Hans-Martin Wischnath, Online-Redakteur, Frankfurt am Main
Hans-Martin Wischnath, Online-Redakteur, Frankfurt am Main

Im dem vom  Sozialgericht Gießen entschiedenen Verfahren (Entscheidung vom 14. Mai 2014 – Aktenzeichen: S 14 AI 112/12) lud die Agentur einen 39jährigen Arbeitslosen zu einem Termin am 22. Dezember 2011 um 13 Uhr ein, bei dem die aktuelle berufliche Situation besprochen werden sollte. Da der Kläger an diesem Tag unter Erbrechen und Durchfall litt, teilte er dies der Agentur für Arbeit gegen 10 Uhr telefonisch mit. In diesem Gespräch forderte die Mitarbeiterin der Agentur für Arbeit den Kläger auf eine  AU-Bescheinigung  vorzulegen.

Als der Arbeitslose am nächsten Tag die Praxis seines Hausarztes aufsuchte, war diese wegen Weihnachtsurlaubs geschlossen. Auch die Vertreterin des Hausarztes, die er ebenfallsaufsuchte, war im Weihnachtsurlaub.

Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für einen zurückliegenden Zeitraum wurde vom Hausarzt verweigert

Nachdem der Hausarzt Anfang Januar aus dem Urlaub zurückkehrte, suchte der Kläger diesen auf und bat ihn um die Ausstellung einer AU-Bescheinigung, was dieser mit der Begründung ablehnte, für einen zurückliegenden Zeitraum könne er keine Bescheinigung ausstellen.

Arbeitsagentur verhängt einwöchige Sperrzeit

Die Agentur für Arbeit legte daraufhin eine einwöchige Sperrzeit für den Bezug von Arbeitslosengeld fest und begründete dies damit, dass der Arbeitslose sein Nichterscheinen zu dem Termin nicht ausreichend entschuldigt hätte.

Sozialgericht hebt Sperrzeit auf

Das Sozialgericht Gießen glaubte dem Kläger seine Entschuldigung und hob die Sperrzeit auf. Es konnte dessen Darstellung auch im Hinblick auf die Situation an den Weihnachtsfeiertagen nachvollziehen. Der Kläger hatte in der mündlichen Verhandlung zudem einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen und seine Aussage war frei von Widersprüchen.

Arbeitsagentur hätte ausnahmsweise von Weisungen abweichen können

In einem Fall wie hier hätte die Agentur für Arbeit daher nach Auffassung des Gerichts ausnahmsweise von ihren Weisungen abweichen und auf die bei einer Erkrankung sonst notwendige Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verzichten müssen, zumal bei dem Termin nur über die allgemeine berufliche Situation des Klägers hätte gesprochen werden sollen.

 

Hans-Martin Wischnath, Online-Redakteur, Frankfurt am Main

 

§ 148 III SGB III

Rechtliche Grundlagen

Sperrzeitbescheide nicht widerspruchslos hinnehmen.

Wenn Sie nach der Antragstellung oder während des Bezuges von Leistungen arbeitsunfähig krank werden, ist zunächst die unverzügliche Meldung der Arbeitsunfähigkeit bei der Agentur für Arbeit notwendig. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung) ist sodann nachzureichen. Erfolgt keine Vorlage der AU-Bescheinigung wird durch die Agentur für Arbeit in der Regel eine einwöchige Sperrzeit verhängt. Wenn aber das Beibringen einer AU-Bescheinigung, so wie im vorliegenden Fall, unmöglich ist, empfiehlt es sich Widerspruch gegen den Sperrzeitbescheid einzulegen und im Rahmen der Begründung konkret darzulegen welche Umstände zu der vorübergehenden krankheitsbedingten Verhinderung führten und warum keine AU-Bescheinigung vorgelegt werden konnte. Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen sollte Klage beim zuständigen Sozialgericht erhoben werden, da durchaus Chancen bestehen dass die Sperrzeit aufgehoben wird.
Auch das Sozialgericht Stuttgart hob die Bescheide der Agentur für Arbeit in einem vergleichbaren Fall auf. Für die Beurteilung der Sperrzeit sei allein entscheidend, so die Stuttgarter Sozialrichter, ob ein wichtiger Grund für das Versäumen des Termins objektiv vorgelegen habe. Auf die Form des Nachweises komme es dagegen nicht an. Der Sachverhalt sei durch die Agentur für Arbeit zu überprüfen, wobei der Arbeitslose mitwirken müsse. Erst wenn trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten eine ernsthafte Erkrankung am Termin nicht nachgewiesen werden könne, trage der Arbeitslose die Beweislast. (Sozialgericht Stuttgart, Urteil vom 12. Juli 2011 - S 16 AL 8129/09).