Pauschalvergütung für Überstunden? © Adobe Stock - Von Bacho Foto
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Der Kläger war ab dem 15. März 2017 bis zum 31. April 2019 bei der Beklagten im Bereich der Lohn- und Finanzbuchhaltung sowie in der gesamten Büroorganisation beschäftigt. In den §§ 3 und 4 des zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrages wurde folgendes vereinbart:

 

§ 3 Arbeitszeit

1. Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 40 Wochenstunden.

2. Die zeitliche Verteilung und der tägliche Arbeitsbeginn orientieren sich an den betrieblichen Erfordernissen.

§ 4 Vergütung

1. Der Arbeitnehmer erhält für seine vertragliche Tätigkeit während der Probezeit ein monatliches Gehalt in Höhe von 1.800,00 Eur. brutto.

2. (…)

3. Mit der Bezahlung der vorgenannten Bezüge ist etwaige über die betriebliche Arbeitszeit hinausgehende Mehrarbeit im Umfang von bis zu 10 Stunden pro Monat abgegolten.:K

Kläger hält Mehrarbeitsklausel für unwirksam

Der Kläger hält die Klausel für unwirksam. Er fordert von seinem Arbeitgeber zusätzliche Vergütung für geleistete Überstunden in Höhe von 940,- Euro.

Nachdem seiner Klage erstinstanzlich kein Erfolg beschieden war, legte er gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts Stralsund vom 15. Dezember 2020 Berufung beim Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg – Vorpommern ein.

LAG hält Pauschalabgeltung für wirksam

Der Berufung des Klägers war kein Erfolg beschieden. Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts und wies die Berufung zurück.

Die Entscheidung begründete das LAG damit, dass die Klausel nicht überraschend im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB und damit Vertragsbestandteil geworden sei. Eine solche Regelung wie zwischen den Parteien vereinbart, sei in Arbeitsverträgen weder ungewöhnlich noch finde sie sich unter der Überschrift "Vergütung" an ungewöhnlicher Stelle. Auch könne nicht von einer Unwirksamkeit mangels hinreichender Transparenz ausgegangen werden (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB).

Eindeutige Formulierung

Eindeutig ergebe sich aus der Formulierung "abgegolten", dass bis zu 10 Überstunden monatlich ohne weitere Vergütung zu leisten seien. Für den Kläger sei daher klar erkennbar, dass er bei Bedarf monatlich bis zu 10 Überstunden ohne zusätzliche Vergütung leisten müsse. Die Klausel sei somit weder unklar und auch nicht unverständlich.

Für die vom Kläger vertretene Auffassung, dass eine Pauschalvergütungsabrede für Überstunden nur ab einer bestimmten Höhe der Jahresvergütung getroffen werden könne, sind, so das LAG, keine Gründe erkennbar.

Vertragsfreiheit lässt Pauschalvergütungsabrede grundsätzlich zu

Soweit der Kläger meine, eine Pauschalvergütungsabrede für Überstunden könne nur ab einer bestimmten Höhe der Jahresvergütung getroffen werden, sei auch hierfür keinerlei Grund erkennbar. Da Vertragsfreiheit bestehe, könne die vereinbarte Klausel nach den gesetzlichen Regelungen nicht unwirksam sein, auch könne sie bei jeder Vergütungshöhe getroffen werden. Ihre Begrenzung finde sie jedoch bei Sittenwidrigkeit. Es bestehe Vertragsfreiheit. Solange die vereinbarte Klausel nicht nach gesetzlichen Regelungen unwirksam sei, könne sie bei jeder Vergütungshöhe getroffen werden.

Vertragsfreiheit hat jedoch Grenzen

Ihre Begrenzung finde sich in der Sittenwidrigkeit, im Falle des Lohnwuchers (§ 138 Abs. 2 BGB) wie auch des wucherähnlichen Geschäfts (§ 138 Abs. 1 BGB). Diese setzten jedoch ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung voraus, welches regelmäßig nur dann angenommen werden könne, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal 2/3 eines in dem betreffenden Wirtschaftszweig üblicherweise gezahlten Tariflohnes erreiche. Dafür habe der Kläger keinerlei Anhaltspunkte vorgetragen. Es sei im Übrigen auch nicht ersichtlich, dass durch eine regelmäßige Ableistung von 10 Überstunden im Monat ein Bruttostundenlohn erzielt würde, welcher unter dem gesetzlichen Mindestlohn liege.

Hier finden Sie das vollständige Urteil:

Anmerkung:

Auch für Geringverdiener kann eine Überstundenregelung wirksam sein, wonach z.B. zehn Überstunden pro Monat mit dem regulären Gehalt abgegolten sind und hierdurch der gesetzliche Mindestlohn nicht unterschritten wird.

Rechtliche Grundlagen

§ 305c Abs. 1,§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB, § 138 Abs. 1 und 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

§ 305c Abs. 1 BGB

§ 305c Überraschende und mehrdeutige Klauseln

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB

§ 307 Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

§ 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.