Unberechtigte Kürzung des Weihnachtsgeldes muss nicht hingenommen werden
Unberechtigte Kürzung des Weihnachtsgeldes muss nicht hingenommen werden

Arbeitgeber sind nicht berechtigt, vertraglich zugesichertes Weihnachtsgeld wegen einer schlechten wirtschaftlichen Lage des Unternehmens nicht auszuzahlen. Das Arbeitsgericht in Aalen verurteilte folglich ein Maschinenbauunternehmen, das zurückbehaltene Weihnachtsgeld an einen Werkzeugmacher zu zahlen.

Der Arbeitgeber hatte im Oktober mit einem Aushang am schwarzen Brett mitgeteilt, das Weihnachtsgeld könne aufgrund der momentanen schlechten Auftragslage nicht ausgezahlt werden. Da sich der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag zur Zahlung von Weihnachtsgeld verpflichtet hatte, wandte sich der Arbeitnehmer an die DGB Rechtsschutz GmbH, die sich des Falles annahm und zum erfolgreichen Ende führte.

Ein klarer Fall


Das Arbeitsgericht hatte wenig Mühe, den Fall zu entscheiden: Vertragliche Vereinbarungen seien nun einmal einzuhalten. Da der Arbeitnehmer nie auf die Zahlung des Weihnachtsgeldes verzichtet habe, müsse der Arbeitgeber das Weihnachtsgeld auch zahlen.

Auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten kann ein Arbeitgeber seine Mitarbeiter nicht zwingen, auf ihre Ansprüche zu verzichten. „Da müssen sich die Beschäftigten auf nichts einlassen.“, erklärt Gert Becker, Rechtssekretär im Büro Göppingen. „Schließlich ist das Weihnachtsgeld Teil des ganz normalen Gehalts, mit dem die Beschäftigten rechnen und planen.“

Auf den Arbeitsvertrag kommt es an


Anders liegt der Fall, wenn im Arbeitsvertrag deutlich steht, dass Sonderzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld nur freiwillig gezahlt werden. In diesen Fällen kann der Arbeitgeber berechtigt sein, die Zahlung einzustellen. Er hat auch die Möglichkeit, sich den Widerruf bestimmter Leistungen vorzubehalten. Dann braucht der Arbeitgeber aber einen sachlichen Grund, um die Zahlung einzustellen.

Sind die Sonderzahlungen allerdings an keine Bedingungen geknüpft, muss der Arbeitgeber auf jeden Fall zahlen – oder eine Änderungskündigung aussprechen. Dafür bestehen jedoch so hohe Voraussetzungen, dass eine Abschaffung des Weihnachtsgeldes durch eine Änderungskündigung fast aussichtslos ist. „Dafür muss sich das Unternehmen quasi mit einem Bein in der Insolvenz befinden“, sagt Becker.

Eindeutig ist die Rechtslage, wenn das Weihnachtsgeld in einem anwendbaren Tarifvertrag geregelt ist. Hier sind Kürzungen oder der Verzicht von vornherein ausgeschlossen.

Im Aalener Fall war keine derartige Formulierung in den Arbeitsvertrag aufgenommen und keine Änderungskündigung ausgesprochen worden. Damit war die Rechtslage eindeutig. Der Werkzeugmacher konnte sich daher über eine stattliche Nachzahlung freuen.

 

 

Jean-Baptiste Abel, Berlin