Tödlicher Wegeunfall: Beim Überqueren von Bahngleisen von Rangierlok erfasst
Tödlicher Wegeunfall: Beim Überqueren von Bahngleisen von Rangierlok erfasst


Mit Urteil vom 8. Januar 2018 hat das Thüringer Landessozialgericht (LSG) entschieden, dass der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung grundsätzlich nur für den direkten Weg zwischen der Arbeitsstätte und der Wohnung gilt. Kein Versicherungsschutz besteht jedoch für Um- bzw. Abwege. 

Ehemann und Tochter der Versicherten begehren Hinterbliebenenrente

Die Kläger sind der Ehemann und die Tochter der am 18. Juni 2014 tödlich verunglückten Versicherten. Die 1975 geborene Versicherte war im Schichtdienst als Fleischereifachverkäuferin beschäftigt. Am 17. Juni 2014 arbeitete sie von 10:00 bis 18.30 Uhr und am 18. Juni 2014 von 5:00 bis 13:00 Uhr. An diesem Tag befand sie sich auf dem Rückweg von der Arbeit in einer Regionalbahn. An ihrem Heimatbahnhof verpasste sie den Ausstieg und blieb im Zug in Richtung Erfurt. 

An der nächsten Haltestelle verließ sie die Regionalbahn und beabsichtigte sodann die Bahngleise zu überqueren, um den am gegenüberliegenden Bahnsteig bereitstehenden Gegenzug zu erreichen. Dabei telefonierte sie mit ihrer Tochter, der sie mitteilte, dass sie sich verspäten werde. Beim Überqueren der Bahngleise wurde sie von einer Rangierlok erfasst und verstarb wenig später an den Folgen der erlittenen Verletzungen.

Die Berufsgenossenschaft (BG) hat das Vorliegen eines Arbeitsunfalls verneint. Das Sozialgericht (SG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auch das Thüringer Landessozialgericht (LSG) bestätigte die Auffassung der Berufsgenossenschaft und des SG.

Beim Verlassen des direkten Wegs erlischt der Versicherungsschutz

Begründet wurde die Entscheidung des Berufungsgerichts damit, dass auf einem Um- bzw. Abweg kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung bestehe. Unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehe grundsätzlich der direkte Weg von der Arbeitsstätte zur Wohnung. 

Wenn sich ein Versicherter nicht auf direktem Weg in Richtung seiner Arbeitsstätte oder seiner Wohnung, sondern in entgegengesetzter Richtung von diesem Ziel fortbewege, befinde er sich auf einem sogenannten Abweg. Sobald der direkte Weg verlassen und der Abweg begonnen werde, bestehe daher kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung mehr. 

Erst wenn sich der Versicherte wieder auf dem direkten Weg befinde und der Abweg beendet sei, lebe der Versicherungsschutz wieder auf. Anhaltspunkte dafür, dass das Abweichen von dem direkten Weg ausnahmsweise in den Schutz der Wegeunfallversicherung einzubeziehen sei habe das LSG nicht feststellen können.

Hier geht es zum vollständigen Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 08.01.2018

Das sagen wir dazu:

                         Wegeunfall auf dem Arbeitsweg

  • Der Arbeitsweg gilt als der kürzeste Weg von der Haustür zum Arbeitsplatz, es gibt jedoch auch Ausnahmen. Bedeutet beispielsweise die Anfahrt über die Autobahn eine längere Strecke, kann aber in kürzerer Zeit zurückgelegt werden, wird dies anerkannt.
  • Der Arbeitsweg beginnt erst mit dem Verlassen der Haustür, nicht bereits an der Wohnungstür. Ein Unfall im Treppenhaus bedeutet noch keinen Wegeunfall, erst das Straucheln auf dem Bürgersteig.

Rechtliche Grundlagen

§ 8 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VII

§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII
Versicherte Tätigkeiten sind auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Wegs nach und von dem Ort der Tätigkeit.