In seinem Beschluss vom 19.06.2014 kam das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg zu dem Ergebnis, dass ein Anspruch des Betriebsrats auf Unterlassung einer Betriebsänderung nur der Sicherung seines Verhandlungsanspruchs für den Interessenausgleich dient.

Betriebsänderung kann nicht untersagt werden

Die Untersagung der Betriebsänderung selbst sei jedoch nicht möglich. Durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung, so das LAG, können somit nur solche Maßnahmen des Arbeitgebers untersagt werden, die den Verhandlungsanspruch des Betriebsrats rechtlich oder faktisch in Frage stellen.

LAG bestätigt Vorinstanz

Mit dem Beschluss LAG Berlin-Brandenburg vom 19.06.2014 wurde der erstinstanzliche Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin, Az.: 8 BVGa 8228/14 vom 13.06.2014 bestätigt.

Im Ausgangsverfahren hatte der Betriebsrat den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt um zu verhindern, dass in einem Unternehmen der IT-Branche 20 der insgesamt 323 Arbeitnehmer an einem neuen Standort eingesetzt werden. 

Das LAG wies in seiner nicht anfechtbaren Entscheidung darauf hin, dass dem Betriebsrat im Falle einer Betriebsänderung gem. §§ 111, 112 Betriebsverfassungsgesetz ein Anspruch auf Verhandlung über einen Interessenausgleich zustehe. 

Kein genereller Unterlassungsanspruch gegen Maßnahmen

Offen ließ das LAG die Frage, ob dem Betriebsrat zur Sicherung dieses Verhandlungsanspruches auch ein Anspruch auf Unterlassung von auf die Durchführung der Betriebsänderung gerichteten Maßnahmen zukomme.

Ein solcher Anspruch würde bedeuten, dass der Arbeitgeber während der Verhandlungen über Betriebsänderungen nichts tun dürfte, was diese Betriebsänderungen bereits einleitet, wie hier die Versetzung von Mitarbeitern an einen anderen Standort. Ein solcher Anspruch ginge jedoch nach Ansicht des Gerichts zu weit.

Verhandlungsanspruch des Betriebsrates muss gewahrt sein

Von einem solchen Anspruch könne, so das LAG, allenfalls dann ausgegangen werden, wenn es um die Unterlassung von Maßnahmen geht, die rechtlich oder faktisch nicht mehr umkehrbar seien, da hierdurch der Verhandlungsanspruch des Betriebsrats gefährdet sein könnte. 

Einen Unterlassungsanspruch im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens vermochten die Richter*innen beider Instanzen nicht erkennen, da bei der geplanten Umsetzung von 20 Arbeitnehmern an einen neuen Standort die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch nicht gegeben seien.

Anmerkung:

Auch wenn das LAG im vorliegenden Fall dem Antrag des Betriebsrats nicht stattgab, so schließt es den Erlass einer einstweiligen Verfügung um einen Unterlassungsanspruch durchzusetzen nicht aus, wenn der Verhandlungsanspruch rechtlich oder faktisch in Frage steht. Wann dies der Fall ist, muss für jeden Fall einzeln entschieden werden und kann praktisch schwierig sein.

Für Betriebsräte, die sich mit Betriebsänderungen zu befassen haben, empfiehlt es sich bei Bedarf Beratungen durch ihre Gewerkschaft in Anspruch zu nehmen, die ggfs. auch kollektivrechtlich geschulte Juristen*innen der DGB Rechtsschutz GmbH mit der Wahrnehmung der Interessen des Betriebsrats beiziehen kann. 

Im Rahmen solcher Beratungen können dann die Möglichkeiten und Erfolgsaussichten eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung diskutiert und geprüft werden, wenn es darum geht einen Unterlassungsanspruch durchzusetzen.

Die vollständige Entscheidung des Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. Juni 2014, Az: 7 TaBVGa 1219/14, bekommen sie hier: