Wer das richtige Urlaubsentgelt bekommt, hat’s gut. Copyright by Jenny Sturm / Fotolia.
Wer das richtige Urlaubsentgelt bekommt, hat’s gut. Copyright by Jenny Sturm / Fotolia.

Diese Frage hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 20. März 2018 beantwortet.
 

Wortlaut der tariflichen Regelung

Die Klägerin arbeitet beim Finanzministerium des beklagten Landes. Für das Arbeitsverhältnis gilt der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder.

 


Darin ist geregelt
„Beschäftigte haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts …“
sowie
„In den Fällen der Entgeltfortzahlung . . . werden das Tabellenentgelt sowie die sonstigen in Monatsbeträgen festgelegten Entgeltbestandteile weitergezahlt.“
 

„Alter“ Urlaub nach Wechsel von Vollzeit in Teilzeit

Ab dem 1. August 2015 reduzierte die Klägerin ihre Arbeitszeit auf 20 Stunden pro Woche. Nachdem sie die Arbeitszeit reduziert hatte, gewährte ihr das beklagte Land 47 Urlaubstage. Den Anspruch auf diese Urlaubstage hatte der Kläger bereits erworben, als  sie noch in Vollzeit arbeitete.
 

Das beklagte Land will sparen

Im Hinblick auf das Urlaubsentgelt vertrat das beklagte Land die Auffassung, es sei lediglich das Entgelt weiter zu bezahlen, das die Klägerin bekommen hätte, wenn sie in der Zeit des Urlaubs gearbeitet hätte. Das Land berechnete das Urlaubsentgelt also auf der Grundlage des Teilzeit-Verdienstes.
 

Die Klägerin wehrt sich

Die Klägerin war der Ansicht, die 47 Urlaubstage seien auf der Basis ihres Verdienstes aus Vollzeitarbeit zu entgelten. Schließlich habe sie die Tage bereits in dieser Phase erworben.
Das Arbeitsgericht wies ihre Klage ab. Beim Landesarbeitsgericht bekam sie teilweise Recht. Das beklagte Land legte Revision beim Bundesarbeitsgericht ein.
 

Bundesarbeitsgericht prüft Nichtigkeit der Tarifbestimmungen

Der deutsche Gesetzgeber hat die europarechtliche Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit durch eine Vorschrift im Teilzeit- und Befristungsgesetz umgesetzt. Nach dieser Vorschrift darf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer. Etwas anderes gilt nur, wenn sachliche Gründe dies rechtfertigen.
Gegen dieses gesetzlich Verbot hat das beklagte Land nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts verstoßen. Denn das Vorgehen des beklagten Landes hat dazu geführt, dass es zu einer Verringerung des Urlaubentgelts der Klägerin kam, deren Ursache allein die Verkürzung der Arbeitszeit war. Diese Verringerung steht deshalb dem Diskriminierungsverbot des Teilzeit- und Befristungsgesetz entgegen. Damit verstößt die tarifvertragliche Regelung zum Urlaubsentgelt gegen ein gesetzliches Verbot. Sie ist deshalb nichtig.
 

Ergebnis

Das beklagte Land muss das Urlaubsentgelt des Klägers für die 47 Tage auf der Basis des Vollzeitverdienstes nachberechnen und den Differenzbetrag ausbezahlen.
 
Hier finden Sie das vollständige Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20.03.2018, Az: 9 AZR 486/17:

Rechtliche Grundlagen

§ 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz, § 134 BGB

§ 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz
Verbot der Diskriminierung
(1) 1Ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. 2Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht.
(2) 1Ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Befristung des Arbeitsvertrages nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. 2Einem befristet beschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung, die für einen bestimmten Bemessungszeitraum gewährt wird, mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Beschäftigungsdauer am Bemessungszeitraum entspricht. 3Sind bestimmte Beschäftigungsbedingungen von der Dauer des Bestehens des Arbeitsverhältnisses in demselben Betrieb oder Unternehmen abhängig, so sind für befristet beschäftigte Arbeitnehmer dieselben Zeiten zu berücksichtigen wie für unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer, es sei denn, dass eine unterschiedliche Berücksichtigung aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist.

§ 134 BGB
Gesetzliches Verbot
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.