Es herrscht die allgemeine Tendenz, nach Betriebsübergängen – wenn ein Unternehmen etwa in mehrere einzelne aufgeteilt wird – nicht mehr in den Tarifvertrag zurückzukehren. Viele Firmen nutzen Neugründungen, um in veränderten Arbeitsverträgen oder Betriebsvereinbarungen nur noch verringerte Sonderzahlungen vor allem unter dem Vorbehalt der Freiwilligkeit anzubieten. In solchen Fällen sind oft die einzelvertraglichen Vereinbarungen entscheidend, ob und in welcher Höhe die Mitarbeiter Weihnachtsgeld erhalten.

 

Nimmt zum Beispiel im Arbeitsvertrag eine Klausel Bezug auf tarifvertragliche Regelungen, was Sonderzahlungen angeht, hat der Arbeitnehmer häufig Anspruch auf deren Auszahlung, auch wenn die Firma nicht mehr tariflich gebunden ist.

So geschehen beim Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) in Neu-Ulm. Der dortige Kreisverband war bis zum Jahr 2000 Teil des bayerischen Landesverbandes des ASB gewesen und wurde dann selbstständiger Rechtsträger. Als solcher war er nicht mehr an den Manteltarifvertrag gebunden. Die Folge: Urlaubs- und Weihnachtsgeld wurden nur noch gekürzt ausgezahlt.

Die DGB Rechtsschutz-Büros in Augsburg und München konnten dennoch in zwei Instanzen den Anspruch etlicher ASB-Mitarbeiter auf volle Auszahlung des Weihnachtsgeldes durchsetzen – begründet auf „einer einzelvertraglichen Zusage des Beklagten“, so der Richter des Landesarbeitsgerichtes München in seinem Urteil, womit der Arbeitgeber seinen Verpflichtungswillen zum Ausdruck gebracht hatte.

 

In zweiter Instanz erfolgreich

 

„Auch wenn die Tarifbindung nicht mehr besteht“, erklärt Stefan Krüger, Rechtssekretär im DGB Rechtsschutz-Büro München, „muss man im Arbeitsvertrag genau prüfen, ob der alte Tarifvertrag nicht doch noch gilt.“

Neben der gekürzten Auszahlung des Weihnachtsgeldes besteht eine weitere Tendenz darin, dieses in unterschiedlicher Höhe auszuzahlen. Das betraf einen Arbeitnehmer in Bayern, der ebenfalls vom Münchner Büro der DGB Rechtsschutz GmbH in zweiter Instanz erfolgreich vertreten wurde. Der als Einrichter in einer kunststoffverarbeitenden Firma beschäftigte Mann bekam zunächst eine stark reduzierte Sonderzahlung überwiesen, Monate später eine Nachzahlung, die aber noch 300 Euro unter dem Betrag lag, den seine Kollegen nachbezahlt bekamen. Die Firma berief sich auf die unterschiedliche Vorbildung der Mitarbeiter. Das Landesarbeitsgericht ist auf diese und andere Unklarheiten nicht weiter eingegangen, sondern sah darin den urteilsentscheidenden Umstand. Da einige Formulierungen in dem neuen Vertrag unterschiedlich interpretiert werden könnten, brachte der Richter die Unsicherheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB zur Anwendung: „Die verbleibende Unklarheit geht zu Lasten der Beklagten.“