Wer eigenmächtig in den Urlaub geht und sich weigert, an den Arbeitsplatz zurückzukehren, muss mit einer Kündigung rechnen. Copyright by Gina Sanders/fotolia
Wer eigenmächtig in den Urlaub geht und sich weigert, an den Arbeitsplatz zurückzukehren, muss mit einer Kündigung rechnen. Copyright by Gina Sanders/fotolia

Die Konsequenzen eine eigenmächtigen Verlängerung des Urlaubs zeigt das Landesarbeitsgericht Düsseldorf auf: Die Klägerin war als „Junior Business Excellence Manager“ beschäftigt. Berufsbegleitend studierte sie „BWL Management“. Am 21. Juni 2017 schloss sie dieses Studium erfolgreich ab. Wegen der Prüfung hatte die Klägerin für den 22. und 23. Juni Urlaub genommen.
 

Klägerin nimmt spontan eigenmächtig Urlaub

Am darauffolgenden Montag, dem 26. Juni 2017, erschien die Klägerin nicht zur Arbeit. Bei der Beklagten besteht eine Gleitzeitregelung. Nach dieser ist der späteste Dienstbeginn 10:00 Uhr.
 
Kurz nach 12 Uhr meldete sich die Klägerin bei ihrem Vorgesetzten via E-Mail. Unter Verwendung des Betreffs „Spontanurlaub“ informierte die Klägerin die Beklagte über den Hintergrund ihres Fernbleibens. Von ihrem Vater sei sie zur Belohnung für die bestandene Prüfung mit einem Urlaubsaufenthalt auf Mallorca überrascht worden. Aufgrund der damit verbundenen Euphorie und Eile habe sie keine Möglichkeit gehabt, die Abwesenheit im Terminkalender ihres Computers zu einzutragen.
 
Weiterhin teilte die Klägerin mit, sie werde vom 26. bis zum 30. Juni abwesend sein und bat um eine kurze Rückmeldung. Die Nachricht endete mit einer Entschuldigung für die plötzlichen Ereignisse.
 
Kurz nach 17 Uhr antwortete ihr Vorgesetzter. Er teilte mit, dass ihre Anwesenheit aufgrund dringender betrieblicher Gründe erforderlich sei. Er bot der Klägerin an, stattdessen am nächsten Freitag sowie Montag und Dienstag der nächsten Woche Urlaub zu genehmigen.
 
Am Dienstag, dem 27. Juni gegen 9:30 Uhr teilte die Klägerin mit, dass sie sich bereits seit dem Wochenende auf Mallorca befinde. Es bestünde zudem keinerlei Möglichkeit, ins Büro zurückzukehren, was sie auch nicht tat. Auch am Montag, dem 3. Juli erschien die Klägerin nicht zur Arbeit.
 

Beklagte kündigt Arbeitsverhältnis

Daraufhin hörte die Beklagte den Betriebsrat an und legte diesem die von der Klägerin wegen ihrer Abwesenheit nicht erlegten Aufgaben dar. Anschließend kündigte sie das Arbeitsverhältnis fristgemäß zu Ende August 2017.
 
Die Klägerin erhob hiergegen Kündigungsschutzklage. Die Beklagte habe der Verlängerung des Urlaubs zugestimmt. Der Urlaub habe letztlich im Interesse der Beklagten gelegen. Hinsichtlich des im Büro zu bewältigen Arbeitsumfangs sei die Verlängerung auch kein Problem gewesen. Zudem sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden.
 
Dies bestritt die Beklagte: Bis zum 29. Juni sei ein Bericht gegenüber der Finanzabteilung zu erstellen gewesen. Eine Kollegin der Klägerin sei zeitgleich auf einer Fortbildung gewesen, die Arbeitsleistung der Klägerin also dringend notwendig gewesen.
 

Deutliche Worte vom LAG

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung fand die zuständige Kammer deutliche Worte: Eine eigenmächtige Inanspruchnahme von Urlaub sei ein Kündigungsgrund und könne sogar eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Spätestens am Dienstag, dem 27. Juni habe die Klägerin ernsthaft zu erkenne gegeben, dass sie an dem eigenmächtig genommenen Urlaub festhalte und nicht zur Arbeit erscheinen werde.
 
Damit habe die Klägerin die falschen Prioritäten gesetzt. Die Selbstbeurlaubung und Verweigerung der Rückkehr stelle eine beharrliche Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten dar. Dem Vorbringen der Klägerin sei nicht zu entnehmen, dass der Vorgesetzte der Beklagten in irgendeiner Form der kurzfristigen Verlängerung des Urlaubs zugestimmt hat.
 
Auch habe es keiner vorgehenden Abmahnung bedurft. Denn die Klägerin durfte nach Auffassung des Gerichts nicht davon ausgehen, dass die Beklagte ihr Verhalten auch nur einmal hinnehmen werde.
 

Knackpunkt Betriebsratsanhörung

Für fragwürdig hielt das Berufungsgericht demgegenüber die Betriebsratsanhörung. Zwar seien die in der Woche anstehenden Arbeiten nicht von der Klägerin erledigt worden. Allerdings habe der Vorgesetzte ihre Aufgaben selbst erledigt  - ein Widerspruch, wie das LAG findet.
 
Andererseits sei der Vorsitzende des Betriebsrats stets in die Korrespondenz zwischen Klägerin und Beklagte eingebunden gewesen. Das LAG wies die Klageparteien darauf hin, dass es unsicher sei, ob die Anhörung des Betriebsrats ordnungsgemäß und die Kündigung damit wirksam ist.
 
Dieser war Signal für Klägerin und Beklagte, über eine Einigung nachzudenken. Im Ergebnis akzeptierte die Klägerin die Kündigung erhielt im Gegenzug eine Abfindung etwa in Höhe eines Monatsgehalts, konkret 4.000 Euro.
 
Hier gehts zur Pressemitteilung des LAG Düsseldorf
 
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Das sagen wir dazu:

„Pack your bags and sail away“ sang einst die Berliner Popband „The Other Ones“ in ihrem Song „Holiday“ – interessierte Leser mögen das Lied im Videoportal ihres Vertrauens recherchieren. Der Gedanke an Urlaub kann sehr verführerisch sein - eine Selbstbeurlaubung ist aber kein erlaubtes Verhalten des Arbeitnehmers, wie auch das Landesarbeitsgericht Düsseldorf richtig feststellt.

Klägerin hatte Glück im Unglück

Denn grundsätzlich hat der Arbeitnehmer die Pflicht, seiner arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit nachzukommen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn er wegen Krankheit arbeitsunfähig oder aus anderen Gründen freigestellt ist oder bei genehmigtem (!) Urlaub.

Dabei hatte die Klägerin noch sehr viel Glück im Unglück. Das LAG hat klar gemacht, dass auch eine fristlose Kündigung gerechtfertigt gewesen wäre. Die beklagte Arbeitgeberin war jedoch sehr vorsichtig und begnügte sich mit einer ordentlichen Kündigung.

Zudem war die Beklage aber auch bei der Anhörung des Betriebsrats ungeschickt vorgegangen. Die Unklarheiten warfen Fragen auf, die im weiteren Verfahrensverlauf hätten aufgeklärt werden müssen. Daher sah die Beklagte einen pragmatischen Weg darin, die Klägerin mit Zahlung einer Abfindung zur Akzeptanz der Kündigung zu bewegen.

Kein Urlaub ohne Genehmigung

Urlaub genießt im Arbeitsrecht eine hohen Schutz. Der Mindesturlaub vier Wochen nach dem Bundesurlaubsgesetz darf nicht unterschritten werden.

Einen Antrag auf Urlaub darf der Arbeitgeber nur aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen, oder wenn dem Begehren die Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer entgegen stehen. Die Hürden hierfür sind für Arbeitgeber hoch.

Es verbleibt aber die Notwendigkeit, dass Urlaub stets vom Arbeitgeber gewährt werden muss. Die Abwesenheitszeiten der Arbeitnehmer müssen koordiniert werden, insofern muss der Arbeitgeber bis zu einem gewissen Grad disponieren können. Höchstrichterlich noch nicht geklärt ist die Frage, ob Arbeitgeber auch von sich aus Arbeitnehmern Urlaub erteilen dürfen.

Was tun, wenn Urlaub nicht gewährt wird?

Es kommt immer wieder vor, dass Arbeitgeber stur sind und aus Schikane Arbeitnehmern Urlaub versagen.

Arbeitnehmer können nach einem abgelehnten Urlaubsantrag den Urlaub vor Gericht einklagen. Soll es schnell gehen, weil etwa eine Urlaubsreise bereits gebucht wurde, bietet sich ein Vorgehen im einstweiligen Rechtsschutz an. Häufig findet aber auch  in der Güteverhandlung eine für beide Seiten hinnehmbare Lösung.

Für Mitglieder der DGB Gewerkschaften ist ein Prozess wegen Verweigerung von Urlaub mit keinem Kostenrisiko verbunden. Der Rechtsschutz ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Damit fällt ein Hemmnis weg, wenn es darum geht, den Anspruch auf Erholungsurlaub durchzusetzen. In die Verlegenheit, sich selbst zu beurlauben, kommt man dann erst gar nicht.

Rechtliche Grundlagen

§ 7 BUrlG

(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.

(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.

(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.

(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.