DAK Gesundheit verweigert Kostenübernahme für Blindenhund
DAK Gesundheit verweigert Kostenübernahme für Blindenhund


Mit Urteil vom 21.11.2017 hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen entschieden, dass eine Gehbehinderung aufgrund einer MS-Erkrankung grundsätzlich kein Hindernis für eine Versorgung mit einem Blindenführhund ist.

Gehbehinderte beantragt Blindenhund

Die 73-jährige Klägerin war bisher mit einem Blindenlangstock und einem Rollator versorgt. Aufgrund einer Kombination aus Gehbehinderung und Blindheit hatte sie Schwierigkeiten Eingänge, Briefkästen, Geschäfte und Straßenüberquerungen zu finden.

Deshalb beantragte sie bei ihrer Krankenkasse, der DAK Gesundheit, die Übernahme der Kosten für einen Blindenhund. Sie begründete dies damit, dass auch körperbehinderte Menschen einen sogenannten Führhund am Rollator einsetzen könnten, wenn dieser entsprechend trainiert werde.

Die DAK Gesundheit hielt die Versorgung der Klägerin mit einem Blindenführhund für unwirtschaftlich. Schon wegen schwerwiegender körperlicher Erkrankungen könne die Klägerin keinen Blindenhund führen. Auch habe sie nicht die nötige Kondition und könne einen Hund auch nicht adäquat versorgen.

LAG: Kombination aus Rollator und Führhund technisch realisierbar und praktikabel

Das LSG verurteilte die DAK Gesundheit, der Klägerin den Blindenhund zu bewilligen. Mit dieser Entscheidung setzte das Gericht seine Rechtsprechung zur Mehrfachbehinderung bei Blindheit fort.
 

Im Einzelnen führte das Berufungsgericht aus, dass es für die Versorgung mit einem Hilfsmittel in Form eines Blindenhundes auf die medizinische Versorgungsnotwendigkeit im Einzelfall ankomme. Hierzu hat das Gericht Gutachten von Ärzten und Hundeführern eingeholt. Ein Langstock war nach Gutachterauffassung nicht ausreichend nutzbar, da die Klägerin zugleich eine Gehhilfe halten musste. Praktikabel sei jedoch eine Kombination aus Rollator und Führhund, denn diese sei technisch realisierbar.

Der Auffassung der beklagten Krankenkasse, wonach die Klägerin nicht imstande sei, einen Hund adäquat zu versorgen, vermochte das LSG nicht zu folgen. Denn die Gutachter bescheinigten der Klägerin eine ausreichende körperliche Grundkonstitution und die Fähigkeit zur Versorgung eines Hundes. Da die Krankenkasse dies trotz vier anderslautender Gutachten bis zum Tag der Verhandlung in Zweifel zog, überzeugte sich das Gericht auch selbst durch einen Gehversuch auf dem Gerichtsflur.

Gerichtlicher Hinweis auf Pflicht zur humanen Krankenbehandlung hin

Das Gericht sah sich veranlasst, die DAK Gesundheit an ihre Pflicht zur humanen Krankenbehandlung zu erinnern, da diese im Vorfeld zum Verhandlungstermin bei der Hundeschule angerufen hatte um sie von der körperlichen Ungeeignetheit der Klägerin zu überzeugen und die Realisierung des Leistungsanspruchs zu behindern.

Hier finden Sie das vollständige Urteil des Landesozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 21.11.2017 - L 16/1 KR 371/15

Das sagen wir dazu:

DAK Gesundheit wird auf ihre Bindung an Recht und Gesetz hingewiesen 

Die Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen ist begrüßenswert.

Von besonderen Interesse sind die Anmerkungen des LSG auf Seite 13 der Entscheidung, wo die DAK Gesundheit klar und unmissverständlich darauf hingewiesen wird, dass ihre Vorgehensweise offenkundig darauf ausgerichtet war, den von der Klägerin begehrten Anspruch zu verhindern.

Im Hinblick auf das positive Beweisergebnis durch insgesamt vier Gerichtsgutachten gebe das Verhalten der Beklagten Anlass, die Beklagte an ihre Bindung an Recht und Gesetz zu erinnern.

Die Beklagte hatte im Vorfeld der mündlichen Verhandlung in Kenntnis des aktuellen positiven Gutachtens von Dr. O. einen möglichen Leistungserbringer telefonisch kontaktiert. Dieser wiederum hatte sich mit der Gerichtssachverständigen Dr. N. in Verbindung gesetzt hat, um eine tatsächliche Realisierung des Anspruchs der Klägerin zu behindern..