Begrenzter Krankenversicherungsschutz bei Türkei-Urlaub.
Begrenzter Krankenversicherungsschutz bei Türkei-Urlaub.

Der gesetzliche Normalfall

Das Sozialgesetzbuch V sieht unter anderem vor, dass der „… Anspruch auf Leistungen ruht, solange sich Versicherte … sich im Ausland aufhalten, und zwar auch dann, wen sie dort während eines vorübergehenden Aufenthalts erkranken …

Unter diese Vorschrift fällt auch ein Urlaubsaufenthalt im Ausland. 

Liegt das Urlaubsziel beispielsweise innerhalb der Europäischen Union oder in der Schweiz, sieht das Sozialgesetzbuch V grundsätzlich vor, dass sich Versicherte dort behandeln lassen können. Die Kosten bekommen sie von ihrer deutschen Krankenkasse erstattet. Soweit eine Krankenhausbehandlung erforderlich ist, muss die deutsche Krankenkasse aber vorher zustimmen.

Der Ausnahmefall „Türkei“

Die Türkei ist nicht Mitglied der Europäischen Union. Eine Kostenerstattung kommt also nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches V nicht in Betracht. Aber zwischen der Türkei und Deutschland besteht ein Sozialversicherungsabkommen. Danach - so das Landessozialgericht Hessen in einer Entscheidung vom 19.10.2017 - „… stehen Versicherten medizinische Leistungen zu, soweit sie diese während eines vorübergehenden Aufenthaltes in der Türkei während ihres Gesundheitszustandes sofort benötigen.“

Der Streitfall

Während eines Türkeiurlaubs bekam ein 12-jähriges Mädchen eine Magen-Darm-Entzündung. Ein Krankenwagen brachte sie in eine 2,7 km entfernte Privatklinik. Diese Klinik verlangte von der Mutter für die Behandlung umgerechnet knapp 

2.300 €. Diesen Betrag wollte die Frau von ihrer deutschen Krankenkasse ersetzt haben. Wäre die Behandlung statt in der Privatklinik in dem 12 km entfernten Krankenhaus erfolgt, wären lediglich Kosten in Höhe von umgerechnet ca. 370 € entstanden. Diesen Betrag erstattete die Krankenkasse. Die Frau erhob Klage mit dem Ziel, auch den Restbetrag zu erhalten.

Die Entscheidung

Das Landessozialgericht Hessen vertritt die Auffassung, dass Versicherten, die in der Türkei erkranken, lediglich einen Anspruch auf die Leistungen haben, die nach dem türkischen Krankenversicherungssystem vorgesehenen sind. Statt einer fünfminütigen Fahrt in die Privatklinik sei dem Kind ein sechzehnminütiger Transport in ein staatliches Krankenhaus zuzumuten gewesen. Dies gelte umso mehr, als ein Notarzt die Kranke bereits während der Fahrt betreut habe.

Die Mutter des Kindes bekommt deshalb die über 370 € hinaus gehenden Kosten nicht erstattet.

Hier geht es zur Pressemitteilung des Hessischen Landesozialgerichts vom 06.11.2017

Rechtliche Grundlagen

§ 16 Sozialgesetzbuch V

§ 16 SGB V
Ruhen des Anspruchs
(1) 1Der Anspruch auf Leistungen ruht, solange Versicherte
1. sich im Ausland aufhalten, und zwar auch dann, wenn sie dort während eines vorübergehenden Aufenthalts erkranken, soweit in diesem Gesetzbuch nichts Abweichendes bestimmt ist,
2. Dienst auf Grund einer gesetzlichen Dienstpflicht oder Dienstleistungen und Übungen nach dem Vierten Abschnitt des Soldatengesetzes leisten,
2a. in einem Wehrdienstverhältnis besonderer Art nach § 6 des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes stehen,
3. nach dienstrechtlichen Vorschriften Anspruch auf Heilfürsorge haben oder als Entwicklungshelfer Entwicklungsdienst leisten,
4. sich in Untersuchungshaft befinden, nach § 126a der Strafprozeßordnung einstweilen untergebracht sind oder gegen sie eine Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung vollzogen wird, soweit die Versicherten als Gefangene Anspruch auf Gesundheitsfürsorge nach dem Strafvollzugsgesetz haben oder sonstige Gesundheitsfürsorge erhalten.
2Satz 1 gilt nicht für den Anspruch auf Mutterschaftsgeld.
(2) Der Anspruch auf Leistungen ruht, soweit Versicherte gleichartige Leistungen von einem Träger der Unfallversicherung im Ausland erhalten.
(3) 1Der Anspruch auf Leistungen ruht, soweit durch das Seearbeitsgesetz für den Fall der Erkrankung oder Verletzung Vorsorge getroffen ist. 2Er ruht insbesondere, solange sich das Besatzungsmitglied an Bord des Schiffes oder auf der Reise befindet, es sei denn, das Besatzungsmitglied hat nach § 100 Absatz 1 des Seearbeitsgesetzes die Leistungen der Krankenkasse gewählt oder der Reeder hat das Besatzungsmitglied nach § 100 Absatz 2 des Seearbeitsgesetzes an die Krankenkasse verwiesen.
(3a) 1Der Anspruch auf Leistungen für nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherte, die mit einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für zwei Monate im Rückstand sind und trotz Mahnung nicht zahlen, ruht nach näherer Bestimmung des § 16 Abs. 2 des Künstlersozialversicherungsgesetzes. 2Satz 1 gilt entsprechend für Mitglieder nach den Vorschriften dieses Buches, die mit einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für zwei Monate im Rückstand sind und trotz Mahnung nicht zahlen, ausgenommen sind Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach den §§ 25 und 26 und Leistungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind; das Ruhen endet, wenn alle rückständigen und die auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beitragsanteile gezahlt sind. 3Ist eine wirksame Ratenzahlungsvereinbarung zu Stande gekommen, hat das Mitglied ab diesem Zeitpunkt wieder Anspruch auf Leistungen, solange die Raten vertragsgemäß entrichtet werden. 4Das Ruhen tritt nicht ein oder endet, wenn Versicherte hilfebedürftig im Sinne des Zweiten oder Zwölften Buches sind oder werden.
(4) Der Anspruch auf Krankengeld ruht nicht, solange sich Versicherte nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit mit Zustimmung der Krankenkasse im Ausland aufhalten.