Arbeitnehmer sind bei Ihrer Arbeit, bei Dienst und Arbeitswegen gegen Unfälle versichert.

Ein Arbeitsunfall, der zu einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen führt, muss der Berufsgenossenschaft gemeldet werden. 

Wann liegt ein Arbeitsunfall vor?

Im Juristendeutsch versteht man unter einem Unfall ein „zeitlich begrenztes Ereignis, welches von außen auf den Körper einwirkt und zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt.“

Fällt also einem / einer Arbeitnehmer*in während der beruflichen Tätigkeit ein Backstein auf dem Kopf, dürfte ein Arbeitsunfall vorliegen und die Berufsgenossenschaft zur Zahlung von Leistungen verpflichtet sein.

Aber vor der Zahlung kommt der Papierkram und somit die Unfallanzeige bzw. die Fragen der Berufsgenossenschaft. Und hier lauern Fallstricke.

Ausgerutscht wegen innerer Leere im Bein

Nehmen wir folgenden Fall, der sich ähnlich zugetragen hatte: Ein Arbeitnehmer ist auf dem direkten Weg zur Arbeit auf der glitschigen Treppe des Bahnhofs ausgerutscht und hingefallen. Dabei hatte er sich verletzt.

Eigentlich eine klare Sache, aber leider hat der Arbeitnehmer sich bei seinen Angabe zu gewählt ausdrücken wollen:

„Mein linkes Bein hatte auf der Treppe nach unten noch Kontakt mit der Treppenstufe, als ich im rechten Bein, welches ich bereits gehoben hatte um den nächsten Schritt zu setzen, eine innere Leere verspürte und dieses Bein daher nicht auf die Treppenstufe aufsetzen konnte. Da mein  Oberkörper bereits einen Überhang nach vorne hatte, fiel ich die Treppe nach vorne.“.


Bei dieser detaillierten Schilderung lehnte die Berufsgenossenschaft die Zahlung ab. 

Kein Arbeitsunfall bei innerer Ursache

Denn die Berufsgenossenschaft muss nicht zahlen, wenn der Unfall durch eine innere Ursache, beispielsweise einen Herzinfarkt oder Kreislaufkollaps, ausgelöst wurde. Ein Unfall setzt gerade ein äußeres Einwirken voraus.

Und genau hier hat die Berufsgenossenschaft angesetzt. Sie kam zu dem Ergebnis, dass der Unfall durch die innere Leere im Bein - etwas wie eine Muskelschwäche - zum Sturz führte und somit kein von außen einwirkendes Ereignis vorlag.

In diesem Fall hatte die Berufsgenossenschaft auch noch vorgetragen, dass der Arbeitnehmer erst nach einer rechtlichen Beratung den Unfallhergang anders dargestellt habe, der ursprünglichen Version aber mehr zu glauben sei. Sie sei „unfallnäher“ und daher frischer und glaubwürdiger.

Wanken oder Stolpern?

Die DGB Rechtsschutz GmbH hatte sich mit einem weiteren interessanten Fall zu beschäftigen: Ein Arbeitnehmer stürzte während der Arbeit und verletzte sich unter anderem am Kopf. Neben der blutenden Kopfverletzung war ihm danach, wegen des Schlages auf den Kopf, auch noch schwindelig.

Im Verbandbuch schrieb er direkt nach dem Unfall, dass er „vor dem Fußgängerüberweg ins Wanken gekommen, dann gegen den Rammschutz gekommen und auf die Staplergasse gefallen ist.“.

Zuerst also ein Wanken, dann das Stolpern! Natürlich hat auch hier die Berufsgenossenschaft angenommen, der Arbeitnehmer sei aufgrund einer Ursache gestürzte und verweigerte folglich die Leistungen.

Das Verfahren konnte gewonnen werden. Denn wir konnten darlegen, dass der Arbeitnehmer durch seinen Sturz so benommen war, dass er die Reihenfolge falsch aufgeschrieben hatte und auch die Wortwahl nicht so ausgelegt werden kann, dass hier eine innere Ursache vorlag.

Besonders „böse“ an diesem Verfahren war, dass der Arbeitnehmer als Betriebssanitäter für einen Kollegen ein Medikament holte, als er stürzte. Hier lenkte die Berufsgenossenschaft des „barmherzigen Samariters“ ein und gewährte die zustehenden Leistungen. Es hätte aber auch anders ausgehen können.

Auf die Formulierungen achten!

Bei den Schilderungen, wie ein Unfall passiert ist, sollte genau auf die Formulierung geachtet werden. Natürlich müssen diese der Wahrheit entsprechen. Doch ist darauf zu achten, dass diese der Berufsgenossenschaft nicht zu viel Interpretationsspielraum geben, um Leistungen zu versagen.

Lieber etwas weniger „umständlich “ sein, und sich gegebenenfalls rechtlichen Rat suchen.


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Im Praxistipp: § 8 Sozialgesetzbuch -SGB- VII (Arbeitsunfall)

Rechtliche Grundlagen

§ 8 Sozialgesetzbuch -SGB- VII (Arbeitsunfall)

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254)

§ 8 Arbeitsunfall

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.
(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch
1. das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2. das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a) Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b) mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
3. das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4. das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5. das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.
(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.