Der Hinweis auf einen Freiwilligkeitsvorbehalt genügt nicht, um einen Anspruch des Arbeitnehmers auf ein 13. Monatsgehalt auszuschließen. Dieser besagt lediglich, dass der Arbeitgeber nicht durch Gesetz oder Tarifvertrag verpflichtet ist.

Der Fall:

Die Arbeitnehmerin trat in die Dienste der Rechtsvorgängerin ihres Arbeitgebers ein.

Der Anstellungsvertrag regelt auszugsweise Folgendes: "… Die Zahlung eines 13. Gehalts ist eine freiwillige Leistung der Firma, die anteilig als Urlaubs- und Weihnachtsgeld gewährt werden kann…".

Beim Betriebsübergang wurde der Arbeitnehmerin vom neuen Arbeitgeber mitgeteilt, dass die Bestimmungen aus dem Arbeitsvertrag mit dem bisherigen Arbeitgeber und der soziale Besitzstand unverändert fort gelten.

Sie erhielt jedes Jahr mit dem Novembergehalt die Jahressonderzahlung in Höhe eines vollen Monatsgehaltes. Im Jahres 2010 hat sie vom Arbeitgeber keine Jahressonderzahlung erhalten. Auf ihre Reklamation hin, verwies der Arbeitgeber auf den Freiwilligkeitsvorbehalt im Arbeitsvertrag.

Die Entscheidung:

Das BAG verurteilte den Arbeitgeber der Mitarbeiterin das 13. Gehalt zu zahlen. Deren Anspruch folgt direkt aus dem Anstellungsvertrag, meinten die Richter.

Zwar lässt die Auslegung der Klausel mehrere Ergebnisse vertretbar erscheinen:
Denkbar ist, dass unmittelbar ein vertraglicher Anspruch auf ein 13. Gehalt begründet wurde. Die Regelung kann nämlich wie folgt verstanden werden: "Es wird ein 13. Gehalt als freiwillige Leistung der Firma gezahlt, wobei die Leistung anteilig als Urlaubs- und Weihnachtsgeld gewährt werden kann."

Gegen dieses Verständnis der Klausel könnte allerdings sprechen, dass im Anstellungsvertrag nur die Zahlung "eines" und nicht "des" 13. Gehalts vereinbart ist. Dies lässt eine Auslegung vertretbar erscheinen, dass mit der Formulierung ein vertraglicher Anspruch nicht unmittelbar begründet werden sollte. Der Regelung käme dann die Bedeutung zu: "Die etwaige Zahlung eines 13. Gehalts ist eine freiwillige Leistung …" bzw. „Es kann ein 13. Gehalt als freiwillige Leistung der Firma gezahlt werden …".

Da somit die Formulierung unklar ist, gilt der Grundsatz, dass diejenige Auslegung anzuwenden ist, die für den Verwender, hier also dem Arbeitgeber, am ungünstigsten sei. Vorliegend wäre dies eine Auslegung, die der Mitarbeiterin einen Anspruch auf Zahlung des 13. Gehaltes in jedem Falle gewährt.

Folgen für die Praxis:

Viele Arbeitgeber möchten das 13. Monatseinkommen oder Weihnachtsgeld gerne als wohlwollende Spender nach eigenem Willen an ihre Beschäftigten verteilen.
Deshalb zahlen sie das 13. Monatseinkommen nur unter Vorbehalt der Freiwilligkeit oder mit Widerrufsmöglichkeit aus. Damit sie sich jedes Jahr wieder neu überlegen können, ob ihnen die Auszahlung dieses Jahr angenehm ist.
Doch diese Gutsherrenart brauchen sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht unbedingt gefallen lassen. Das Bundesarbeitsgericht hat die Möglichkeiten von Freiwilligkeits- oder Widerrufsvorbehalt begrenzt. So muss in Arbeitsverträgen ganz deutlich und unmissverständlich geschrieben werden, wenn das Weihnachtsgeld eine freiwillige Leistung sein soll. Ein allgemeiner Hinweis, dass alle zukünftigen Leistungen freiwillig sein sollen, ist zu pauschal und damit unwirksam. Begründet wurde dies vom BAG zumeist im Wesentlichen mit mangelnder Transparenz der vertraglichen Regelungen.
Im vorliegenden Fall schließt das BAG daran an und argumentiert zudem mit einer anderen Regel der Allgemeinen Geschäftsbedingungen: Unklarheiten gehen zu Lasten des Verwenders. Wenn sowohl ein Freiwilligkeitsvorbehalt wie auch eine Verpflichtung zur Zahlung aus der Klausel herausgelesen werden können, muss der Verwender – also der Arbeitgeber - die für ihn ungünstigere Variante gegen sich gelten lassen – und zahlen.

 

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 17.04.2013, 10 AZR 281/12