Beurteilungen – nur Ankreuzen reicht nicht! Copyright by  Coloures-Pic/Adobe Stock
Beurteilungen – nur Ankreuzen reicht nicht! Copyright by Coloures-Pic/Adobe Stock

Die dienstlichen Beurteilungen bei der saarländischen Landespolizei sind nach den Urteilen, die das  Verwaltungsgerichts des Saarlandes jüngst gesprochen hat, rechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt hinsichtlich des zugrunde gelegten Regelwerks. Aber auch die Verwaltung geht im Rahmen des Beurteilungsprozesses ist aus Sicht des Verwaltungsgerichts grundsätzlich fehlerfrei vor.
 
Geklagt hatten drei Polizisten des Landes, die mit dem Ergebnis ihrer dienstlichen Beurteilung nicht einverstanden waren. Ihnen ging es einerseits darum, dass ihre Note angehoben wird. Andererseits wollten sie gerne erreichen, dass die Beurteilungsrichtlinien oder zumindest das Beurteilungsverfahrens für rechtswidrig erklärt wurde.
 
Das Gericht sah das jedoch anders. Sowohl die Beurteilungsrichtlinien als auch das Verwaltungsverfahren begegneten keinen rechtlichen Bedenken.
 

Das Gericht kann dienstliche Beurteilungen nur eingeschränkt überprüfen

Im Urteil verwies das Gericht darauf, dienstliche Beurteilungen dürften von den Gerichten nur eingeschränkt überprüft werden. Dies sei ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.
 
Ausschließlich der Dienstherr sei berechtigt ein Werturteil abzugeben. Dies umfasse zahlreiche fachliche und persönliche Anforderungen des Amtes und der Laufbahn. Das Verwaltungsgericht müsse sich darauf beschränken, zu prüfen, ob der Dienstherr den gesetzlichen Rahmen oder die anzuwendenden Begriffe verkannt habe. Es könne auch prüfen, ob der Dienstherr einen falschen Sachverhalt zugrunde gelegt habe. Schließlich sei maßgeblich, ob allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet wurden. Gleiches gelte, wenn sachfremde Erwägungen angestellt worden seien oder ein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften vorliege.
 

Vergleich der Beamten*innen auf unterschiedlichen Ebenen und Organisationseinheiten

So befasst sich eine der drei Entscheidungen ganz ausführlich mit dem Verwaltungsverfahren. Es komme zunächst zu einem Vergleich mit weiteren Beamten derselben Besoldungsgruppe innerhalb derselben Organisationseinheit. Anschließend erfolgte eine Besprechung aller Beurteiler sämtlicher Organisationseinheiten beim Landespolizeipräsidium des Saarlandes. An dieser Besprechung nehme auch der Endbeurteiler teil. Sämtliche Beamte würden dabei in eine Rangfolge eingeordnet
 
Die nachfolgende Konferenz der Endbeurteiler befasste sich sodann mit den Schnittstellen zwischen den einzelnen Gesamtwertungsstufen. So konnte der Beurteilungsmaßstab auf breiter Basis konkretisiert werden. Hier werde dann die Gesamtnote vergeben. Dies hielt das Gericht ausdrücklich für rechtmäßig.
 

Beurteiler müssen den Gleichbehandlungsgrundsatz anwenden

Sofern es Beurteilungsrichtlinien gebe, sei der Gleichbehandlungsgrundsatz anzuwenden. Hier überprüfe das Gericht, ob die Richtlinien eingehalten worden seien. Des Weiteren stelle es fest, ob die Richtlinien mit den gesetzlichen Regelungen übereinstimmten. Dazu zählten insbesondere die Laufbahnverordnung aber auch sonstigen gesetzlichen Vorschriften.
 
Fachliche und persönliche Beurteilungen des Beamten durch seinen Vorgesetzten könne das Gericht demgegenüber nicht ersetzen.
 

Die Beurteilungsrichtlinie der saarländischen Landespolizei ist rechtmäßig

Die Richtlinien zur Beurteilung der Beamtinnen und Beamte beim Landespolizeipräsidium des Saarlandes aus dem Jahr 2013 bzw. 2016 hält das Verwaltungsgericht für rechtmäßig. Darin enthalten ist eine periodische Beurteilung alle drei Jahre über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung.
 
Ausweislich der Richtlinien soll die zunehmende Diensterfahrung regelmäßig positiv auf das Leistungsbild wirken. Allerdings könne ein höheres Dienstalter nicht zwangsläufig zu einem höheren Leistungsniveau führen. Seien Leistungssteigerungen nicht erkennbar, sei es nicht gerechtfertigt, alleine wegen des Zeitablaufs ein besseres Gesamturteil abzugeben.
 
Der Maßstab, der bei den Beurteilungen anzulegen sei, richte sich nach den Anforderungen, die im jeweiligen Laufbahnabschnitt gestellt würden. Dabei sei der Leistungsstandard, wie er üblicherweise in diesem Laufbahnabschnitt verlangt und von der Mehrzahl der Beamten erbracht werde, zugrunde zu legen.
 
Innerhalb eines Laufbahnabschnitt stiegen jedoch die Anforderungen mit dem höheren Amt. Zu beachten sei, dass nach allgemeiner Erfahrung die Mehrzahl der Beamte innerhalb einer Behörde dem Mittelwert der Beurteilung entspreche.
 

Das Saarland erstellt Rangfolgelisten

Das Saarland erstelle bei den Beurteilungen Rangfolgelisten. Diese seien in den Beurteilungsrichtlinien auch ausdrücklich aufgeführt. Das Land erstelle sie stufenweise, d. h. von der kleineren hin zur größeren Organisationseinheit. Dieses Vorgehen sei vom Oberverwaltungsgericht schon mehrfach gebilligt worden. So entstünden zwar schon Bewertungsstufen, diese bewegten sich jedoch noch auf einer Vorstufe.
 
Genau das sei  jedoch besonders dazu geeignet, möglichst breite gefächerte Vergleiche vorzunehmen. Auch entstehe durch die Betrachtung der größeren Gruppe von Beamten eine viel bessere Grundlage für die Entscheidung. Das Gericht führt dabei ausdrücklich aus, dass Beurteilung durch die Entscheidung über die Rangfolge durch den Endbeurteiler keinesfalls vorgesteuert werde.
 

Der Beurteiler wird mit den Rangfolgelisten nicht übergangen

Auch der Beurteiler selbst werde nicht übergangen. Dieser sei nämlich auf der ersten und der zweite Ebene des Verfahrens verantwortlich einbezogen. Er könne so das Beurteilungsergebnis auch maßgeblich mitgestalten.
 
Ist ein*e Beamter*in mit seiner*ihrer dienstliche Beurteilung nicht einverstanden, so kann hiergegen Widerspruch erhoben werden. Im Widerspruchsverfahren muss der Dienstherr alle Argumente des *der Beamten*in berücksichtigen und prüfen. Erst nachdem das Widerspruchsverfahren abgeschlossen ist, ist es möglich, beim Verwaltungsgericht Klage zu erheben.
 
Dazu führt das Gericht aus, das Beurteilungsverfahren sei erst nach dem Widerspruchsverfahrens vollständig abgeschlossen. Sofern im Rahmen des Widerspruchsverfahrens ein verspäteter Beurteilungsbeitrag eingehe, mache das die Beurteilung nicht rechtswidrig. Dies gelte selbst dann, wenn zu diesem Zeitpunkt das abschließende Ranking bereits feststehe und der Beurteiler keine Möglichkeit mehr habe, an dem Ergebnis was zu ändern.
 
Die Beurteilungsrichtlinien bestimmten hierzu, dass es in diesem Falle Aufgabe des Endbeurteilers sei, zu entscheiden. Der (Erst-)-Beurteiler müsse demnach nicht mehr beteiligt werden.
 

Rechtsmängel können bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens beseitigt werden

Diesen Vorgaben pflichtet das Gericht ausdrücklich bei. Da das Beurteilungsverfahren erst nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens auch vollständig abgeschlossen sei, bestehe bis zu diesem Zeitpunkt die Möglichkeit, aufgetretene Rechtsmängel zu beseitigen. Der Endbeurteiler sei hierzu in besonderer Weise geeignet. Dieser sei nämlich am Rankingverfahren bereits maßgeblich beteiligt gewesen. Daher verfüge er über Informationen, die für die Beurteilung notwendig seien. Bei seiner ergänzenden Stellungnahme sei davon auszugehen, dass alle zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen ausgeschöpft würden. Daraus resultiere regelmäßig ein sachgerechtes Urteil.
 

Ankreuzverfahren ist rechtmäßig

Auch das im Saarland praktizierte Ankreuzverfahren hält das Gericht für rechtmäßig. Es bezieht sich dazu auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Das Bundesverwaltungsgericht fordere eine weitergehende Begründung in der dienstlichen Beurteilung. Diese sei in den vorliegenden Verfahren zweifelsfrei vorhanden.
 
In einer der Entscheidungen befasst sich das Verwaltungsgericht auch mit der Pflicht des Dienstherrn, im Rahmen der Beurteilung eine sogenannte „Persönlichkeit-und Leistungsbeschreibung“ abzugeben. Dies sehen die Beurteilungsrichtlinien nämlich so vor. Bei einem der Kläger war darauf verzichtet worden.
 

Persönlichkeits- und Leistungsbeschreibungen können auch mündlich abgegeben werden

Allerdings sehen die Beurteilungsrichtlinien nur vor, dass solche schriftliche Persönlichkeits- und Leistungsbeschreibungen erstellt werden „könnten“. Sie würde aber auch ausreichen, wenn sie mündlich erörtert werden. Beurteilungsbeiträge müssten ja ebenfalls nicht zwingend schriftlich erstellt werden.
 
Thematisiert wird auch eine vom Kläger behauptete Benachteiligung gegenüber jüngeren Beamtinnen, die im Vergleich zu ihm über ein niedrigeres Rangdienstalter verfügten. Auch dies wird vom Verwaltungsgericht rechtlich jedoch nicht beanstandet.
 

Die Beurteilungsrichtlinie berücksichtigt die tatsächlich erbrachte Leistung

Nach der Richtlinie seien im Rankingverfahren die tatsächlich erbrachte Leistung zu berücksichtigen. Dabei müsse der Dienstherr die Erfahrungen berücksichtigen, die in der Dienstzeit vermittelt worden seien. Grundsätzlich sei dabei davon auszugehen, dass sich zunehmende Diensterfahrung regelmäßig positiv auf das Leistungsbild auswirke. Allerdings ergäben sich aus den Beurteilungsrichtlinien, dass ein höheres Dienstalter nicht zwangsläufig zu einem höheren Leistungsniveau führe. Gebe es keine Leistungssteigerungen, sei eine bessere Beurteilung nicht gerechtfertigt.
 
Im Beurteilungsverfahren sei daher in jedem Falle eine konkrete Einzelfallprüfung geboten. Insofern bestünden keine rechtlichen Bedenken, so das Verwaltungsgericht.
 
Verwaltungsgericht des Saarlandes, Urteil vom 10. Oktober 2019 – 2 K 1129/17
Verwaltungsgericht des Saarlandes, Urteil vom 10. Oktober 2019 – 2 K  2070/17
Verwaltungsgericht des Saarlandes, Urteil vom 10. Oktober 2019 – 2 K 746/18

Das sagen wir dazu:

Die Beurteilungsrichtlinien der saarländischen Landespolizei aus dem Jahr 2013 sind 2016 noch einmal geändert bzw. angepasst worden. Dabei gab es einige von Neuerungen, hinsichtlich derer ungewiss war, ob sie einer rechtlichen Überprüfung standhalten würden.

Vielfach wurde dabei das Rankingverfahren kritisiert. Nach Abgabe der Wertungen der Beurteiler legen nämlich die Endbeurteiler das Ranking für die Behörde fest. Erst danach wird die Gesamtnote vergeben.

Alle drei Kläger hatten ihre Verfahren verloren. Das Besondere an den Entscheidungen ist jedoch, dass damit sehr umfassend das Beurteilungswesen der Landespolizei des Saarlandes besprochen und rechtlich geprüft wurde. Die Vorgaben des Verwaltungsgerichts geben nun etwas mehr Rechtssicherheit und lassen erwarten, dass das Beurteilungswesen in der Praxis auch etwas einfacher werden lässt. Aber genau das war im Wesentlichen auch die Zielsetzung der drei Kläger, die unmittelbar nach der Änderung der Beurteilungsrichtlinien ihre dienstliche Beurteilung überprüfen ließen.