Im April hatten wir über die Klagen eines Jobcenters gegen einen Anwalt berichtet, der Dumpinglöhne gezahlt hat. Die Mitarbeiter erhielten Stundenlöhne in Höhe von 1,54 € und 1,65 € und bezogen weiter Arbeitslosengeld II (Hartz IV). Das Jobcenter klagte höhere Lohnzahlungen ein und verlor in erster Instanz vor dem Arbeitsgericht Cottbus. Die Richter hielten die Löhne zwar für sittenwidrig, sahen aber keine ausbeuterische Gesinnung des Arbeitgebers. 

Landesarbeitsgericht unterstellt ausbeuterische Gesinnung

Das sieht das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin Brandenburg nun anders und gab der Berufung des Jobcenters statt. 

Die Begründung: Die Lohnvereinbarungen führten zu einem besonders groben Missverhältnis zwischen der Leistung des Arbeitnehmers und der Gegenleistung des Arbeitgebers.

Das hatte das Arbeitsgericht Cottbus auch so gesehen. Das LAG ist aber darüber hinaus der Ansicht, dass die für einen Lohnwucher erforderliche verwerfliche Gesinnung des Arbeitgebers bei dieser Sachlage unterstellt werde. Wichtig dabei für das LAG: Die Arbeitsleistungen seien für den Arbeitgeber von wirtschaftlichem Wert gewesen; sie hätten ansonsten von ihm selbst oder seinen festangestellten Mitarbeitern ausgeführt werden müssen.

Das Arbeitsgericht Cottbus hatte dies anders gewertet und dem Anwalt indirekt eine wohltätige Gesinnung bei der Einstellung der Leistungsempfänger zugutegehalten. Dass er den Leistungsempfängern eine Hinzuverdienstmöglichkeit habe einräumen wollen, entlaste ihn aber nicht, so das LAG. Denn dies berechtige ihn nicht, Arbeitsleistungen in einem Umfang abzufordern, der zu dem geringen Stundenlohn führte.

Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen.

Anmerkung der Redaktion:

Wir begrüßen die Entscheidungen des LAG und hoffen, dass diese Signalwirkung haben wird. Und zwar auf Arbeitgeber, damit diese erst gar nicht solch niedrige Löhne zahlen, egal aus welcher Gesinnung. Und zudem auch auf Arbeitnehmer*innen oder andere Jobcenter, um sich gerichtlich gegen Dumpinglöhne zahlende Arbeitgeber zur Wehr zu setzen.

Silke Clasvorbeck, Rechtsschutzsekretärin und Onlineredakteurin, Bielefeld

Hier die Pressemitteilung des LAG Berlin-Brandenburg zur Entscheidung vom 11.11.2014

Hier unser Bericht über das erstinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus