Bei arbeitsgerichtlichen Vergleichen Ausschlussfristen beachten! Copyright by S.Kobold/fotolia
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Urlaubsabgeltung bei arbeitsgerichtlichen Vergleichen

Häufig gelten für ein Arbeitsverhältnis arbeits- oder tarifvertragliche Ausschlussfristen. In diesen Fällen lauern beim Abschluss eines Vergleichs im Kündigungsschutzverfahren im Hinblick auf die Urlaubsabgeltung nicht zu unterschätzende Gefahren.

 

Bei Vergleichsverhandlungen kommt es immer wieder vor, dass sich Parteien nicht darüber einigen können, ob und ggfls. wie viele Urlaubstage noch abzugelten sind.

 

Häufige Vorgehensweise

Um einen Vergleich nicht daran scheitern zu lassen, vereinbaren die Parteien dann im Vergleich unter anderem:

 

„Die Beklagte (=der Arbeitgeber)verpflichtet sich, das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abzurechnen und den sich ergebenden Nettobetrag an den Kläger (= Arbeitnehmer*in) auszubezahlen.“

 

Zwei Problemfelder

Eine solche Vereinbarung kann zu zwei Problemen führen:

  • Es sind Ausschlussfristen zu beachten.
  • Dieser Teil des Vergleichs ist nicht vollstreckbar.

Ausschlussfristen

Wenn Arbeitnehmer*innen eine Kündigungsschutzklage erheben, machen sie gleichzeitig alle Ansprüche geltend, die vom Erfolg dieser Klage abhängig sind. So wahren die Kläger*innen für diese Ansprüche jede einstufige sowie die erste Stufe jeder zweistufigen Ausschlussfrist. Dabei handelt es in erster Linie um Ansprüche auf den Verzugslohn.

 

Problematisch werden Ausschlussfristen aber bei einem Anspruch auf Urlaubsabgeltung. Ein solcher Anspruch setzt nämlich das Ende eines Arbeitsverhältnisses voraus. Er ist also gerade nicht davon abhängig, dass die Kündigungsschutzklage Erfolg hat. 

 

Nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg sagt die Verpflichtung des Arbeitgebers, eine ordnungsgemäße Abrechnung zu erstellen, nichts darüber aus, ob Arbeitnehmer*innen einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung haben:

 

„Eine bloße Abrechnungsverpflichtung . . . stellt nur die Bestätigung der ohnehin geltenden Rechtslage dar und schafft keinen von den gesetzlichen Vorgaben unabhängigen Schuldgrund.“

 

Sind Arbeitnehmer*innen also der Auffassung, die Abrechnung sei falsch, weil darauf keine Urlaubsabgeltung zu finden sei, müssen sie dem Arbeitgeber gegenüber geltend machen, was ihnen ihrer Meinung nach noch zusteht. Und sie müssen es unbedingt innerhalb der geltenden Ausschlussfristen tun. Denn, so führt das Landesarbeitsgericht Hamburg aus: 

 

„Angesichts der im Vergleich vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht auch in einer solchen Situation das berechtigte Interesse, dass eine Vertragspartei nicht noch nach vielen Monaten oder Jahren Ansprüche geltend macht, deren Berechtigung die andere Partei unter Umständen aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr nachprüfen kann oder mit deren Geltendmachung sie aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gerechnet hat.

 

Das bedeutet, dass Ausschlussfristen gerade auch dann zu beachten sind, wenn mit dem gerichtlichen Vergleich alles abgeschlossen zu sein scheint. Sollte sich beim Gerichtstermin partout nicht feststellen lassen, ob und ggfls. wie viele Urlaubstage abzugelten sind, ist unbedingt darauf zu achten, einen eventuellen Anspruch auf Urlaubsabgeltung innerhalb der Ausschlussfristen geltend zu machen.

 

Arbeitgeber vereitelt Einhaltung der Frist

Etwas anderes gilt allenfalls, wenn der Arbeitgeber „durch positives Tun oder durch pflichtwidriges Unterlassen dem Arbeitnehmer die Geltendmachung des Anspruchs oder die Einhaltung der Frist erschwert oder unmöglich gemacht hat bzw. an objektiven Maßstäben gemessen den Eindruck erweckt hat, der Arbeitnehmer könne darauf vertrauen, dass der Anspruch auch ohne Wahrung einer tariflichen Ausschlussfrist erfüllt werde.“

 

Abrechnung ist erforderlich

Verpflichtet sich der Arbeitgeber, eine ordnungsgemäße Abrechnung zu erstellen, kann er sich nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln erst auf die Ausschlussfristen berufen, wenn die Abrechnung vorliegt. Denn erst dann können Arbeitnehmer*innen entscheiden, ob alle ihre Ansprüche erfüllt sind, oder ob beispielsweise die Urlaubsabgeltung fehlt.

 

Fehlende Vollstreckbarkeit

Nach der Zivilprozessordnung können Arbeitnehmer*innen aus einem Vergleich, den sie vor den Arbeitsgerichte geschlossen haben, direkt vollstrecken. Das ist bei allen Geldforderungen aus dem Arbeitsverhältnis aber nur möglich, wenn der Gerichtsvollzieher weiß, um welchen Betrag es geht. Genau diese Voraussetzung ist aber nicht erfüllt, wenn im Vergleich nur geregelt ist, dass sich der Arbeitgeber zu einer ordnungsgemäßen Abrechnung verpflichtet. 

 

Zahlt der Arbeitgeber nicht oder nicht vollständig, bleibt den Arbeitnehmer*innen nichts anderes übrig, als eine (neue) Leistungsklage zu erheben und dabei ihren Anspruch auf Euro und Cent zu berechnen. Allein schon deshalb empfiehlt es sich dringend, bereits im Vergleich alle Ansprüche genau zu beziffern.

 

Hier finden Sie das vollständige Urteil des Landesarbeitsgericht Hamburg vom 31.01.2018:

Hier geht es zum Urteil des Landesarbeitsgericht Köln vom 26.07.2010:

 

 

Zum Thema Ausschlussfristen empfehlen wir unser Video „Ausschlussfristen  - was ist das denn?“ 

Rechtliche Grundlagen

§ 794 Zivilprozessordnung (ZPO)


§ 794 Zivilprozessordnung
Weitere Vollstreckungstitel
(1) Die Zwangsvollstreckung findet ferner statt:

1.
aus Vergleichen, die zwischen den Parteien oder zwischen einer Partei und einem Dritten zur Beilegung des Rechtsstreits seinem ganzen Umfang nach oder in Betreff eines Teiles des Streitgegenstandes vor einem deutschen Gericht oder vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle abgeschlossen sind, sowie aus Vergleichen, die gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 oder § 492 Abs. 3 zu richterlichem Protokoll genommen sind;

2.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen;
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)

3.
aus Entscheidungen, gegen die das Rechtsmittel der Beschwerde stattfindet;
3a.
(weggefallen)

4.
aus Vollstreckungsbescheiden;

4a.
aus Entscheidungen, die Schiedssprüche für vollstreckbar erklären, sofern die Entscheidungen rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind;

4b.
aus Beschlüssen nach § 796b oder § 796c;

5.



aus Urkunden, die von einem deutschen Gericht oder von einem deutschen Notar innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind, sofern die Urkunde über einen Anspruch errichtet ist, der einer vergleichsweisen Regelung zugänglich, nicht auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet ist und nicht den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum betrifft, und der Schuldner sich in der Urkunde wegen des zu bezeichnenden Anspruchs der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat;

6.
aus für vollstreckbar erklärten Europäischen Zahlungsbefehlen nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006;

7.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen als Europäische Vollstreckungstitel bestätigt worden sind;

8.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union im Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 1; L 141 vom 5.6.2015, S. 118), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2015/2421 (ABl. L 341 vom 24.12.2015, S. 1) geändert worden ist, ergangen sind;

9.
aus Titeln eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union, die nach der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen zu vollstrecken sind.

(2) Soweit nach den Vorschriften der §§ 737, 743, des § 745 Abs. 2 und des § 748 Abs. 2 die Verurteilung eines Beteiligten zur Duldung der Zwangsvollstreckung erforderlich ist, wird sie dadurch ersetzt, dass der Beteiligte in einer nach Absatz 1 Nr. 5 aufgenommenen Urkunde die sofortige Zwangsvollstreckung in die seinem Recht unterworfenen Gegenstände bewilligt.