Nach der Entscheidung des EuGH vom 22. Mai ist das Urlaubsentgelt nicht nur nach dem Grundgehalt des Arbeitnehmers zu berechnen. Zu berücksichtigen sind bei der Berechnung des Urlaubsentgelts  vielmehr auch die regelmäßig ausgezahlten Provisionen. Nach dieser Entscheidung darf ein finanzieller Nachteil auch nicht hinausgeschoben werden, indem vor dem Urlaub verdiente Provisionen mit dem Urlaubsgeld ausgezahlt werden, sich aber nach dem Urlaub eine Gehaltseinbuße ergibt, da während des Urlaubs keine Provisionen erzielt werden konnten.

Sachverhalt:

 

Der Kläger des Ausgangsverfahrens war als Verkaufsberater bei British Gas in Großbritannien tätig, dessen monatliches Arbeitsentgelt sich aus einem Grundgehalt und Provisionen für die von ihm getätigten Verkäufe  zusammensetzt. Die Provisionen machten durchschnittlich ca. 60 Prozent der Gesamtvergütung aus.

 

Während des Urlaubs erhielt der Kläger durch die Beklagte zwar das vereinbarte Grundgehalt zuzüglich der in den Wochen vor dem Urlaub verdienten Provisionen. Nach dem Urlaub wurde ihm jedoch nur das Grundgehalt ausgezahlt, da während des Urlaubs keine Provisionen erzielt wurden. Mit seiner Klage wehrte sich der Kläger gegen die urlaubsbedingten Einbußen seines Arbeitsentgelts für die Zeit nach dem Urlaub. Das mit der Klage befasste britische Gericht legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor und ersuchte den EuGH um Beantwortung der Fragen, ob Provisionen beim Urlaubsentgelt zu berücksichtigen sind und wie sich dieses dann berechnet. 

Der EuGH beantwortete die erste Frage bejahend und kam im Hinblick auf die zweite Frage zu dem Ergebnis, dass es Sache des nationalen Gerichts sei, über die genaue Höhe zu entscheiden.

 

Die Gründe:

 

Wenn ein Arbeitnehmer eine Provision bezieht, die sich nach getätigten Verkäufen bemisst, so ist dies in die Berechnung des Urlaubsentgelts einzubeziehen. Der finanzielle Nachteil darf auch nicht hinausgeschoben werden, indem der Arbeitnehmer nach seinem Urlaub nur das Grundgehalt bezieht weil er während des Urlaubs keine Verkäufe vornehmen und somit auch keine Provisionen verdienen konnte.

 

Anspruch nach deutschem Recht:

 

Mit § 11 Absatz 1 Satz Bundesurlaubsgesetzt (BurlG) existiert in der Bundesrepublik Deutschland eine entsprechende gesetzliche Regelung i.S. der EuGH-Entscheidung vom 22. Mai. Hiernach hat sich das Urlaubsentgelt nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst zu berechnen, das der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor dem Antritt des Urlaubs erhalten hat. Nicht zu berücksichtigen ist lediglich der für Überstunden gezahlte Arbeitsverdienst.

 

Ein Abweichen von der sich aus § 11 Absatz 1 Satz BurlG ergebenden Berechnungsweise der Urlaubsvergütung ist nach § 13 BurlG nur dann möglich wenn die Urlaubsvergütung zwischen den Tarifvertragsparteien in Form entsprechender Tarifverträge geregelt wurde und diese kraft beiderseitiger tariflicher Bindung, oder aber auch kraft einzelvertraglicher Vereinbarung, Anwendung finden.

 

Aus deutscher Sicht dürfte die EuGH-Entscheidung vor allem Bedeutung für in Deutschland ansässige Unternehmen mit Tochtergesellschaften in solchen EU-Ländern haben in denen Provisionen beim Urlaubsentgelt bislang nicht berücksichtigt wurden.

 

 

Hans-Martin Wischnath –Onlineredakteur – Frankfurt am Main

§§ 11 und 13 Bundesurlaubsgesetz (BurlG)

Pressemitteilung des Gerichtshof der Europäischen Union vom 22. Mai 2014

Urteil des EuGH vom 22. Mai 2014 in der Rechtssache C 539/12

Rechtliche Grundlagen

Geltendmachung von Ansprüchen

Auch wenn die Berechnungsweise der Provisionen im Rahmen der Urlaubsvergütung aufgrund der Bestimmungen des § 11 Absatz 1 Satz BurlG klar und verständlich geregelt ist, so zeigt die gerichtliche Praxis doch immer wieder, dass Arbeitgeber hiervon abweichen und es zu Urlaubsvergütungszahlungen kommt, die nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen. Wenn dies festgestellt wird sollte der Arbeitgeber unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (z. B.: BAG, Urteil vom 11. April 2000 – 9 AZR 266/99) und die jetzt ergangene Entscheidung des EuGH vom 22. Mai 2014 aufgefordert werden, eine ordnungsgemäße Abrechnung zu erstellen und den sich ergebenden Differenzbetrag innerhalb einer bestimmten Frist zur Auszahlung zu bringen. Sofern einzel- oder tarifvertragliche Ausschlussfristen auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden sind diese unbedingt zu beachten! Erfolgt eine Geltendmachung erst nach Ablauf einer Ausschlussfrist so ist eine gerichtliche Durchsetzung nicht mehr möglich, da der Anspruch ersatzlos untergeht.