Jobcenter muss Kosten für Fahrten zum Kindergarten nicht übernehmen
Jobcenter muss Kosten für Fahrten zum Kindergarten nicht übernehmen

In seiner Entscheidung vom 28. Januar 2016 hat das Sozialgericht (SG) Mainz entschieden, dass das Jobcenter Mainz die Kosten für die Beförderung eines Kindes zur Kindertagesstätte nicht übernehmen muss.

Jobcenter: Keine Übernahme der notwendigen Fahrtkosten für Kita-Besuch

Geklagt hatte eine Alleinerziehende Hartz VI-Bezieherin. Für ihr dreijähriges Kind hatte die Klägerin von der Stadt Mainz einen Kita-Platz erhalten, jedoch nicht in der Nähe ihrer Wohnung.

Für die Beförderung des Kindes zum Kindergarten an den Werktagen beantragte sie die Kostenübernahme für eine Monatskarte des öffentlichen Nahverkehrs.

Unter Hinweis darauf, dass Beförderungskosten aus den der Klägerin bewilligten Leistungen zu bestreiten seinen, lehnte das Mainzer Jobcenter den Antrag auf Kostenübernahme ab. Hieraufhin erhob die alleinerziehende Mutter Klage beim SG Mainz.

Kita-Besuche sind freiwillig. Hierdurch entstehende Fahrtkosten begründen keinen Mehrbedarf 

Die Klage hatte keinen Erfolg. Denn, so die Richter*innen der 8. Kammer des SG Mainz, die Beförderungskosten könnten aus dem im Arbeitslosengeld II enthaltenen Betrag sowie aus dem der Klägerin bewilligten Mehrbedarf für Alleinerziehende bestritten werden. 

Einen gesonderten Mehrbedarf wegen der begehrten Fahrtkosten vermochte das SG nicht festzustellen.   

Im Übrigen wies 8. Kammer des SG Mainz daraufhin, dass der Besuch des Kindergartens - anders als der Schulbesuch - freiwillig sei. 

Anmerkung der Redaktion

Nach der als gegeben anzusehenden Gesetzeslage dürfte die Klageabweisung  aus juristischer Sicht kaum zu beanstanden sein. Denn Grundvoraussetzung für einen Mehrbedarf ist dessen Unabweisbarkeit. 

Diese Voraussetzung, so das SG Mainz, liege aber im Hinblick auf die Unterbringung eines dreijährigen Kindes in einer Kita nicht vor. Folgt man dieser Auffassung des SG, so geht die Entscheidung in Ordnung.

Besuch des Kita-Platzes scheitert an der Unmöglichkeit der Erreichung des Kita-Platzes

Geht man jedoch davon aus, dass Kinder in Deutschland im Alter von drei bis sechs Jahren einen Anspruch auf einen halbtägigen Platz im Kindergarten bis zum Zeitpunkt der Einschulung haben, so hätte es dem Gesetzgeber gut angestanden, für die Kinder, deren Mütter oder Väter alleinerziehende Hartz IV-Empfänger sind, dann einen speziellen Mehrbedarf in Ansatz zu bringen, wenn Kitas besucht werden und hierdurch, wie im vorliegenden Fall, Fahrtkosten für den Besuch einer Kita anfallen. 

Der Besuch eines  Kindergartens oder einer Kindertagesstätte, ist, was unstreitig sein dürfte, für die Persönlichkeitsentwicklung grundlegend wichtig. Kita-Kinder wagen den ersten Schritt in die Selbständigkeit: Sie müssen sich unter Gleichaltrigen behaupten und entwickeln soziale Kompetenzen. 

Wissenschaftlich nachgewiesen ist, dass ein Kita – Besuch ein positiver und aktiver Beitrag zur Entwicklung eines Kindes ist. So werden Kinder, die drei Jahre lang einen Kindergarten besucht haben, seltener bei der Einschulung zurückgestellt werden. Besonders positiv zu bemerken ist, dass die Zeit im Kindergarten dazu beiträgt, soziale Ungleichheiten abzufedern.

Insbesondere für Einzelkinder ist es notwendig diesen soziale Erfahrungen zu ermöglichen, was am besten durch Kindergarten- oder Kindertagesstättenbesuche erreichbar  ist. Dies aber wird „Hartz IV – Kindern“ offenkundig durch den Gesetzgeber und die Sozialgerichtsbarkeit verwehrt, da die Voraussetzungen für die Notwendigkeit der Fahrtkostenübernahme, damit abgetan werden, dass die bereits gewährten Hartz IV Leistungen ausreichen müssen.

Nach Auffassung des Autors kann und darf es nicht sein, dass Kinder, die einen Kita-Platz haben, diesen allein deswegen nicht ausfüllen können, da Hartz-Empfänger*innen schlichtweg nicht in der Lage sind, die notwendigen Fahrtkosten für den Kita-Besuch aufzubringen.


Pressemitteilung 3/2016 des Sozialgerichts Mainz vom 01.02.2016 zum Urteil vom 28.01.2016 - S 8 AS 1064/14 -