Machen arbeitnehmerfinanzierte Entgeltumwandlungen (noch) Sinn?
Machen arbeitnehmerfinanzierte Entgeltumwandlungen (noch) Sinn?

Mit Urteil vom 20. September 2016 kamen die Richter*innen des X. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) zu dem Ergebnis, dass die einmalige Kapitalabfindung laufender Ansprüche gegen eine Pensionskasse nicht zu ermäßigt zu besteuernden außerordentlichen Einkünften führt, wenn das Kapitalwahlrecht schon in der ursprünglichen Versorgungsregelung enthalten war. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Einkünfte aus der Pensionskasse dem regulären Einkommensteuertarif unterliegen.

Sachverhalt:

In dem vom BFH entschiedenen Fall hatte die Klägerin aufgrund einer Entgeltumwandlung Ansprüche gegen eine Pensionskasse erworben. Die vertragliche Vereinbarung sah vor, dass die Versicherten anstelle der Rente eine Kapitalabfindung wählen konnten. Mit ihrem Eintritt in den Ruhestand machte die Klägerin hiervon Gebrauch.

Da die Beitragszahlungen nach § 3 Nr. 63 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei waren, hatte die Klägerin die Kapitalabfindung zu versteuern. Dass eine grundsätzliche Steuerpflicht bestand war nicht im Streit. Die Klägerin begehrte aber die Anwendung des in § 34 EStG vorgesehenen ermäßigten Steuersatzes, weil es sich um eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten handele.

Während das Finanzgericht (FG) noch der Rechtsauffassung der Klägerin folgte, sah dies der BFH anders und hob die Entscheidung des FG auf.

Bundesfinanzhof: Keine Steuerermäßigung bei einmaliger Kapitalabfindung

Der BFH kam zu dem Ergebnis, dass die der Klägerin zugeflossene Kapitalabfindung steuerpflichtig ist. Dies deshalb, da die Beiträge zur Pensionskasse ab 2003 steuerfrei behandelt worden waren. Die Frage, ob die Steuerfreiheit zu Recht bestand, ließ der BFH offen. Da Leistungen aus der Pensionskasse in jedem Fall einmal besteuert werden müssen, war die spätere Auszahlung aus der Pensionskasse zu besteuern.

Obwohl es sich bei der Kapitalauszahlung um eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit handelte, war eine Steuerermäßigung, wovon die Klägerin ausging, nicht möglich. Bei Alterseinkünften besteht, so die Richter*innen des X. Senats des BFH, die Tätigkeit in der Entrichtung von Beiträgen in der Vergangenheit. Die Tätigkeit, also die Entrichtung von Beiträgen, war mehrjährig, weil sie sich über einen Zeitraum von mehr als 12 Monaten erstreckte.

Da die Kapitalabfindung bereits 2003 als Wahlrecht vereinbart worden war, waren die Einkünfte nicht außerordentlich. Es handelte sich somit um eine vertragsgemäße Leistung und nicht um ermäßigt zu besteuernde außerordentliche Einkünfte.

Obwohl es im Streitfall nicht entscheidungserheblich war, hat der BFH in seiner Entscheidung vom 20. September 2016 Zweifel geäußert, ob Verträge, die von Anfang an ein Kapitalwahlrecht vorsehen, überhaupt nach § 3 Nr. 63 EStG in seiner ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung durch Steuerbefreiung der entsprechenden Einzahlungen gefördert werden können.

Hier geht es zum vollständigen - Urteil des Bundesfinanzhof vom 20.9.2016, X R 23/15

Das sagen wir dazu:

Einmalzahlung oder monatliche Rente? 

 

Macht arbeitnehmerfinanzierte Entgeltumwandlung überhaupt noch Sinn?
In dem vom BFH entschiedenen Fall hatte die Klägerin aufgrund einer Entgeltumwandlung Ansprüche gegen eine Pensionskasse erworben. Die vertragliche Vereinbarung sah vor, dass die Versicherten anstelle der Rente eine Kapitalabfindung wählen konnten. Bei Eintritt in den Ruhestand entschied sich die Klägerin für die einmalige Kapitalabfindung. Offenkundig in der Annahme, dass die Abfindung einem ermäßigten Steuersatz gem. § 34 Einkommenssteuergesetzes (EStG) unterfällt. Während das FG der Auffassung der Klägerin noch folgte, sah der Bundesfinanzhof es völlig anders. Er kam zu dem Ergebnis, dass es sich um eine vertragsgemäße Leistung handelt und nicht um ermäßigt zu besteuernde außerordentliche Einkünfte.

Die Entscheidung des Bundesfinanzhof vom 20.9.2016 sollte für Arbeitnehmer*innen die aus dem Berufsleben ausscheiden und Ansprüche gegenüber einer Pensionskasse oder Direktversicherung haben, Anlass sein, zu überprüfen, welche Form der Auszahlung (Einmalzahlung oder lebenslang eine monatliche Rente) für sie die Günstigste ist.

Steuerrechtliche Beratung kann sinnvoll sein.

Da die Entscheidung des BFH nur solche Vereinbarungen über Entgeltumwandlungen betrifft, die vor dem 01.01.2005 abgeschlossen wurden, könnte eine steuerrechtliche Beratung Sinn machen, bevor man sich entscheidet, in welcher Weise die Leistungen gegenüber der Pensionskasse abgerufen werden.

Für Neuzusagen ab 01.01.2005 gilt bei Auszahlung volle Steuerpflicht

Betriebsrenten aus den Neuzusagen nach § 3 Nr. 63 des Einkommenssteuergesetzes (EStG), die ab dem 01.01.2005 abgeschlossen wurden, sind in der Ansparphase bis zu dem vorgegebenen Höchstbetrag steuer- und sozialabgabenfrei. Die Auszahlungen aus diesen Verträgen der Pensionskasse sind somit als sonstige Einkünfte voll steuerpflichtig. 

Sind Entgeltumwandlungen als Altersvorsorge überhaupt noch sinnvoll?

Nachgelagerte Besteuerung, zusätzliche Sozialversicherungsbeiträge - bei diesen betrieblichen Altersvorsorge Nachteilen müssen Arbeitnehmer*innen sich fragen, ob sich die so hoch gelobte Form der eigenständigen Vorsorge wirklich lohnt. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber nichts zur Betriebsrente zuschießt. Arbeitnehmer*innen sollten genau nachrechnen, ob es nicht Alternativen gibt, die sich mehr lohnen. In einer Großzahl von Fällen zahlen Sparer*innen bei der betrieblichen Altersvorsorge mehr Beiträge ein, als sie am Ende der Laufzeit ausgezahlt bekommen.Vielen Betriebsrentnern*innen ist gar nicht bewusst, dass neben der Versteuerung, bei gesetzlich Versicherten sich auch die Krankenkassen melden und zur Kasse bitten. Werden Lebensversicherungen, die im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge abgeschlossen wurden, ausgezahlt, kassiert die Krankenkasse ab.

 

Wer sich nach einem langen Arbeitsleben auf die Auszahlung, seiner im Rahmen einer Entgeltumwandung angesparten Betriebsrente freut, die in den meisten Fällen als Lebensversicherung abgeschlossen wurde, wird sicherlich überrascht, wenn nicht gar verärgert sein, wenn er erfährt, dass nicht nur der Fiskus Ansprüche auf Anteile seiner Altersversorgung hat, sondern auch die Krankenkasse, die knapp ein Fünftel der zusätzlichen Altersvorsorge kassiert. 

 

Wer einen Anspruch gegenüber einer Pensionskasse oder Ansprüche aus einer Direktversicherung hat, sollte wissen, dass auf die hieraus resultierenden Zahlungen im Alter Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) anfallen. 

 

Nicht etwa nur der Arbeitnehmeranteil, wie dies während des aktiven Arbeitslebens der Fall war, sondern der volle Beitragssatz wird gefordert. Dieser liegt 2017 zwischen 14,9 und 16% (Siehe hierzu: Krankenkassenvergleich)

 

Neben dem vollständigen Krankenkassenbetrag wird auch noch der Beitrag zur Pflegeversicherung fällig der ab Januar 2017 2,8 Prozent des Einkommens für Kinderlose und 2,55 Prozent für Versicherte mit Kindern beträgt.


Bei Licht besehen kommt man zu dem Ergebnis, dass das derzeitige System der betrieblichen Altersvorsorge sich für viele Arbeitnehmer*innen, die gesetzlich krankenversichert sind und oft jahrzehntelang über die Firma in eine Pensionskasse oder Direktversicherung eingezahlt haben, als böse Überraschung entpuppt.

Arbeitnehmer*innen die die gesetzliche Möglichkeit der Entgeltumwandlung in Anspruch genommen haben und Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung sind, wird der

Beitrag von ZDF ZOOM vom 16.11.2016 „Das Rentendebakel“ empfohlen, der hier abgerufen werden kann.

Vielleicht kann dieser Beitrag anregen, über Sinn oder Unsinn einer Altersvorsorge nachzudenken, die auf einer Entgeltumwandlung „aufgebaut“ ist.

 

 

Rechtliche Grundlagen

§§ 3, Nr. 63 und 34 Einkommensteuergesetz (ESTG)

Einkommensteuergesetz (EStG)
§ 3

Steuerfrei sind:
.........
63. Beiträge des Arbeitgebers aus dem ersten Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung, bei der eine Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgungsleistungen in Form einer Rente oder eines Auszahlungsplans (§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1310, 1322), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 5. Juli 2004 (BGBl. I S. 1427) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung) vorgesehen ist, soweit die Beiträge im Kalenderjahr 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen. 2Dies gilt nicht, soweit der Arbeitnehmer nach § 1a Absatz 3 des Betriebsrentengesetzes verlangt hat, dass die Voraussetzungen für eine Förderung nach § 10a oder Abschnitt XI erfüllt werden. 3Der Höchstbetrag nach Satz 1 erhöht sich um 1 800 Euro, wenn die Beiträge im Sinne des Satzes 1 auf Grund einer Versorgungszusage geleistet werden, die nach dem 31. Dezember 2004 erteilt wurde. 4Aus Anlass der Beendigung des Dienstverhältnisses geleistete Beiträge im Sinne des Satzes 1 sind steuerfrei, soweit sie 1 800 Euro vervielfältigt mit der Anzahl der Kalenderjahre, in denen das Dienstverhältnis des Arbeitnehmers zu dem Arbeitgeber bestanden hat, nicht übersteigen; der vervielfältigte Betrag vermindert sich um die nach den Sätzen 1 und 3 steuerfreien Beiträge, die der Arbeitgeber in dem Kalenderjahr, in dem das Dienstverhältnis beendet wird, und in den sechs vorangegangenen Kalenderjahren erbracht hat; Kalenderjahre vor 2005 sind dabei jeweils nicht zu berücksichtigen;
......

Einkommensteuergesetz (EStG)
§ 34 Außerordentliche Einkünfte

(1) 1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach den Sätzen 2 bis 4 zu berechnen. 2Die für die außerordentlichen Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer beträgt das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte. 3Ist das verbleibende zu versteuernde Einkommen negativ und das zu versteuernde Einkommen positiv, so beträgt die Einkommensteuer das Fünffache der auf ein Fünftel des zu versteuernden Einkommens entfallenden Einkommensteuer. 4Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1, wenn der Steuerpflichtige auf diese Einkünfte ganz oder teilweise § 6b oder § 6c anwendet.
(2) Als außerordentliche Einkünfte kommen nur in Betracht:
1. Veräußerungsgewinne im Sinne der §§ 14, 14a Absatz 1, der §§ 16 und 18 Absatz 3 mit Ausnahme des steuerpflichtigen Teils der Veräußerungsgewinne, die nach § 3 Nummer 40 Buchstabe b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerbefreit sind;
2. Entschädigungen im Sinne des § 24 Nummer 1;
3. Nutzungsvergütungen und Zinsen im Sinne des § 24 Nummer 3, soweit sie für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nachgezahlt werden;
4. Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten; mehrjährig ist eine Tätigkeit, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.
(3) 1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 enthalten, so kann auf Antrag abweichend von Absatz 1 die auf den Teil dieser außerordentlichen Einkünfte, der den Betrag von insgesamt 5 Millionen Euro nicht übersteigt, entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder wenn er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist. 2Der ermäßigte Steuersatz beträgt 56 Prozent des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergäbe, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach dem gesamten zu versteuernden Einkommen zuzüglich der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte zu bemessen wäre, mindestens jedoch 14 Prozent. 3Auf das um die in Satz 1 genannten Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) sind vorbehaltlich des Absatzes 1 die allgemeinen Tarifvorschriften anzuwenden. 4Die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 kann der Steuerpflichtige nur einmal im Leben in Anspruch nehmen. 5Erzielt der Steuerpflichtige in einem Veranlagungszeitraum mehr als einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn im Sinne des Satzes 1, kann er die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 nur für einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn beantragen. 6Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.