Sexuelle Handlungen eines verbeamteten Lehrers mit einer Schülerin führt zur Entfernung aus dem Dienst.
Sexuelle Handlungen eines verbeamteten Lehrers mit einer Schülerin führt zur Entfernung aus dem Dienst.


Der Sachverhalt

Ein verbeamteter Lehrer unterhielt über einen längeren Zeitraum eine sexuelle Beziehung zu einer Schülerin der Schule, an der er unterrichtet. Die Schülerin selbst wurde allerdings zu keiner Zeit von ihm unterrichtet. Die Beziehung wurde den Dienstvorgesetzten bekannt. Vom Schulleiter und von den Eltern der Schülerin wurde dem Lehrer der Kontakt zur Schülerin untersagt. Der Lehrer setzte die Beziehung trotzdem fort. 

Die Landesschulbehörde leitete gegen den Lehrer ein Disziplinarverfahren wegen eines schweren Dienstvergehens ein. Zugleich wurden strafrechtliche Ermittlungen gegen ihn aufgenommen wegen des Verdachts auf sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen. Das Strafverfahren wurde eingestellt. Das Strafrecht verbietet Menschen, sexuelle Handlungen mit Personen auszuüben, die ihm zur Erziehung, zur Ausbildung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut sind. Das war hier nicht der Fall, weil der Lehrer die Schülerin in seiner Funktion als Pädagoge nie betreut hat. 

Die Landesschulbehörde hat trotzdem Disziplinarklage vor dem Verwaltungsgericht (VG) erhoben und die Entfernung des Lehrers aus dem Beamtenverhältnis beantragt. Das VG hat diesem Antrag stattgegeben.

Die Begründung des Verwaltungsgerichts

Nach Auffassung des VG hat der Beamte zwar keine inner- oder außerdienstliche Straftat begangen. Ein schweres Dienstvergehen liege aber vor, weil er durch eine intensive sexuellen Beziehung zu der Schülerin sich eines schweren Distanzverstoßes schuldig gemacht habe. Das Verhalten eines Beamten müsse so integer sein, dass der Dienstherr von ihm die ordnungsgemäße Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben erwarten könne und dass ihm von der Allgemeinheit Respekt und Wertschätzung entgegengebracht werde. Einem Lehrer käme eine Vorbildfunktion gegenüber den Schülern zu. Er müsse die verfassungsrechtlich geschützte Werteordnung glaubhaft vermitteln. In diesem Zusammenhang bestünde eine hohe Verantwortung im Hinblick auf die Vermittlung und eigene Einhaltung sittlicher Wertvorstellungen und -empfindungen. Seine Pflichten verböten dem Lehrenden übergriffige Verhaltensweisen jedweder Art. Körperliche Distanz müsse auch dann eingehalten werden, wenn der Schüler selbst die Distanz gar nicht will.

Die Pflicht zur Einhaltung der Distanz gelte selbst dann, wenn der Lehrer die betroffene Schülerin nicht unterrichte. Lehrer hätten Verantwortung für eine ungestörte Persönlichkeitsentwicklung ihrer Schüler. Sie dürften sich daher auf keinen Fall in einer Weise verhalten, die geeignet sei, die seelische Entwicklung der ihnen oder ihrer Schule anvertrauten Schüler zu beeinträchtigen. Diese Gefahr sei grundsätzlich gegeben, wenn ein Lehrer eine sexuelle Beziehung mit einer Schülerin eingehe. Es entspräche einer allgemeinen Erfahrung, dass im Erziehungsverhältnis häufig auch erotische Elemente mitschwingen würden und insbesondere Schülerinnen den Lehrer in schwärmerischer Zuneigung verehrten. Das dürfe ein Erzieher nicht ausnutzen, weil Schülerinnen und Schüler von ihm uneigennützige Hilfe und Unterstützung erwarten könnten.

Das Urteil ist im Ergebnis überzeugend, in der Begründung nur zum Teil

Im Ergebnis ist dem Urteil zuzustimmen. Pädagogen darf nicht erlaubt sein, ihre besondere Stellung zu ihren Schutzbefohlenen auszunutzen. Indessen ist die  Begründung des Gerichts nur zum Teil überzeugend. Fraglich ist bereits, auf welche Befunde das Gericht seine Annahme stützt, dass „insbesondere Schülerinnen den Lehrer in schwärmerischer Zuneigung verehren“. Diese Auffassung zeugt wohl eher von männlicher Phantasie als von tatsächlicher Erkenntnis. Bezweifelt werden darf auch, ob „sittliche Wertvorstellungen“ ein Maßstab für die Unrechtmäßigkeit des Verhaltens sein können. Ein Dienstvergehen kann nicht danach beurteilt werden, ob das betreffende Verhalten einem Moralcodex entspricht. Auch Beamtinnen und Beamten muss es erlaubt sein, in ihrer Freizeit Dinge zu tun, die in der Gesellschaft noch nicht als salonfähig gelten, insoweit sie freilich nicht verboten sind. 

Mit der Begründung des VG wären auch echte Liebesbeziehungen zwischen Lehrern und volljährigen Schülerinnen und Schülern immer ein schweres Dienstvergehen. Das dürfte aber kaum einleuchten. 

Nicht bezweifelt werden soll indessen die besondere Verantwortung, die Pädagoginnen und Pädagogen für ihre Schülerinnen und Schüler haben. Insoweit spielt es keine Rolle, ob es sich um verbeamtete oder angestellte Pädagogen handelt. Das Verhältnis zwischen Lehrern und Schülerinnen ist kein Freundschaftsverhältnis, sondern ein professionelles Verhältnis, in dem der Lehrer eine starke Machtposition hat. Allein deshalb muss auch eine professionelle Distanz gewahrt bleiben. Liebesbeziehungen setzen Gleichberechtigung voraus und die Beziehung eines Mächtigen zu einer Abhängigen riechen immer nach Ausnutzung. Das gilt nicht nur für Lehrer und Schüler.
 

Im vorliegenden Fall hatte der Lehrer über eine längere Zeit eine sexuelle Beziehung zu der Schülerin. Als Pädagoge hätte ihm klar sein müssen, dass seine Position eine gleichberechtigte Beziehung verhindert. Das schwere Dienstvergehen liegt also nicht in einem Verstoß gegen sittliche Wertvorstellungen und Wertempfindungen, sondern in seinem insgesamt unverantwortlichen und unprofessionellen Umgehen mit der Situation. Der schwächere Part in einer durch Macht geprägten Beziehung kann erhebliche gesundheitliche Folgen davontragen. Gerade als Pädagoge hätte dem Beamten bekannt sein müssen, dass die Umstände der Beziehung die seelische Entwicklung der Schülerin beeinträchtigen kann und auch tatsächlich beeinträchtigt hat. Sie ist nämlich seit Jahren in ärztlicher Behandlung wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung, deren Ursache in der sexuellen Beziehung zum Lehrer liegt.

Hier geht zu vollständigen Entscheidung des Verwaltungsgericht Münster, Urteil vom 23. Januar 2018  - 13 K 1651/16.O