Ab 1.1.2015 gilt in Deutschland der gesetzliche Mindestlohn. Wir sagen, was Sie tun können.
Ab 1.1.2015 gilt in Deutschland der gesetzliche Mindestlohn. Wir sagen, was Sie tun können.

Mein Chef zahlt keinen Mindestlohn. Wer hilft mir?

Zunächst einmal müssen Sie selber aktiv werden. Sie müssen dafür sorgen, dass der Ihnen zustehende Zahlungsanspruch geltend gemacht und gegebenenfalls vor dem zuständigen Arbeitsgericht eingeklagt wird. Dies geht bis zu drei Jahre rückwirkend, aber selbstverständlich sollten Sie das sofort tun. Ihre Gewerkschaft berät Sie und wird Ihnen im Ernstfall Rechtsschutz gewähren. Gewerkschaftsmitglieder haben im Rahmen ihrer Mitgliedschaft einen Anspruch auf Rechtsberatung und Vertretung vor den Arbeitsgerichten.

Arbeitgeber, die den Mindestlohn nicht zahlen, riskieren nach § 21 Mindestlohngesetz eine Geldbuße bis zu 500.000 Euro. Wenn Ihr Chef beim Mindestlohn tricksen will: Gehen Sie zum Betriebsrat. Der könnte Ihren Chef auf die drohende Geldbuße aufmerksam machen.

 

Mindestlohn für Minderjährige, Azubis und Praktikanten ?

 

Einige Bevölkerungsgruppen sind von dem ab 1.1.2015 geltenden Mindestlohn entgegen den Vorstellungen des DGB und seiner Gewerkschaften ausgeschlossen.

Dazu zählen auch Minderjährige, also Personen unter 18 Jahren.

 

Auch Auszubildende haben keinen Anspruch auf den Mindestlohn. Das gilt selbst dann, wenn sie schon das 18. Lebensjahr vollendet haben. Das ergibt sich aus § 22 Mindestlohngesetz, der den persönlichen Geltungsbereich auf Arbeitnehmer*innen beschränkt

Unterschiedliche Regelungen gelten für Praktikant*innen: Wer ein Pflichtpraktikum im Rahmen der Ausbildung, insbesondere im Studium oder ein Schulpraktikum, absolviert, hat keinen Anspruch auf den Mindestlohn.

Ein Orientierungspraktikum vor einer Ausbildung oder einem Studium begründet erst nach Ablauf von drei Monaten die Forderung nach dem Mindestlohn.

Hier besteht die Gefahr, dass Arbeitgeber tricksen, indem versucht wird, ein reguläres Arbeitsverhältnis als Praktikumsverhältnis zu bezeichnen, um so dem Mindestlohn zu entgehen. Betroffene sollten sich in Zweifelsfällen bei ihrer Gewerkschaft Rechtsauskunft einholen.

 

Mindestlohn für Taxifahrer und Zeitungszusteller?

 

Im Gesetzgebungsverfahren zum Mindestlohngesetz waren Ausnahmen für Taxifahrer und Zeitungszusteller diskutiert worden. Was ist daraus geworden?

 

Für Taxifahrer*innen gelten keine Ausnahmen. Ihnen steht wie allen anderen der gesetzliche Mindestlohn zu. Voraussetzung ist natürlich eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung; für Selbständige gilt der Mindestlohn nicht.

Anders sieht die Situation bei Zeitungszusteller*innen aus: Für sie gilt nach § 24 Absatz 2 Mindestlohngesetz eine Übergangsregelung: 6,38 Euro ab 1.1.2015 und 7,23 Euro ab 1.1.2016. Erst ab 2017 gilt auch für Zeitungszusteller*innen der volle Mindestlohn von 8,50 Euro.

Aber Achtung: Als Zeitungszusteller gilt nur derjenige, der periodisch erscheinende Zeitungen zustellt. Wer gleichzeitig Werbeprospekte oder Briefe austrägt, kann sofort den Mindestlohn von 8,50 Euro verlangen.

Der Mindestlohn kann auch von den Zeitungszusteller*innen beansprucht werden, die nach Stücklohn bezahlt werden. Die Vereinbarung von Stücklohn ist zwar weiterhin zulässig. Nur muss die „Normalleistung“ von vornherein so festgelegt werden, dass bei Erreichen dieser Leistung der Mindestlohn bezahlt wird. 

Es ist zu befürchten, dass die Arbeitgeber in diesem Punkt tricksen und die „Normalleistung“ so hoch ansetzen, dass sie nicht erreicht werden kann. Wenden Sie sich in solchen Fällen an Ihren Betriebsrat oder Ihre Gewerkschaft.

 

Mindestlohn gilt auch für Minijobber

 

Der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro gilt ab 1.1.2015 auch für Beschäftigte in Minijobs (geringfügig Beschäftigte)

 

Voraussetzung für die Geltung des Mindestlohns ist allerdings: Sie müssen volljährig sein, denn Beschäftigte unter 18 Jahren sind vom Mindestlohn ausgenommen.

Eine Ausnahme gilt auch für einige Branchen, zum Beispiel für Zeitungszusteller*innen.

Die Verdienst-Obergrenze bei Minijobs liegt bei 450 Euro monatlich. Also dürfen geringfügig Beschäftigte künftig höchstens 52 Stunden pro Monat arbeiten.

Da Arbeitgeber nicht daran vorbeikommen, auch Minijobbern den Mindestlohn zu zahlen, ist zu befürchten, dass sie eventuell bei der Stundenzahl tricksen: Achten Sie darauf, dass Sie exakt die geleistete Arbeitszeit auch vergütet bekommen. Wer bisher als Minijobber weniger als 8,50 Euro verdient hat, muss ab Januar weniger Stunden arbeiten, um auf den gleichen Monatsverdienst zu kommen.

Tricksen können Arbeitgeber künftig auch bei geringfügig Beschäftigten, die nach Stückzahlen entlohnt werden. Auch in diesen Fällen müssen Sie darauf achten, dass der Stundenlohn für geleistete Arbeit nicht unter 8,50 Euro liegt.

Minijobber, die bisher schon über dem Mindestlohn vergütet wurden, haben keinen Anspruch auf Anhebung ihres Stundenlohnes, auch wenn ihre Arbeitskollegen, die bisher mit geringerer Vergütung gearbeitet haben, bei Vergütung nach dem Mindestlohn eine Lohnerhöhung bekommen.

 

Nähere Infos zur geringfügigen Beschäftigung erhalten Sie hier:

 

Kein Verzicht auf Mindestlohn 

 

Der ab dem 1.1.2015 geltende Mindestlohn ist nicht abdingbar: Auf Ihren Mindestlohnanspruch können Sie nicht verzichten.

 

Dies ist ausdrücklich in § 3 Mindestlohngesetz geregelt. Sollten Sie, aus welchem Grund auch immer, Ihr Einverständnis mit einem niedrigeren Lohn erklärt haben, ist dies unwirksam. Ihnen steht der gesetzliche Mindestlohn trotzdem zu. Einzige Ausnahme: Ein Verzicht auf den Mindestlohn in einem gerichtlichen Vergleich ist möglich und wirksam.

Ihren Anspruch auf den Mindestlohn können Sie noch innerhalb von drei Jahren geltend machen. Daran sind Sie auch nicht durch etwaige tarifliche oder vertragliche Ausschlussfristen gehindert. Diese sind, soweit die Auszahlung des gesetzlichen Mindestlohnes betroffen ist, nicht wirksam. Allerdings können Ausschlussfristen für darüber hinaus gehende Forderungen gelten.

Natürlich sollten Sie etwaige Ansprüche auf Mindestlohn umgehend geltend machen. Ihre Gewerkschaft wird Ihnen helfen und Rechtsschutz gewähren.