Bundesverwaltungsgericht: Lehrer erhält keine Dienstbezüge während der Sommerferien.
Bundesverwaltungsgericht: Lehrer erhält keine Dienstbezüge während der Sommerferien.

Zwischen dem Dienstherrn und einem beamteten Lehrer bestand Streit über dessen Dienstfähigkeit. Der Lehrer blieb trotz amtsärztlicher Bestätigung seiner Dienstfähigkeit dem Dienst weiterhin fern. Auch nach Beginn der Schulferien obliegt es dem Lehrer, dem Dienstherrn mitzuteilen,
ab wann er sich wieder für dienstfähig ansieht. Unterlässt er dies, so das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 23.06.2016, verliere er seine Dienstbezüge auch für Zeiten, die in die Schulferien fallen.

Amtsarzt stellt Dienstfähigkeit fest


Der Kläger war als beamteter Lehrer an einer Gesamtschule tätig. Unter wiederholte Vorlage fachärztlicher Atteste ab November 2009 leistete er keinen Dienst mehr. Eine vom Dienstherrn veranlasste amtsärztliche Untersuchung ergab die Dienstfähigkeit des Klägers. Die daraufhin an den Kläger ergangenen Aufforderungen des Dienstherrn, den Dienst wieder aufzunehmen, fruchteten nicht. Der Kläger blieb weiterhin dem Dienst fern. Nachdem der Kläger beim Verwaltungsgericht mit einem Eilantrag gegen die Aufforderung, seinen dienstlichen Verpflichtungen wieder nachzukommen vorging, der keinen Erfolg zeitigte – inzwischen waren die Sommerferien 2010 angebrochen – gab er seine Haltung auf. Er teilte der Schulleitung zu Beginn des Monat August 2010 mit, dass er seinen Dienst zum ersten Schultag nach den Sommerferien wieder aufnehmen wird.

Bezüge für Sommerschulferien im Streit


Nachdem der dienstfähige Kläger der Schulleitung mitteilte, dass er erst nach den Sommerferien bereit sei den Dienst wieder aufzunehmen, stellte das beklagte Land Nordrhein-Westfalen daraufhin den Verlust der Dienstbezüge fest. Begründet wurde dies mit schuldhaftem unerlaubten Fernbleibens vom Dienst für die Zeit bis zu dem Tag, an dem er sich wieder zum Dienst bereit erklärt hatte. Die hiergegen erhobene Klage wurde durch die Vorinstanzen im Wesentlichen abgewiesen. Soweit es um den Zeitraum des Schuljahres (mit Unterrichtsverpflichtung des Klägers) ging, war der angegriffene Bescheid bereits bestandskräftig geworden. In dem Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht stand nur noch im Streit, ob der Kläger seine Dienstbezüge auch für den Zeitraum verliert, der in die Sommerschulferien fiel.

Ein Verstoß gegen Dienstleistungspflicht besteht nicht, aber die Aufgabe der bisherigen Verweigerungshaltung hätte angezeigt werden müssen


Die Revision des Klägers wurde durch Urteil vom 23.06.2016 durch das Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen. Die Feststellung des Verlusts der Dienstbezüge wegen schuldhaften unerlaubten Fernbleibens vom Dienst (hier: nach § 9 Bundesbesoldungsgesetz in Verbindung mit. § 62 Abs. 1 Satz 1 Landesbesoldungsgesetz Nordrhein-Westfalen), so das Bundesverwaltungsgericht, setze voraus, dass der Beamte gegen seine nach Zeit und Ort konkretisierte Dienstleistungspflicht verstoßen hat. Eine solche zeitlich und örtlich konkretisierte Dienstleistungspflicht bestehe für beamtete Lehrer in den Schulferien nach dem hier maßgeblichen Landesrecht aber gerade nicht. Die allgemeine Verpflichtung der Lehrer, in unterrichtsfreien Zeiten ihren Unterricht vor- oder nachzubereiten und sich fortzubilden, genüge dafür nicht. Vor allem stehe dem genannten Erfordernis entgegen, dass das Landesrecht bestimmt, dass ein beamteter Lehrer in den Schulferien seinen Erholungsurlaub zu nehmen hat.

Obwohl Im Streitfall kein Verstoß einer Dienstleistungspflicht festgestellt werden konnte, hat der Kläger dennoch seine Dienstbezüge auch für den Zeitraum der Sommerschulferien verloren. Denn, so die Leipziger Richter*innen: Da zwischen dem Dienstherrn und dem Lehrer über längere Zeit streitig gewesen sei, ob er dienstunfähig ist, treffe den Lehrer eine aus dem beamtenrechtlichen Dienst- und Treueverhältnis folgende Obliegenheit, seinem Dienstherrn anzuzeigen, dass und ab wann er seine bisherige Verweigerungshaltung aufgibt.

Fehlende Planungssicherheit der Schulleitung führt zum Bezügeverlust des Klägers


Nach Auffassung des Zweiten Senats des Bundesverwaltungsgerichts müsse Klarheit darüber herrschen, ob der Kläger sich weiter als dienstunfähig ansieht oder nicht. Die Schulleitung müsse wissen, ob und ab wann sie für das nächste Schuljahr den Lehrer wieder für den Unterricht einplanen kann. Da der Kläger diese Anzeige unterließ, erstrecke sich die Bezügeverlustfeststellung - im Anschluss an die Zeiten mit Unterrichtsverpflichtung - auch auf den nachfolgenden, in die Schulferien fallenden Zeitraum bis zu dem Tag, an dem der Lehrer erklärt, dass er zur Wiederaufnahme des Dienstes bereit sei.

Anmerkung:


Entgegen einer weit verbreiteten Meinung ist es nicht zutreffend, dass Lehrer während der Schulferien durchgehend Urlaub haben. Der Urlaubsanspruch pro Urlaubsjahr beträgt 30 Urlaubstage. Bei den darüber hinaus gehenden Tagen handelt es sich um unterrichtsfreie Tage, was aber nicht bedeutet, dass die Lehrkräfte hierüber frei verfügen können. Denn Ferienzeiten, die über den Urlaubsanspruch hinausgehen, dienen der Fort- und Weiterbildung, der Vor- und Nachbereitung des Unterrichts sowie der Wahrnehmung anderer dienstlicher Verpflichtungen, z.B. der organisatorischen Vorbereitung des neuen Schuljahres. Die Lehrer und Lehrerinnen müssen sich zur Dienstleistung für schulische Aufgaben bereithalten, soweit dies für die organisatorische Vorbereitung des neuen Schuljahres erforderlich ist und vorher angekündigt ist.

Sind Lehrer oder Lehrerinnen sowie Lehramtsanwärter oder -anwärterinnen verhindert, ihren Dienstpflichten nachzukommen, so ist der Schulleiter oder die Schulleiterin unverzüglich unter Angabe des Grundes zu benachrichtigen.

In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall hat der klagende Lehrer unverzüglich nach dem für ihn ungünstigen Eilverfahren seinem Dienstherrn angezeigt, dass er, obwohl amtsärztlich für dienstfähig erkannt, erst nach dem Ende der Sommerferien wieder bereit ist, seinen dienstlichen Verpflichtungen nachzukommen.

Eine solche Erklärung lässt nur den Schluss zu, dass er nicht bereit war, die unterrichtsfreien Tage dazu zu nutzen etwaig anfallende dienstliche Verpflichtungen zu verrichten; mithin die Feststellung des Bezügeverlustes keine Überraschung darstellt.

Link zur Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.06.2016

Link zu § 9 Bundesbesoldungsgesetz