit zu einer unbefristeten Beschäftigung zur Verfügung steht, dann sprechen sowohl der Grundsatz, dass das unbefristete Dauerarbeitsverhältnis als das Normalarbeitsverhältnis bezeichnet wird, als auch der Schutzgedanke der RL, der die Beschäftigten vor Missbrauch des Befristungsrechts schützen soll, dafür, in diesem Fall von einer Umgehung des Kündigungsschutzes und damit von einem Missbrauch des Befristungsrechts auszugehen und ein Recht zu unbefristeter Beschäftigung festzustellen. Dies ist dann im Einzelfall zu prüfen.

  Unabhängig von der Auslegung der RL durch den EuGH bleibt damit nach dt. Recht das Verbot einer Umgehung des KSchG zu beachten. Im Falle einer möglichen unbefristeten Dauerbeschäftigung ist eine Befristung trotz Vorliegen eines sachlichen Grundes damit als unwirksam zu bewerten. Man kann es auch anders ausdrücken: Der Begriff des sachlichen Grundes in § 14 Abs. 1 TzBfG steht unter dem Vorbehalt der nicht vorhandenen Möglichkeit unbefristeter Beschäftigung. Er ist restriktiv so zu interpretieren, dass er erst eingreift, wenn eine unbefristete Beschäftigung durch objektiv nachzuweisende Tatsachen ausgeschlossen ist. In diesem Sinne kann zur weiteren Begründung auf die vor dem TzBfG ergangene Rspr. verwiesen werden.

[1] EuGH 26.1.2012 – C-586/10, Kücük, AuR 2012, 129 ff. Rn. 50.

[2] EuGH aaO.

[3] EuGH aaO., Rn. 56.

[4] BAG 18.7.2012 – 7 AZR 443/09, AuR 2012, 373, Rn. 38.

[5] BAG aaO., Rn. 39.

[6] BAG 06.04.2011 – 7 AZR 716/09, AuR 2011, 225; 21.09.2011 – 7 AZR 375/10, AuR 2012, 136.

[7] Lakies, Verfassungswidrige Rechtsprechung zur Erleichterung der sachgrundlosen Befristung, AuR 2011, 190ff.; Wedel, Methodisch verfehlte »Auslegung« des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG durch das BAG, AuR 2011, 409, 413; Wendeling–Schröder, Neue Elemente im Befristungsrecht, AuR 2012, 92; Junker, Europarechtliche und verfassungsrechtliche Fragen des deutschen Befristungsrechts, EuZA 6 (2013), 3 – 19.

[8] BAG 18.07.2012 – 7 AZR 443/09, Kücük, Fn. 2.

[11] EuGH 26.1.2012 – C-586/10, Kücük, AuR 2012, 129 ff., Fn. 2, Rn. 25, 37.

[12] RAG Arbeitsrechtssammlung, Bd. 32, S. 174.

[13] BAG 21. 10.1954, BAGE 1, 128.

[14] BAGE 1, 128; BAG GS 12.10.1960, GS 1/59, Rn. 17.

[15] BAG GS aa0., Rn. 24.

[16] BAG GS Rn. 32.

[17] BAG GS aaO.

[18] BAG GS Rn. 18.

[19] So noch das Reichsgericht aaO.

[20] BAG GS Rn. 28.

[21] BT-Drucks. 14/4374 unter A. II.

[22] BAG 6.11.2003 – 2 AZR 690/02, AuR 2003, 467, Rn. 17.

[23] Annuß/Thüsing/Maschmann, TzBfG § 14 Rn. 2; ErfK/Müller-Glöge, § 14 TzBfG Rn. 8ff.; Preis/Gotthard, DB 2000, 2065ff. unter IV. 4.

[24] Siehe hierzu auch Heuschmid, AuR 2014, 221ff.

[25] Kuhn, Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen, Suhrkamp Frankfurt/M 1976, S. 57.

[26] Siehe Fn. 17.

[27] Dörner, Die Befristung von Arbeitsverträgen, ZTR 2001, 485ff

[28] Dörner, aaO.

[29] Siehe Fn. 16.

[30] Wiedemann, FS für Hansjörg Otto, S. 612.

[31] Den verfassungsrechtlich gebotenen Mindestschutz betont auch Adam, AuR 2013, 394.

[32] Siehe auch Heuschmid, Die sachgrundlose Befristung im Lichte des Verfassungsrechts, AuR 2014, 221 ff.

Download: Arbeit und Recht, 2014, Ausgabe 12, S. 452–455 – Aufsatz Menssen, Befristungsrecht contra Bestandsschutz