Blinde Arbeitnehmerin kann von Rentenversicherung Übernahme von Taxikosten verlangen
Blinde Arbeitnehmerin kann von Rentenversicherung Übernahme von Taxikosten verlangen

Seit 1976 ist die 55- jährige blinde Klägerin als Sachbearbeiterin tätig. Im Jahr 2011 wurde sie an einen neuen Arbeitsplatz in ein anderes Gebäude versetzt. Die für die Klägerin zuständige Krankenkasse bewilligte ihr ein Mobilitätstraining zur Bewältigung des neuen Arbeitsweges, welches sich auf eine bestimmte Bushaltestelle in der Nähe ihres neuen Arbeitsplatzes bezog. Ab Mitte des Jahres 2011 wurde diese Haltestelle von Linienbussen nicht mehr angefahren. Die Klägerin konnte jetzt die für Sie in Frage kommenden Buslinien nur noch über eine Kreuzung zweier mehrspuriger und vielbefahrener Straßen oder über eine weiter entfernte und gleichfalls vom Arbeitsplatz durch eine mehrspurige Straße getrennte Alternativhaltestelle erreichen.

Beim Überqueren der Kreuzung akute Gefährdung der Klägerin


Da das Überqueren der Kreuzung mit Gefahren verbunden war, beantragte die Klägerin die Übernahme von Taxikosten für ihre Arbeitswege beim Rentenversicherungsträger. Dieser Antrag wurde von dem Rentenversicherungsträger abgelehnt. Begründet wurde die Ablehnung damit, dass derer Klägerin die Benutzung von Bussen zumutbar sei. Im Übrigen wurde der Klägerin eine Überprüfung in Aussicht gestellt, ob ein erneutes Mobilitätstraining erforderlich sei.

Rentenversicherungsträger zur Übernahme der Taxikosten verpflichtet

Nachdem der Rentenversicherungsträger das Begehren der Klägerin negativ beschied, erhob sie Klage beim zuständigen Sozialgericht (SG). Die Anrufung des SG war erfolgreich.

Nach Augenscheinseinnahme unter Beteiligung eines Sachverständigen kam die 14. Kammer des SG Mannheim zu dem Schluss, dass die Klägerin die in der Nähe ihres Arbeitsplatzes gelegene Bushaltestelle nur unter akuter Gefährdung von Leib und Leben erreichen könne. Auch die Alternativhaltestelle, so das SG, sei für die Klägerin nur nach erfolgreicher Durchführung eines Mobilitätstrainings erreichbar. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, das die Fähigkeit der Klägerin, die berufliche Tätigkeit weiter auszuüben, erheblich gefährdet sei. Um diese Gefährdung abzuwenden, wurde der Rentenversicherungsträger verpflichtet, bis zur erfolgreichen Absolvierung eines Mobilitätstrainings die anfallenden Taxikosten zu übernehmen. Soweit dem beklagten Rentenversicherungsträger Ermessen zustehe, sei dieses zu Gunsten der Klägerin so weit eingeschränkt, dass keine andere Entscheidung als die Bezuschussung der Taxikosten in Betracht komme.

Die Entscheidung des SG Mannheim ist rechtskräftig!                                                                                                                  

Anmerkung:

Auf die Möglichkeit den Rentenversicherungsträger zur Übernahme der Taxikosten für Arbeitswege eines blinden Versicherten zu verpflichten, wenn dessen Arbeitswege eine akute Gefahr für Leib und Leben mit sich bringen, ist – soweit ersichtlich – bisher selten, wahrscheinlich gar nicht, Gebrauch gemacht worden.

Die in Rechtskraft erwachsene Entscheidung des SG Mannheim ist begrüßenswert und sollte für die Mitbürger*innen die erblindet sind und einer rentenversicherungspflichtigen Tätigkeit nachgehen, dann Anlass sein, Leistungen der Rentenversicherung in Anspruch zu nehmen, wenn deren Arbeitswege eine nicht unerhebliche Gefährdung für Leib und Leben mit sich bringen.

Download:

Auszug aus der Pressemitteilung - Jahrespresseerklärung des Sozialgericht Mannheim - vom 29. JULI 2014