Fristlose Kündigung wegen unkorrektem Sitz der Maske. © Adobe Stock - Von Svitlana
Fristlose Kündigung wegen unkorrektem Sitz der Maske. © Adobe Stock - Von Svitlana

Seit Oktober 2019 war der Kläger bei der Beklagten, einem regionalen Krankenhaus, als Auszubildender (Azubi) zum Gesundheits- und Krankenpfleger beschäftigt.

Einmaligem "Fehlverhalten" folgt fristlose Kündigung

Mit Schreiben vom 1. Dezember 2021 kündigte die Beklagte das Ausbildungsverhältnis des Azubi fristlos. Begründet wurde die Kündigung damit, dass dieser u.a. in dem Testzentrum der Beklagten seine Maske unter die Nase zog und auf eine Anweisung des Geschäftsführers, seine Maske ordnungsgemäß zu tragen, nicht sogleich reagierte.

Azubi erhebt Klage

Der Azubi erhob Kündigungsschutzklage und machte zugleich Annahmeverzugslohn für den Zeitraum ab Dezember 2021 bis April 2022 geltend.

Arbeitsgericht weist Arbeitgeber in die Schranken

Der Kläger ist nicht gegen SARS-CoV-2 geimpft oder hiervon genesen. Mit Urteil vom 18. Mai 2022 haben die Bonner Arbeitsrichter*innen entschieden, dass die fristlose Kündigung des Ausbildungsverhältnisses des Klägers mangels vorheriger Abmahnung unwirksam ist. Weiterhin hat das Arbeitsgericht Bonn dem Kläger trotz der Einführung der sog. "einrichtungsbezogenen Impfpflicht" ab dem 15. März 2022 und trotz der fehlenden Vorlage eines Impf- oder Genesenennachweises einen Anspruch auf Annahmeverzugslohn zugesprochen.

Nach dem Ausspruch einer unwirksamen außerordentlichen Kündigung, so das Gericht, steht einem Auszubildenden grundsätzlich Ausbildungsvergütung gegen den Arbeitgeber zu.

"Einrichtungsbezogenen Impflicht" für Entscheidungsfindung unbeachtlich

Zu der zum 15. März 2022 in Kraft getretenen "einrichtungsbezogenen Impflicht", die u.a. für Krankenhäuser vorsieht, dass alle dort tätigen Personen über einen Impf- oder Genesenennachweis gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 verfügen müssen, welche sie dem Einrichtungsleiter vorlzulegen haben, weist das Gericht in seiner Entscheidung auf folgendes hin:

Im Hinblick auf die Rechtsfolge der fehlenden Vorlage eines Impf- bzw. Genesenennachweises differenziere die gesetzliche Regelung in § 20a Abs. 2 und Abs. 3 IfSG danach, ob ein Arbeitnehmer bereits vor dem 15. März 2022 beschäftigt war oder erst ab dem 16. März 2022 neu eingetreten ist. Ausschließlich für ab dem 16.03.2022 neu eintretende Arbeitnehmer*innen sei in § 20a Abs. 3 Satz 4 IfSG ein Beschäftigungsverbot ausdrücklich gesetzlich geregelt. Für die bereits vor dem 15. März 2022 beschäftigten Arbeitnehmer*innen welche dem Einrichtungsleiter keinen Impf- oder Genesenennachweis vorlegen, bestehe hingegen lediglich eine Meldepflicht gegenüber dem Gesundheitsamt. Dieses könne nach § 20a Abs. 5 Satz 3 IfSG im Wege einer ermessensgeleiteten Einzelfallentscheidung ein Betretungs- und Tätigkeitsverbot erlassen. Da der Kläger bereits vor dem 15.03.2022 bei der Beklagten beschäftigt war und ein behördliches Betretungs- und Tätigkeitsverbot für ihn nicht vorlag, war die Beklagte auch über den 15. März 2022 hinaus verpflichtet, dem Kläger Annahmeverzugslohn zu zahlen.

Hier finden Sie das vollständige Urteil des Arbeitsgericht Bonn vom 18. Mai 2022:

Rechtliche Grundlagen

§ 20 a IfSG und Auszüge aus dem BBiG und BGB

§ 20a IfSG Immunitätsnachweis gegen COVID-19



(1) Folgende Personen müssen ab dem 15. März 2022 über einen Impf- oder Genesenennachweis nach § 22a Absatz 1 oder Absatz 2 verfügen:

1.

Personen, die in folgenden Einrichtungen oder Unternehmen tätig sind:

a)

Krankenhäuser,

b)

Einrichtungen für ambulantes Operieren,

c)

Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen,

d)

Dialyseeinrichtungen,

e)

Tageskliniken,

f)

Entbindungseinrichtungen,

g)

Behandlungs- oder Versorgungseinrichtungen, die mit einer der in den Buchstaben a bis f genannten Einrichtungen vergleichbar sind,

h)

Arztpraxen, Zahnarztpraxen,

i)

Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe,

j)

Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, in denen medizinische Untersuchungen, Präventionsmaßnahmen oder ambulante Behandlungen durchgeführt werden,

k)

Rettungsdienste,

l)

sozialpädiatrische Zentren nach § 119 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch,

m)

medizinische Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen nach § 119c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch,

n)

Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation nach § 51 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und Dienste der beruflichen Rehabilitation,

o)

Begutachtungs- und Prüfdienste, die auf Grund der Vorschriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder des Elften Buches Sozialgesetzbuch tätig werden,

2.

Personen, die in voll- oder teilstationären Einrichtungen zur Betreuung und Unterbringung älterer, behinderter oder pflegebedürftiger Menschen oder in vergleichbaren Einrichtungen tätig sind,

3.

Personen, die in ambulanten Pflegediensten und weiteren Unternehmen, die den in Nummer 2 genannten Einrichtungen vergleichbare Dienstleistungen im ambulanten Bereich anbieten, tätig sind; zu diesen Unternehmen gehören insbesondere:

a)

ambulante Pflegeeinrichtungen gemäß § 72 des Elften Buches Sozialgesetzbuch sowie Einzelpersonen gemäß § 77 des Elften Buches Sozialgesetzbuch,

b)

ambulante Pflegedienste, die ambulante Intensivpflege in Einrichtungen, Wohngruppen oder sonstigen gemeinschaftlichen Wohnformen erbringen,

c)

Unternehmen, die Assistenzleistungen nach § 78 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch erbringen,

d)

Unternehmen, die Leistungen der interdisziplinären Früherkennung und Frühförderung nach § 42 Absatz 2 Nummer 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und § 46 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit der Frühförderungsverordnung oder heilpädagogische Leistungen nach § 79 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch erbringen,

e)

Beförderungsdienste, die für Einrichtungen nach Nummer 2 dort behandelte, betreute, gepflegte oder untergebrachte Personen befördern oder die Leistungen nach § 83 Absatz 1 Nummer 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch erbringen, und

f)

Leistungsberechtigte, die im Rahmen eines Persönlichen Budgets nach § 29 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch Personen für die Erbringung entsprechender Dienstleistungen beschäftigen.

Satz 1 gilt nicht für Personen, die auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden können.



(2) Personen, die in den in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtungen oder Unternehmen tätig sind, haben der Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens bis zum Ablauf des 15. März 2022 folgenden Nachweis vorzulegen:

1.

einen Impfnachweis nach § 22a Absatz 1,

2.

einen Genesenennachweis nach § 22a Absatz 2,

3.

ein ärztliches Zeugnis darüber, dass sie sich im ersten Schwangerschaftsdrittel befinden, oder

4.

ein ärztliches Zeugnis darüber, dass sie auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden können.

Wenn der Nachweis nach Satz 1 nicht bis zum Ablauf des 15. März 2022 vorgelegt wird oder wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung oder das jeweilige Unternehmen befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Daten zu übermitteln. Die oberste Landesgesundheitsbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle kann bestimmen, dass

1.

der Nachweis nach Satz 1 nicht der Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens, sondern dem Gesundheitsamt oder einer anderen staatlichen Stelle gegenüber zu erbringen ist,

2.

die Benachrichtigung nach Satz 2 nicht durch die Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens, sondern durch die nach Nummer 1 bestimmte Stelle zu erfolgen hat,

3.

die Benachrichtigung nach Satz 2 nicht gegenüber dem Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung oder das jeweilige Unternehmen befindet, sondern gegenüber einer anderen staatlichen Stelle zu erfolgen hat.



(3) Personen, die in den in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtungen oder Unternehmen ab dem 16. März 2022 tätig werden sollen, haben der Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens vor Beginn ihrer Tätigkeit einen Nachweis nach Absatz 2 Satz 1 vorzulegen. Wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der j eweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung oder das jeweilige Unternehmen befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Daten zu übermitteln. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Eine Person nach Satz 1, die keinen Nachweis nach Absatz 2 Satz 1 vorlegt, darf nicht in den in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtungen oder Unternehmen beschäftigt werden. Eine Person nach Satz 1, die über keinen Nachweis nach Absatz 2 Satz 1 verfügt oder diesen nicht vorlegt, darf nicht in den in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtungen oder Unternehmen tätig werden. Die oberste Landesgesundheitsbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle kann allgemeine Ausnahmen von den Sätzen 4 und 5 zulassen, wenn das Paul-Ehrlich-Institut auf seiner Internetseite einen Lieferengpass zu allen Impfstoffen mit einer Komponente gegen das Coronavirus SARS-CoV-2, die für das Inverkehrbringen in Deutschland zugelassen oder genehmigt sind, bekannt gemacht hat; parallel importierte und parallel vertriebene Impfstoffe mit einer Komponente gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 bleiben unberücksichtigt.



(4) Soweit ein Nachweis nach Absatz 2 Satz 1 ab dem 16. März 2022 seine Gültigkeit auf Grund Zeitablaufs verliert, haben Personen, die in den in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtungen oder Unternehmen tätig sind, der Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens einen neuen Nachweis nach Absatz 2 Satz 1 innerhalb eines Monats nach Ablauf der Gültigkeit des bisherigen Nachweises vorzulegen. Wenn der neue Nachweis nach Satz 1 nicht innerhalb dieses Monats vorgelegt wird oder wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung oder das jeweilige Unternehmen befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Daten zu übermitteln. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.



(5) Die in Absatz 1 Satz 1 genannten Personen haben dem Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung oder das jeweilige Unternehmen befindet, auf Anforderung einen Nachweis nach Absatz 2 Satz 1 vorzulegen. Bestehen Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises, so kann das Gesundheitsamt eine ärztliche Untersuchung dazu anordnen, ob die betroffene Person auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden kann. Das Gesundheitsamt kann einer Person, die trotz der Anforderung nach Satz 1 keinen Nachweis innerhalb einer angemessenen Frist vorlegt oder der Anordnung einer ärztlichen Untersuchung nach Satz 2 nicht Folge leistet, untersagen, dass sie die dem Betrieb einer in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtung oder eines in Absatz 1 Satz 1 genannten Unternehmens dienenden Räume betritt oder in einer solchen Einrichtung oder einem solchen Unternehmen tätig wird. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine vom Gesundheitsamt nach Satz 2 erlassene Anordnung oder ein von ihm nach Satz 3 erteiltes Verbot haben keine aufschiebende Wirkung.



(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten nicht für die in den Einrichtungen oder von den Unternehmen behandelten, betreuten, gepflegten oder untergebrachten Personen.

(7) Die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten voll- und teilstationären Einrichtungen, die zugelassene Pflegeeinrichtungen im Sinne von § 72 des Elften Buches Sozialgesetzbuch sind, sind verpflichtet, dem Robert Koch-Institut monatlich Angaben zum Anteil der Personen, die gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft sind, jeweils bezogen auf die Personen, die in der Einrichtung beschäftigt sind oder behandelt, betreut oder gepflegt werden oder untergebracht sind, in anonymisierter Form zu übermitteln. Soweit es zur Erfüllung der Pflichten aus Satz 1 erforderlich ist, darf die Leitung der in Satz 1 genannten Einrichtungen zu diesem Zweck personenbezogene Daten einschließlich Daten zum Impfstatus in Bezug auf die Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) verarbeiten. Die Daten nach Satz 2 dürfen auch zur Beurteilung der Gefährdungslage in der Einrichtung im Hinblick auf die Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) verarbeitet werden, solange und soweit dies erforderlich ist. § 22 Absatz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes gilt entsprechend. Bestehen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Regelung bereits landesrechtliche Meldeverfahren, die auf bisherigem Bundesrecht beruhen und die zu den durch das Robert Koch-Institut nach Satz 1 zu erhebenden Daten anschlussfähig sind, bleiben die landesrechtlichen Meldeverfahren von der Änderung unberührt, wenn die Länder nach Kreisen und kreisfreien Städten aufgeschlüsselte Daten direkt an das Robert Koch-Institut übermitteln; insoweit entfällt die Meldepflicht nach Satz 1. Das Robert Koch-Institut führt die ihm übermittelten Daten zusammen und übermittelt sie monatlich in anonymisierter Form dem Bundesministerium für Gesundheit sowie den Ländern bezogen auf Länder- und Kreisebene. Die nach den Sätzen 2 und 3 erhobenen Daten sind spätestens am Ende des sechsten Monats nach ihrer Erhebung zu löschen; die Bestimmungen des allgemeinen Datenschutzrechts bleiben unberührt.



(8) Durch die Absätze 1 bis 5 wird das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes) eingeschränkt.







Berufsbildungsgesetz (BBiG)

§ 10 Abs. 2 BBiG



(2) Auf den Berufsausbildungsvertrag sind, soweit sich aus seinem Wesen und Zweck und aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, die für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze anzuwenden.





Berufsbildungsgesetz (BBiG)

§ 17 Abs. 1 BBiG



(1) Ausbildende haben Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu gewähren. Die Vergütung steigt mit fortschreitender Berufsausbildung, mindestens jährlich, an.





Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

§ 615 Satz 1 BGB



Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein.





Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

§ 293 BGB



Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.