Keine Kostenübernahme für Klassenfahrt nach China. Copyright by chungking/fotolia
Keine Kostenübernahme für Klassenfahrt nach China. Copyright by chungking/fotolia

Zu dieser Problematik gibt es Entscheidungen des Bundessozialgerichts sowie des Sozialgerichts Stuttgart.

Der Fall beim Bundessozialgericht

Die Klasse des Klägers unternahm eine Kunststudienfahrt nach Florenz. Die Kosten dafür betrugen 719 Euro. Da der Kläger Teil einer Bedarfsgemeinschaft nach dem Sozialgesetzbuch II war, beantragte er, dass das Jobcenter diese Kosten in voller Höhe zu übernimmt.

Die Entscheidung des Jobcenters

Das Jobcenter verwies zunächst darauf, dass die Kostenübernahme auf 400 Euro begrenzt sei. Da die Kosten der Reise diesen Betrag übersteigen, lehne es den Antrag insgesamt ab. Der Kläger wandte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes an das Sozialgericht. In der Folge gewährte das Jobcenter die gesamten Reisekosten als Darlehen. Im Hauptsacheverfahren verfolgte der Kläger sein Ziel weiter, die gesamten Reisekosten als rückzahlungsfreien Zuschuss zu erhalten.

Die Entscheidung des Bundessozialgerichts

Das Bundessozialgericht legte seiner Entscheidung die damals geltenden gesetzlichen Bestimmungen zugrunde. Danach sind Leistungen für 

„ … mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen nicht von der Regelleistung umfasst. Sie werden gesondert erbracht.“ 

Diese Vorschrift erlaube es dem Jobcenter nicht, für die Kosten der Klassenfahrten einen Höchstbetrag festzusetzen. Denn sie enthalte im Gegensatz zu vielen anderen Normen des Sozialgesetzbuches II gerade keine Einschränkung der Höhe der Kostenübernahme durch das Kriterium der Angemessenheit. Außerdem habe der Gesetzgeber mit der entsprechenden Vorschrift des Sozialgesetzbuch XII im Sozialhilferecht deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Klassenfahrten zur Vermeidung sozialer Ausgrenzung in voller Höhe zu tragen seien.

Das Jobcenter musste also die gesamten Reisekosten als Zuschuss gewähren.

Der Fall beim Sozialgericht Stuttgart

Die Antragstellerin im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes wollte erreichen, dass das Jobcenter die Kosten in Höhe von 1867 Euro für eine zweiwöchige Reise nach China im Rahmen eines Austauschprogramms übernimmt. Im Vorfeld der Reise waren weder die Gesamtlehrerkonferenz noch die Schulkonferenz beteiligt gewesen.

Die Entscheidung des Sozialgerichts Stuttgart

Das Sozialgericht Stuttgart hatte das aktuell geltende Recht anzuwenden. Danach haben Schülerinnen und Schüler Anspruch auf Übernahme der „tatsächlichen Aufwendungen für … mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen.“ 

Wie das Bundessozialgericht geht auch das Sozialgericht Stuttgart davon aus, dass ein Anspruch auf Kostenübernahme bestehen kann. Das setze aber - so das Sozialgericht Stuttgart - voraus, dass die Reise im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen erfolge. Diese Bedingung sei nicht erfüllt, denn für eine Entscheidung über die Durchführung des Schüleraustauschs seien bestimmte Gremien zuständig. Insbesondere habe die Gesamtlehrerkonferenz mit Einverständnis der Schulkonferenz über die Grundsätze der Durchführung der Klassenfahrten zu beraten. Schließlich seien die außerunterrichtlichen Veranstaltungen vom Schulleiter zu genehmigen.

Da dies alles nicht erfolgt sei, liege keine Reise im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen vor.

Das Jobcenter ist deshalb nicht verpflichtet, die Reisekosten zu übernehmen.


Hier finden Sie das vollständige Urteil des Bundessozialgerichts vom 13.11.2008, Az.: B 14 AS 36/07 R

Hier finden Sie die vollständige Pressemitteilung:

Sozialgerichts Stuttgart  Urteil vom 20.09.2017  Az: S 12 AS 4934/17 ER

Rechtliche Grundlagen

§ 28 Sozialgesetzbuch II

Sozialgesetzbuch (SGB II)
Zweites Buch
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Stand: Neugefasst durch Bek. v. 13.5.2011 I 850, 2094; Zuletzt geändert durch Art. 20 G v. 17.7.2017 I 2541
§ 1 SGB II Aufgabe und Ziel der Grundsicherung für Arbeitsuchende
(1) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll es Leistungsberechtigten ermöglichen, ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht.

(2) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll die Eigenverantwortung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und Personen, die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, stärken und dazu beitragen, dass sie ihren Lebensunterhalt unabhängig von der Grundsicherung aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können. Sie soll erwerbsfähige Leistungsberechtigte bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit unterstützen und den Lebensunterhalt sichern, soweit sie ihn nicht auf andere Weise bestreiten können. Die Gleichstellung von Männern und Frauen ist als durchgängiges Prinzip zu verfolgen. Die Leistungen der Grundsicherung sind insbesondere darauf auszurichten, dass
1.
durch eine Erwerbstätigkeit Hilfebedürftigkeit vermieden oder beseitigt, die Dauer der Hilfebedürftigkeit verkürzt oder der Umfang der Hilfebedürftigkeit verringert wird,
2.
die Erwerbsfähigkeit einer leistungsberechtigten Person erhalten, verbessert oder wieder hergestellt wird,
3.
geschlechtsspezifischen Nachteilen von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten entgegengewirkt wird,
4.
die familienspezifischen Lebensverhältnisse von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die Kinder erziehen oder pflegebedürftige Angehörige betreuen, berücksichtigt werden,
5.
behindertenspezifische Nachteile überwunden werden,
6.
Anreize zur Aufnahme und Ausübung einer Erwerbstätigkeit geschaffen und aufrechterhalten werden.

(3) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende umfasst Leistungen zur
1.
Beratung,
2.
Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit insbesondere durch Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit und
3.
Sicherung des Lebensunterhalts.