Bundesarbeitsgericht: Begrenzte Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall!Copyright by Bernd Leitner/Adobe Stock
Bundesarbeitsgericht: Begrenzte Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall!Copyright by Bernd Leitner/Adobe Stock

Die Klägerin war bei der Beklagten bis zum 31. Juli 2017 als Altenpflegefachkraft beschäftigt. Aufgrund einer psychischen Erkrankung war sie seit dem 7. Februar 2017 arbeitsunfähig. Bis einschließlich 20. März 2017 zahlte die Beklagte Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Ab 21. März 2017 bezog die weiterhin arbeitsunfähige Klägerin Krankengeld bis einschließlich 18. Mai 2017.
 
Wegen eines gynäkologischen Leidens unterzog sich die Klägerin am 19. Mai 2017 einer seit längerem geplanten Operation. Die Frauenärztin der Klägerin bescheinigte dieser am 18. Mai 2017 als "Erstbescheinigung" eine Arbeitsunfähigkeit vom 19. Mai 2017 bis zum 16. Juni 2017. Durch eine Folgebescheinigung wurde eine fortbestehende Arbeitsverhinderung bis einschließlich 30. Juni 2017 attestiert. Im Juli 2017 erbrachte die Klägerin im Hinblick auf ihr gewährten Urlaub und Überstundenausgleich keine Arbeitsleistungen mehr und begann eine Psychotherapie bei einem Neurologen.
 

Klägerin verlangt Entgeltfortzahlung

Für den Zeitraum vom 19. Mai bis zum 29. Juni 2017 erhielt die Klägerin weder von der Beklagten Entgeltfortzahlung noch von ihrer Krankenkasse Krankengeld. Unter Hinweis darauf, dass ihre psychische Erkrankung am 18. Mai 2017 geendet habe und sie ab dem 19. März 2017 wegen eines neuen Leidens arbeitsunfähig gewesen sei, machte sie gegenüber der Beklagten Entgeltfortzahlung i. H. v. 3.364,90 Euro brutto nebst Zinsen geltend. Da die außergerichtliche Geltendmachung erfolglos blieb, erhob sie Klage. Die Beklagte vertrat die Auffassung, dass den Umständen nach von einem einheitlichen Verhinderungsfall auszugehen sei. Die Klägerin könne deshalb nur einmal für die Dauer von sechs Wochen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall beanspruchen. Dieser Anspruch sei von ihr erfüllt worden.
 

Erstinstanzlich erfolgreich  - Berufungsgericht weist Klage ab

Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Nach der Beweisaufnahme durch Vernehmung von drei Ärzten weist das Landesarbeitsgericht (LAG) die Klage ab.
 

Erfolglos vor dem Bundesarbeitsgericht

Die Revision der Klägerin hatte vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) keinen Erfolg. Begründet wurde die Entscheidung wie folgt:
 
„Ist der Arbeitnehmer krankheitsbedingt arbeitsunfähig und schließt sich daran in engem zeitlichen Zusammenhang eine im Wege der „Erstbescheinigung“ attestierte weitere Arbeitsunfähigkeit an, hat der Arbeitnehmer im Streitfall darzulegen und zu beweisen, dass die vorangegangene Arbeitsunfähigkeit im Zeitpunkt des Eintritts der weiteren Arbeitsverhinderung geendet hatte. die Klägerin behandelnden Ärzte umfassend Beweis erhoben. Danach konnte nicht festgestellt werden, dass ein einheitlicher Verhinderungsfall nicht vorlag. Das gilt umso mehr als nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eine Untersuchung der Klägerin durch den behandelnden Arzt bei der Feststellung der bis einschließlich 18. Mai 2017 attestierten Arbeitsunfähigkeit nicht erfolgte.“
 
Hier finden Sie die Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 11.12.2019

Das sagen wir dazu:

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall - Einheit des Verhinderungsfalls

Der gesetzliche Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist auch dann auf die Dauer von sechs Wochen beschränkt, wenn während bestehender Arbeitsunfähigkeit eine neue, auf einem anderen Grundleiden beruhende Krankheit auftritt, die ebenfalls Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat (Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalls). Ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch entsteht nur, wenn die erste krankheitsbedingte Arbeitsverhinderung bereits zu dem Zeitpunkt beendet war, zu dem die weitere Erkrankung zur Arbeitsunfähigkeit führte.