Kann durch Zolgensma® - Behandlung spinale Muskelatrophie gestoppt werden?. Copyright by Adobe Stock/Ewerton
Kann durch Zolgensma® - Behandlung spinale Muskelatrophie gestoppt werden?. Copyright by Adobe Stock/Ewerton

Der bei der Antragsgegnerin (Krankenkasse) über die Familienversicherung versicherte, 13 Monate alte Antragsteller leidet an spinaler Muskelatrophie  (SMA). Die Prognose des Erkrankungsverlaufs ist ungünstig.
 
Innerhalb der ersten beiden Lebensjahre versterben die meisten Patienten infolge von Ateminsuffizienz.
 
Bisher wurde das Kind mit Spinraza® behandelt. Durch diese lebenslang zu verabreichenden Injektionen fallen pro Jahr ca. 285.000 Euro an, die von der zuständigen Krankenkasse übernommen wurden. Die Therapie mit Spinraza® ist wegen erforderlicher Lumbalpunktionen und Sedierungen mit Risiken behaftet.
 
Im Mai 2020 hat die  Europäische Kommission dem Gentherapeutikum Zolgensma® die bedingte Zulassung zur Behandlung der seltenen Erbkrankheit erteilt.
 
Hierbei handelt es sich um ein Arzneimittel für Kinder mit SMA, das den Muskelschwund bremsen, die motorische Entwicklung verbessern und das Leben der Betroffenen verlängern soll. Es gilt als teuerstes Arzneimittel weltweit. Ein einmalige Injektion kostet ca. 2 Millionen Euro.
 
Der Antrag auf Übernahme dieser Kosten im Rahmen einer Krankenhausbehandlung wurde von der Antragsgegnerin abgelehnt.
 

Sozialgericht versagt Anspruch auf begehrte Leistung

Gegen die Entscheidung der Krankenkasse wandte sich der Antragsteller im Rahmen eines beim Sozialgericht (SG) Detmold anhängig gemachten Eilverfahrens. Mit Beschluss vom 13.8.2020 lehnte das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass kein Anordnungsanspruch bestehe.
 
Gegen den Beschluss des SG legte der Antragsteller beim Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen Beschwerde ein.
 

Keine Mehrkosten für Versorgung mit Zolgensma®

Zu einem anderen Ergebnis als das SG Detmold kam das LSG Nordrhein-Westfalen.
 
In dem Beschwerdeverfahren stellten die Richter*innen des LSG nun fest, dass nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens im konkreten Einzelfall der geltend gemachte Anspruch bestehe. Es sei davon auszugehen, dass der Antragsteller im Hauptsacheverfahren voraussichtlich obsiegen werde. Denn nach den glaubhaften Angaben des behandelnden Arztes sei die Therapie indiziert und erfolgversprechend. Entgegen der Annahme der Antragsgegnerin, habe die Behandlung mit Spinraza® weder eine bessere Kosten-Nutzen-Relation, noch stehe fest, dass die Behandlung mit Zolgensma® überhaupt zu Mehrkosten führe.
 
Entgegen der Annahme der Antragsgegnerin sei für die Behandlung mit Zolgensma®  auch der stationäre Krankenhausaufenthalt erforderlich. Denn deren Ziel könne nicht durch teil-, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung erreicht werden. Neben dem behandelnden Arzt gehe sowohl der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) als auch die Gesellschaft für Neuropädiatrie davon aus, dass die Gabe von Zolgensma® ein stationäres Setting in zertifizierten Zentren erfordere und nicht ambulant erfolgen könne.
 

Einstweiliger Rechtsschutz zwingend eilbedürftig

Da das Erreichen der Grenze für eine sinnvolle Therapie in Anbetracht von Alter und Gewicht des Antragstellers unmittelbar bevorstehe, sei die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes eilbedürftig. Zudem könne der Antragsteller wegen der erforderlichen Lumbalpunktionen und Sedierungen sowie der damit einhergehenden Risiken nicht mehr zumutbar auf Spinraza® verwiesen werden.
 
 
Hier finden Sie die Entscheidung des Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen vom 28.9.2020