Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung
Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung

Mit Urteil vom 13.05.2016 hat das Sozialgericht Mainz entschieden, dass ein Jobcenter nur dann mit erfüllender Wirkung Leistungen erbringt, wenn die Zahlung auf das von dem Leistungsempfänger bestimmte Konto erfolgt. Eine anderweitige Auszahlung entfaltet keine Tilgungswirkung.

Betreuer der Klägerin teilt Jobcenter neue Kontonummer mit – Klägerin fordert Auszahlung der Leistungen per Scheck

Die Klägerin steht unter Betreuung. Die Vermögenssorge wurde dem Betreuer übertragen. Dies hatte zur Folge, dass sie nicht frei über ihre Angelegenheiten entscheiden konnte, da ihre Willenserklärungen unter dem Vorbehalt der Einwilligung ihres Betreuers standen. Nachdem der Betreuer dem beklagten Jobcenter eine neue Kontonummer mitgeteilt und um Überweisung der Leistungen auf dieses Konto gebeten hatte, nahm die Klägerin persönlich Kontakt zum Jobcenter auf, um ihre Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts per Scheck ausgezahlt zu bekommen. 

Jobcenter missachtet Mitteilung des mit der Vermögenssorge betrauten Betreuers der Klägerin 

Das Jobcenter, obwohl in Kenntnis darüber, dass die Vermögenssorge einem Betreuer übertragen wurde, zahlte der Klägerin fortan Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes per Scheck aus. 

Als der Betreuer der Klägerin feststellte, dass keinerlei Zahlungen auf dem von ihm verwalteten Konto eingegangen waren und in der Folge unter anderem auch keine Miete gezahlt werden konnte, wandte er sich im Namen der Klägerin an das Sozialgericht und forderte von dem Jobcenter die erneute Auszahlung der Leistungen.

An die Hilfebedürftige ausgezahlte Hilfeleistungen wurden nicht mit erfüllender Wirkung ausgezahlt

Entsprechend des Antrags des Betreuers verurteilte das Sozialgericht Mainz das beklagte Jobcenter zur erneuten Zahlung. 

Begründet wurde die Entscheidung damit, dass das beklagte Jobcenter die Leistungen nicht mit erfüllender Wirkung an die Klägerin ausgezahlt habe. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ("Hartz IV") seien auf das jeweilige Konto des Leistungsberechtigten zu überweisen. Dem Wunsch, die Leistungen auf ein neues Konto zu überweisen, sei nachzukommen. Da der Betreuer für die Klägerin die Zahlung auf ein bestimmtes Konto verlangt hatte, so die Richter*innen der  11. Kammer des Mainzer Sozialgerichts, sei die Zahlung per Scheck fehlerhaft erfolgt und habe keine Tilgungswirkung entfalten können. Eine Erfüllungswirkung sei auch nicht deshalb eingetreten, weil die Klägerin über die Leistungen tatsächlich habe verfügen können. Dies verhindere bereits der Umstand, dass die Klägerin unter einer Betreuung mit einem Einwilligungsvorbehalt steht. Denn hier mussten alle finanziellen Angelegenheiten vom Betreuer vorher genehmigt werden, so das Sozialgericht. Dies sei aber nicht geschehen.

Hier geht es zur Pressemitteilung des Sozialgericht Mainz vom 23.05.2016:


Anmerkung:

Der Entscheidung der Mainzer Sozialrichter*innen ist vollumfänglich zuzustimmen. Dem Jobcenter war bekannt, dass für die Klägerin ein Betreuer bestellt wurde, dem auch die Vermögenssorge übertragen wurde. Nach allgemeiner Auffassung gehört zur Vermögenssorge die Geltendmachung von Zahlungsansprüchen aller Art, die dem Betreuten zustehen. Das auch öffentlich-rechtliche Zahlungsansprüche zum Aufgabenkreis eines Betreuers gehören, so auch Sozialleistungen aller Art, wie Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Grundsicherungsleistungen usw., sollte eigentlich den Mitarbeiter*innen, die über die Gewährung von Sozialleitungen zu entscheiden haben, bekannt sein. Wenn aber nun ein Jobcenter unter Missachtung der Stellung des Betreuers meint, entgegen dessen Weisung, die der Klägerin zustehenden Grundsicherungsleistungen nicht auf ein von diesem bekannt gegebenes Konto überweisen zu müssen und die Leistungen per Scheck direkt an die Klägerin zahlt, so kann nur zu dem Ergebnis gekommen werden, dass keine Erfüllungswirkung eingetreten ist. 

Lesen sie auch unseren Beitrag: Rentenversicherung muss fehlgeleitete Rente erneut auszahlen