Bei Lücken im Kontenverlauf, Kontenklärung beantragen
Bei Lücken im Kontenverlauf, Kontenklärung beantragen

Mit Urteil vom 17. Juni 2016 kam die 10. Kammer des Sozialgerichts Mainz zu dem Ergebnis, dass Rentenantragsteller, die aufgrund ihrer Ausbildungszeit früher in Rente gehen möchten, im Zweifelsfall gegenüber der Rentenversicherung zu beweisen haben, dass während der Ausbildung auch tatsächlich Rentenbeiträge gezahlt worden sind.

Nachweis eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses reicht nicht

Die Glaubhaftmachung eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ist nach Auffassung des Gerichts nicht ausreichend. Vielmehr müsse, so die Richter*innen des Sozialgerichts, konkret die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge nachgewiesen werden. Das sei auch Jahrzehnte später nicht unzumutbar.

Die Anerkennung einer nicht abgeschlossenen Ausbildung zum Raumausstatter in den Jahren 1969 bis 1972 begehrte der 1954 geborene Kläger von der beklagten Deutschen Rentenversicherung (DRV) Rheinland-Pfalz, um zu einem früheren Zeitpunkt in Rente gehen zu können. Er konnte der DRV zwar eine Bestätigung der Kreishandwerkerschaft über den Abschluss des Ausbildungsvertrags vorlegen, aber keine Unterlagen, die die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen belegen konnten.

Ohne Erfolg forschte die Beklagte daraufhin bei den betroffenen Krankenkassen, der DRV Hessen und der DRV Bund nach. Sodann lehnte sie die Anerkennung der Zeiten ab. Auch aus der Bestätigung der Kreishandwerkerschaft ergebe sich nicht, dass dem Kläger damals eine Ausbildungsvergütung gezahlt worden sei und dass Sozialversicherungsbeiträge abgezogen worden seien.

Kläger macht geltend, dass DRV Unmögliches von ihm verlangt

Mit seiner hiergegen gerichteten Klage machte der Kläger geltend, dass Unmögliches von ihm verlangt werde. Er habe keinerlei weitere Unterlagen mehr für diesen Zeitraum, da nur der Arbeitgeber über Unterlagen über die Abführungen von Sozialabgaben verfüge. Er könne lediglich Zeugen für die Ausbildung benennen.

Sozialgericht bezieht sich auf Rechtsprechung des BSG

Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) stellte das Mainzer Sozialgericht fest, dass der Kläger keinen Anspruch auf Anerkennung der Ausbildungszeiten hat.

Es sei zwar davon auszugehen, dass er die geltend gemachte Ausbildung seinerzeit tatsächlich absolviert hat. Hiermit genügt er aber nicht seiner Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Zahlung der Rentenbeträge durch den Ausbildungsbetrieb.

Nach der Rechtsprechung des BSG führe die Glaubhaftmachung eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht dazu, dass damit auch die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen glaubhaft gemacht ist. Nach Auffassung des Sozialgerichts muss beides getrennt beurteilt werden. Das Sozialgericht wies die Klage ab.

Arbeitnehmer müssen die Zahlung von Rentenbeiträgen während der Ausbildung beweisen

Da sich für die Abführung der Beiträge von einer Ausbildungsvergütung sich im Fall des Klägers keine Beweise mehr finden ließen, gehe diese Nichterweislichkeit zu seinen Lasten.

Von ihm werde insoweit nichts Unmögliches verlangt. So könnten Versicherte die Abführung der Beiträge etwa durch alte Korrespondenz mit den Kranken- oder Rentenversicherungsträgern, durch alte Gehaltsabrechnungen oder Kontoauszügen oder durch die Benennung von Zeugen glaubhaft machen.


Anmerkung:

Wer einen Rentenversicherungsverlauf erhält, oder einen solchen zum Beispiel bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) angefordert hat, was problemlos Online bei der Deutschen Rentenversicherung erfolgen kann, der sollte diesen überprüfen und nicht im Hinblick auf dessen Umfang erschrecken und ungeprüft abheften, was offenkundig häufig geschieht.

Gerade der vom Sozialgericht Mainz entschiedene Fall zeigt einmal mehr, dass niemand darauf vertrauen sollte, dass seitens des Rentenversicherungsträgers alle Rentenzeiten erfasst wurden.

Überprüfen Sie Ihre Beitragszeiten

In der Regel werden Rentenzeiten vom Rentenversicherungsträger elektronisch übermittelt. Doch immer wieder tauchen Lücken im Kontenverlauf auf. Die Anerkennung von Kindererziehungs- und Schulzeiten müssen gesondert beantragt werden, da diese Zeiten nicht automatisch gemeldet werden.
Ältere Versicherte sollten sich den Kontenverlauf vor 1972 besonders aufmerksam anschauen, da erst ab diesem Zeitpunkt die automatische Datenübermittlung erfolgte!
Wenn Sie anhand des Versicherungsverlaufs feststellen, dass Zeiten fehlen oder zu niedrige Beträge erfasst sind, müssen Sie handeln.
Fehlerhafte Beträge entstehen ab und zu durch sog. Zahlendreher. Beispiel: Tatsächlicher Jahresverdienst: 31.000 Euro, ausgewiesener Jahresverdienst im Kontenverlauf: 13.000 Euro.

Kontenklärung beantragen!

Die Kontenklärung dient dazu, Ihren individuellen Beitragsverlauf vom Rentenversicherungsträger vollständig feststellen zu lassen. Außerdem kann der Rentenversicherungsträger nur aus geklärten Konten Auskunft über Ihre zukünftige Rente erteilen. Diese Unterlagen brauchen Sie:

  • Personalausweis oder Reisepass
  • ggf. Vertriebenenausweis oder Spätaussiedlerbescheinigung
  • ggf. Urkunde über Namensänderung
  • ggf. Registrierschein 


Sollten Sie feststellen, dass Versicherungszeiten nicht gespeichert werden, legen Sie dem Rentenversicherungsträger entsprechende Nachweise über die nicht gespeicherten Versicherungszeiten vor, wie zum Beispiel:

  • Schul-, Fachschul- und Hochschulzeiten nach Vollendung des 17. Lebensjahres· Berufsausbildungszeiten· Beschäftigungszeiten, freiwillige Beitragsleistungen
  • Wehrdienst-/Zivildienstzeiten
  • Anrechnungszeiten durch Arbeitsunfähigkeit, Schwangerschaft, Mutterschaft, Arbeitslosigkeit
  • Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten
  • Rentenbezugszeiten
  • ggf. ausländische Versicherungsunterlagen oder -nummern

Gleichen Sie den Versicherungsverlauf mit Ihren Unterlagen ab, füllen Sie den Antrag auf Kontenklärung aus und schicken diesen zusammen mit beglaubigten Kopien von Nachweisen über die nicht gespeicherten Zeiten an den Rentenversicherungsträger zurück.

Anträge zur Kontenklärung finden Sie direkt hier bei der Deutschen Rentenversicherung


Kopien einzureichender Versicherungsunterlagen werden für Rentenzwecke kostenlos von den öffentlichen Versicherungsämtern beglaubigt

Wenn Sie keine Nachweise mehr besitzen, schicken Sie dennoch die Antragsvordrucke an den Rentenversicherungsträger. In diesem Fall wird der Rentenversicherungsträger entsprechende Ermittlungen einleiten.

Akzeptiert der Rentenversicherungsträger die von Ihnen beantragten Zeiten, ergänzt er dementsprechend Ihr Versicherungskonto. Abschließend erlässt er einen Bescheid, mit dem alle Zeiten, die mehr als sechs Jahre zurückliegen, verbindlich feststellt werden. Dies bedeutet, dass die Rentenversicherung davon ausgeht, dass Ihr Konto vollständig gespeichert ist und keine weiteren Ermittlungen zu eventuellen Fehlzeiten mehr erforderlich sind.



Hier geht es zur Pressemitteilung des Sozialgerichts Mainz (zum Urteil vom 17.6.2016, Az.: S 10 R 511/14) vom 12.08.2016