Monatliche Provisionen können Elterngeld erhöhen. Copyright by Adobe Stock/mdbildes
Monatliche Provisionen können Elterngeld erhöhen. Copyright by Adobe Stock/mdbildes

Vor der Geburt ihrer Tochter im Jahr 2016 erzielte die als Steuerfachwirtin angestellte Klägerin ein monatliches Gehalt in Höhe von ca. 2.200 €.
 

Laufende Provisionen fanden keine Berücksichtigung

In Form einer umsatzbezogenen Provision erzielte sie allmonatlich weitere 500 bis 600 €. Auf den monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen der Arbeitgeberin waren diese Provisionen als sonstige Bezüge ausgewiesen.
Der beklagte Freistaat bewilligte der Klägerin Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat ihrer Tochter. Die monatlich gezahlten Provisionen hatte er dabei nicht mitberechnet.  
 

Sozialgericht folgt Rechtsauffassung des Beklagten

Das Sozialgericht (SG) wies die Klage auf höheres Elterngeld ab. Es berief sich dafür darauf, dass die Arbeitgeberin die Provisionen als sonstige Bezüge zur Lohnsteuer angemeldet hatte. Dies habe eine Bindungswirkung für das Elterngeld.   
 

Landessozialgericht hebt erstinstanzliche Entscheidung auf

Das Landessozialgericht (LSG) verurteilte den beklagten Freistaat zur Zahlung höheren Elterngelds unter Berücksichtigung der Provisionen.
Begründet wurde die Entscheidung des Berufungsgerichts damit, dass die von der Klägerin bezogenen Provisionen als laufender Arbeitslohn bei der Bemessung des Elterngelds zu berücksichtigen sein. Die Lohnsteueranmeldung der Arbeitgeberin sei materiell unzutreffend gewesen. Eine Bindungswirkung der Lohnsteueranmeldung könne es für das Elterngeldrecht nicht geben.
Gegen die Entscheidung des LSG legte der beklagte Freistaat Revision beim Bundessozialgericht (BSG) ein. Er vertrat die Auffassung, dass die Behandlung von Entgeltbestandteilen im Lohnsteuerabzugsverfahren die Beteiligten des Elterngeldverfahrens binde.
 

BSG bestätigt Rechtsauffassung der Klägerin

Mit seiner Argumentation vermochte der beklagte Freistaat beim BSG nicht durchzudringen.
Das BSG kam zu dem Ergebnis, dass regelmäßige und lückenlos gezahlte Provisionen steuerrechtlich als "laufender Arbeitslohn" einzustufen und dann auch beim Elterngeld zu berücksichtigen sind. Das gelte auch dann, wenn der Arbeitgeber in seiner Lohnsteueranmeldung die Provisionszahlungen fehlerhaft als "sonstige Bezüge" gemeldet hatte. Die Elterngeldstelle des Beklagten hätte hier noch einmal die steuerrechtliche Einordnung der Provisionen selbst prüfen müssen, befand das Gericht.
 
Hier geht es zum Terminbericht des Bundessozialgerichts vom 25.6.2020

Rechtliche Grundlagen

§ 2 Abs 1 Satz 2 BEEG idF ab dem 1.1.2015

Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG)
§ 2c Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit
(1) Der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Geld oder Geldeswert über ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f, ergibt das Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit. Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind. Die zeitliche Zuordnung von Einnahmen erfolgt nach den lohnsteuerlichen Vorgaben für das Lohnsteuerabzugsverfahren. Maßgeblich ist der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes in der am 1. Januar des Kalenderjahres vor der Geburt des Kindes für dieses Jahr geltenden Fassung.

(2) Grundlage der Ermittlung der Einnahmen sind die Angaben in den für die maßgeblichen Monate erstellten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben in den maßgeblichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen wird vermutet.

(3) Grundlage der Ermittlung der nach den §§ 2e und 2f erforderlichen Abzugsmerkmale für Steuern und Sozialabgaben sind die Angaben in der Lohn- und Gehaltsbescheinigung, die für den letzten Monat im Bemessungszeitraum mit Einnahmen nach Absatz 1 erstellt wurde. Soweit sich in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Bemessungszeitraums eine Angabe zu einem Abzugsmerkmal geändert hat, ist die von der Angabe nach Satz 1 abweichende Angabe maßgeblich, wenn sie in der überwiegenden Zahl der Monate des Bemessungszeitraums gegolten hat. § 2c Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.