Beschafft die Polizei neue Schusswaffen, betrifft das die Gestaltung der Arbeitsplätze und ist mitbestimmungspflichtig. Copyright Adobe Stock/Katja
Beschafft die Polizei neue Schusswaffen, betrifft das die Gestaltung der Arbeitsplätze und ist mitbestimmungspflichtig. Copyright Adobe Stock/Katja

 

Eine Berliner Polizeipräsidentin beschaffte für den Einsatz der Polizeivollzugsbeamten Mitteldistanzwaffen sowie Zubehör wie Leuchtpunktvisiere, Zielbeleuchtungen, Handgriffe und Waffentragegurte. Das Zubehör war sowohl für die neuen Waffen als auch für Maschinenpistolen bestimmt, die sich bereits im Bestand der Polizei befinden. Der GPR forderte gegenüber dem Präsidium eine weitergehende Beteiligung an den Beschaffungsmaßnahmen, weil Aspekte des Arbeitsschutzes und Fragen der Gestaltung der Arbeitsplätze berührt seien. Er stützte sich insoweit auf das Berliner Personalvertretungsgesetz. Und zwar auf die Vorschrift, dass die Personalvertretung bei Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen mitbestimmt (§ 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 PersVG Berlin). Zudem sei das Mitbestimmungsrecht verletzt, weil es um die Gestaltung der Arbeitsplätze ginge (§ 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 PersVG Berlin).

 

Der Gesamtpersonalrat hat ein Beschlussverfahren vor dem Verwaltungsgericht eingeleitet

 

Der Dienstherr lehnte indessen eine weitere Beteiligung des GPR ab und verwies darauf, dass die Beschaffungen nicht primär Aspekten des Arbeits- und Gesundheitsschutzes dienten, sondern der Einsatzwertsteigerung. Die Beschaffung beruhe vorrangig auf einsatztaktischen Erwägungen. Daraufhin leitete der GPR ein Beschlussverfahren ein und beantragte vor dem Verwaltungsgericht Berlin, festzustellen, dass sein Mitbestimmungsrecht verletzt war. Nach Auffassung des Polizeipräsidiums war das indessen nicht der Fall.

 

Sie macht im Wesentlichen geltend, dass für die nur für das Landeskriminalamt 6 beschafften Maschinenpistolen MP7 kein Mitbestimmungsrecht des insoweit unzuständigen GPR bestehe. Im Übrigen bestehe insgesamt kein Mitbestimmungsrecht, weil die Beschaffungsmaßnahmen nicht darauf abzielten, die Beschäftigten allgemein vor dem Risiko von Gesundheitsschädigungen oder Unfällen im Dienst zu schützen.

 

Ein Mitbestimmungsrecht wegen der Gestaltung der Arbeitsplätze bestehe nicht, weil es an der Voraussetzung des Arbeitsplatzes fehle. Mit den beschafften Gegenständen solle nicht ein bestimmter abgrenzbarer Bereich ausgestattet werden. Vielmehr stünden die Gegenstände allen bzw. einzelnen Gruppen von Polizeibeamten so zur Verfügung, dass diese sie jederzeit und überall einsetzen und verwenden könnten.

 

Das Verwaltungsgericht gab dem GPR teilweise recht, das Oberverwaltungsgericht war auf der Seite des Dienstherrn

 

Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag im Juli 2019 teilweise stattgegeben und festgestellt, dass die Dienstherrin das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers dadurch verletze, dass sie ohne Zustimmung des GPR Mitteldistanzwaffen sowie Zubehör dafür und für Maschinenpistolen in Form von Leuchtpunktvisier, Zielbeleuchtung, Handgriff und Waffentragegurt beschafft habe. Insoweit ginge es nämlich um eine mitbestimmungspflichtige Gestaltung der Arbeitsplätze. Auf die Beschwerde des Landes Berlin wies das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg indessen den Antrag des GPR komplett ab.

 

Auf die Rechtsbeschwerde des Gesamtpersonalrats hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) die erstinstanzliche Entscheidung wiederhergestellt. Die Beschaffung von Mitteldistanzwaffen sowie Zubehör in Form von Leuchtpunktvisieren, Zielbeleuchtungen, Handgriffen und Waffentragegurte erfülle den Mitbestimmungstatbestand der Gestaltung der Arbeitsplätze, so das BVerwG. Der Begriff des Arbeitsplatzes erfasse auch mobile Arbeitsplätze im Freien. Gestaltung sei die Bestimmung der räumlichen und sachlichen Arbeitsbedingungen sowie der Arbeitsumgebung.

 

Jede Änderung der räumlichen und sachlichen Arbeitsbedingungen sowie der Arbeitsumgebung bedeutet eine Gestaltung der Arbeitsplätze

 

Als Gestaltung sei nicht nur die erstmalige Festlegung, sondern auch jede nicht lediglich unbedeutende Änderung der räumlichen und sachlichen Arbeitsbedingungen sowie der Arbeitsumgebung anzusehen. Jedenfalls, wenn diese ihrer Eigenart nach oder wegen ihrer Auswirkungen objektiv geeignet seien, das Wohlbefinden oder die Leistungsfähigkeit derjenigen Beschäftigten zu beeinflussen, die auf den Arbeitsplätzen eingesetzt seien oder eingesetzt werden sollten.

 

Sie umfasse auch solche Ausrüstungsgegenstände, die Beschäftigte zur Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit bei sich zu tragen hätten. Das entspräche dem Zweck des Mitbestimmungsrechts, die Beschäftigten bei der Arbeit vor Gefährdungen und Überbeanspruchung zu schützen. Dementsprechend gehörten zur Gestaltung mobiler Arbeitsplätze die sachlichen Mittel, die - wie die in Rede stehenden Ausrüstungsgegenstände - den Beschäftigten ermöglichen, ihre dienstlichen Aufgaben durchzuführen und zu erfüllen.

 

Die Beschaffung von Waffen betrifft die Effektivität und die Durchsetzungsfähigkeit vollzugspolizeilicher Handlungen

 

Die Mitbestimmung des Personalrats scheide auch nicht deshalb aus, weil die Beschaffung der in Rede stehenden Ausrüstungsgegenstände auch die Effektivität und Durchsetzungsfähigkeit vollzugspolizeilicher Handlungen beträfe und sich damit darauf auswirke, ob und in welcher Weise die Polizei ihren Aufgaben nachkommen könne. Denn die Entscheidung über die Beschaffung der Waffen und des Zubehörs weise auch einen innerdienstlichen Charakter auf und unterliege im Übrigen dem Letztentscheidungsrecht der obersten Dienstbehörde.

 

Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts

 

 

Rechtliche Grundlagen

§ 85 PersVG Berlin

Allgemeine Angelegenheiten

(1) Die Personalvertretung bestimmt, soweit keine Regelung durch Rechtsvorschrift oder Tarifvertrag besteht, gegebenenfalls durch Abschluss von Dienstvereinbarungen mit über

1. …
2. ….
7. Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen,

8. …..
……..
12. Gestaltung der Arbeitsplätze

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