Zu der Frage, ob Ärzte*innen im Nebenjob eine selbstständige oder sozialversicherungspflichtige Tätigkeit ausüben, hat das Bundessozialgericht (BSG) in mehreren Verfahren eine klare und letztendlich auch für vergleichbare Fälle verbindliche Antwort gefunden. Bei einer solchen Tätigkeit handele es sich, entgegen der Annahme der für die Notdienste verantwortlichen Arbeitgeber, die von einer Selbstständigkeit der im Nebenjob tätigen Ärzte*innen ausgingen, um eine versicherungspflichtige Tätigkeit.

Beruflich selbstständig ist nur, wer keinem Direktionsrecht unterliegt, in keine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist und seine Arbeitszeit frei bestimmen kann. Diese Voraussetzungen waren aber bei den vom BSG entschiedenen Fällen offenkundig nicht gegeben, wie sich dies aus dessen Entscheidungen ergibt.

Wer in einen Betrieb eingegliedert ist, unterfällt der Sozialversicherungspflicht

Ausschlaggebend für die Entscheidungen sei, so das BSG, dass die Ärzte*innen während ihrer Tätigkeit als Notärzte*innen in den öffentlichen Rettungsdienst eingegliedert waren. Sie unterlagen zum Beispiel der Pflicht, sich während des Dienstes in örtlicher Nähe des Notarztfahrzeuges aufzuhalten. Des Weiteren mussten sie in der Lage sein, nach einer Einsatzalarmierung durch die Leitstelle, innerhalb einer bestimmten Zeit auszurücken. Dabei, so das Gericht, sei es unerheblich, dass dies durch öffentlich-rechtliche Vorschriften vorgegeben wurde. Zudem nutzten die Notärzte überwiegend fremdes Personal und Rettungsmittel. Dass es sich dabei in einem Fall nicht um Rettungsmittel des betroffenen Landkreises als Arbeitgeber, sondern der Stadt handelte, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Denn Eigenmittel im wesentlichen Umfang setzte der Arzt nicht ein.

Keine Anhaltspunkte für eine selbstständige Tätigkeit

Anhaltspunkte für eine selbstständige Tätigkeit, der im Nebenjob notärztlichen Dienst versehenden Ärzte*innen, fielen nicht entscheidend ins Gewicht. Angesichts der Vereinbarungen und der tatsächlichen Durchführung des Dienstes, sei die Annahme der an den Verfahren beteiligten Ärzte, dass es sich hierbei um eine selbstständige bzw. freiberufliche Tätigkeit handelt, irrelevant.

Überdies, so das BSG, hätten die Ärzte*innen nur dadurch ihren Verdienst vergrößern und damit unternehmerisch tätig werden können, indem sie mehr Dienste übernahmen. Hiervon aber konnte in den entschiedenen Fällen nicht ausgegangen werden. Denn während der einzelnen Dienste hatten sie insbesondere aufgrund ihrer Eingliederung in eine fremde Organisation keine Möglichkeit, ihren eigenen Gewinn durch unternehmerisches Handeln zu steigern.

Keine Entscheidung über Nachforderungen von Versicherungsbeiträgen

Da die Frage, ob Sozialversicherungsbeiträge nachzufordern sind, nicht Gegenstand der Verfahren waren, bedurfte es keines Eingehens auf § 23c Absatz 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch IV, der folgendes beinhaltet.

(2) Einnahmen aus Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst sind nicht beitragspflichtig, wenn diese Tätigkeiten neben

1.  einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes ausgeübt werden


Hier finden Sie die Terminberichte des Bundessozialgerichts vom 20. Oktober 2021 in den am 19. Oktober 2021 entschiedenen Sachen B 12 KR 29/19 R, B 12 R 9/20 R, B 12 R 10/20 R -:

Rechtliche Grundlagen