Wer vom Weg abkommt, verliert den gesetzlichen Versicherungsschutz!
Wer vom Weg abkommt, verliert den gesetzlichen Versicherungsschutz!


Auf dem Heimweg von der Arbeitsstelle bremste eine Frau ihr Fahrzeug ab, um zu parken, weil sie eine SMS lesen wollte. Bei diesem Vorgang fuhr ein PKW von hinten auf. Hierbei zog sie sich Verletzungen zu.

Abbremsen um eine SMS zu lesen

 
Da die Gründe für den Bremsvorgang privater Natur gewesen seien, lehnte die Berufsgenossenschaft (BG) die Anerkennung eines Wegeunfalls ab. Die Klage beim Sozialgericht (SG) Stuttgart hatte keinen Erfolg.
 
Die Richter*innen der 1. Kammer des Stuttgarter SG gingen ebenso wie die beklagte BG davon aus, dass für das Auslösen des Unfallgeschehens ein Vorgang rein privater Natur maßgebend gewesen sei.
 
Hierauf deute unter anderem hin, dass das fragliche Handy das private der Klägerin war. Um die eingegangene SMS lesen zu können, habe sie eine an der Straße gelegene Parkbucht angesteuert. Nachdem sie blinkte, habe sie abgebremst und sei dann von einem auffahrenden Fahrzeug gerammt worden Die Ärzte diagnostizierten die Prellung von zwei Fingern sowie den Verdacht auf eine Distorsion der Halswirbelsäule.
 

Unfallursache privatwirtschaftlicher Natur


Diese Verletzungsfolgen seien aber nicht infolge des Zurücklegens des versicherten Weges aufgetreten, argumentierten die Richter*innen.

Indem sie ihr Fahrzeug angehalten habe, habe die Frau selbst die "maßgebliche und unmittelbare Wirkursache" für den Unfall gesetzt. Nach Feststellungen des Gerichts war der Beweggrund dafür rein privatwirtschaftlicher Natur. Konkret bedeutet das: "Die Klägerin hat ihr Fahrzeug bis zum Stand abgebremst, um über die Gegenfahrbahn in eine Parkbucht zu fahren, wo sie auf ihrem privaten Handy eine SMS lesen wollte."

Den Einwand der Klägerin, dass es sich um eine dienstliche SMS hätte handeln können, war für die Richter*innen nicht ausreichend, um einen möglichen Versicherungsschutz zu bejahen. Im Übrigen konnte ein solcher Nachweis nicht mehr erbracht werden. Da das Handy beim Unfall zerstört wurde und die Klägerin den Inhalt der SMS nicht zur Kenntnis nehmen konnte, blieb der Inhalt ungeklärt.


Hier geht es zur Pressemitteilung des Sozialgerichts Stuttgart vom 28.09.2016:

Das sagen wir dazu:

Wegeunfälle sind versichert, aber wer vom Weg abkommt, verliert den Schutz!

Wegeunfälle


Wegeunfälle sind Unfälle auf dem direkten Weg zur Arbeit oder zurück. In der Regel beginnt dieser mit dem Verlassen des Wohnhauses und endet mit dem Erreichen der Arbeitsstätte.

Der Versicherungsschutz besteht auf dem direkten Weg und auf Umwegen, die notwendig werden,

  • um Kinder während der Arbeitszeit unterzubringen,
  • bei Fahrgemeinschaften,
  • bei Umleitungen oder
  • weil der Arbeitsplatz über einen längeren Weg zügiger erreicht werden kann.

 

Kein Versicherungsschutz besteht zum Beispiel

 

  • während einer Unterbrechung des Weges (z. B. Einkauf)
  • bei Umwegen, die aus privaten Gründen erfolgen
  • in der Regel bei Abwegen (d. h. bei Wegen, die nicht in Richtung Wohnung oder Arbeitsstätte führen)
  • Wichtig: Wird der Weg aus privaten Gründen länger als zwei Stunden unterbrochen, steht der restliche Weg nicht mehr unter Versicherungsschutz!


Bei den Wegeunfällen prüfen die Berufsgenossenschaften ihre Eintrittspflicht besonders kritisch.

Bei der Prüfung, ob von einem sogenannten Wegeunfall auszugehen ist, wird immer auf den unmittelbaren Weg zwischen Wohnung und Betrieb abgestellt. Nur in Ausnahmefällen sind Unterbrechungen oder Abweichungen von diesem Weg versichert. Umwege und Abweichungen vom direkten Weg bergen für die Arbeitnehmer*innen das Risiko des Verlustes des Versicherungsschutzes.