Arbeitgeber verweigert Realisierung von Freistellungstagen. © Adobe Stock: cacaroot
Arbeitgeber verweigert Realisierung von Freistellungstagen. © Adobe Stock: cacaroot

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden Anwendung der Manteltarifvertrag (MTV) für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 8. November 2018 (MTV) und der Tarifvertrag Tarifliches Zusatzgeld für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 14. Februar 2018 (TV T-ZUG).

Aus dem MTV ergibt sich für bestimmte Arbeitnehmergruppen die Möglichkeit, statt des Zusatzgelds nach dem TV T-ZUG bezahlte arbeitsfreie Tage zu erhalten. Für das Jahr 2019 wählte der Kläger den Anspruch auf Freistellungstage. An zwei der festgelegten freien Tage erkrankte er arbeitsunfähig.

 

Beklagte lehnt Nachgewährung freier Tage ab

 

Eine Nachgewährung der zwei freien Tage, die der Kläger aufgrund Arbeitsunfähigkeit nicht in Anspruch nehmen konnte, lehnte die Beklagte ab, woraufhin der Kläger beim Arbeitsgericht Bielefeld Klage erhob. Das Arbeitsgericht gab der Klage im Umfang des erstinstanzlich zuletzt zur Entscheidung gestellten Zahlungsantrags statt.

 

Beklagte legt Berufung ein

 

Im Rahmen des von der Beklagten initiierten Berufungsverfahrens verlangte der Kläger festzustellen, dass ihm für das Jahr 2019 noch eine bezahlte Freistellung im Umfang von zwei Arbeitstagen zustehen, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, an ihn 229,37 Euro brutto zu zahlen.

Er begründete seinen Antrag auf Freistellung damit, dass dieser Anspruch durch die bloße Festlegung von freien Tagen nicht erfüllt worden sei. Die freie Zeit müsse für ihn tatsächlich nutzbar sein. Seine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit aber habe dem entgegengestanden. Die Beklagte indes vertrat die Ansicht, dass der Anspruch bereits dadurch erfüllt sei, da sie die freien Tage festgelegt und den Kläger von der Verpflichtung entbunden habe, die Arbeitsleistung zu erbringen. Das Risiko, die arbeitsfreie Zeit tatsächlich nutzen zu können, liege beim Kläger.

 

Landesarbeitsgericht bestätigt Arbeitsgericht - Beklagte legt Revision ein

 

Das Landesarbeitsgericht (LAG) hat dem Feststellungsantrag stattgegeben und bestätigte hiermit im Ergebnis das erstinstanzliche Urteil. Der gegen die Entscheidung des LAG gerichteten Revision der Beklagten vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) war kein Erfolg beschieden.

Die Auslegung des MTV ergibt, so die Richter*innen des 10. Senats, dass der Anspruch auf Freistellung an Tagen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht erfüllt werden konnte. Er bestehe als originärer Erfüllungsanspruch fort und sei grundsätzlich nicht auf das Kalenderjahr befristet. Nur dann, wenn die Gewährung von Freistellungstagen aus personenbedingten Gründen – z.B. wegen einer langandauernden Erkrankung – im gesamten (restlichen) Kalenderjahr nicht möglich sei, gehe der Freistellungsanspruch unter.

Wenn ein solcher Fall vorliege, so das Gericht, lebe aber nach § 25.3 MTV im Umfang der nicht realisierten Freistellungstage der Anspruch auf das tarifliche Zusatzgeld wieder auf.

 

Hier finden Sie das vollständige Urteil des BAG vom 23. Februar 2022: