Politessen schreiben nicht nur "Knöllchen". Höhere Vergütung gerechfertigt!
Politessen schreiben nicht nur "Knöllchen". Höhere Vergütung gerechfertigt!


Die Tätigkeit einer Politesse ist sicherlich keine einfache Tätigkeit. Die Durchführung von Verkehrskontrollen setzt eine fachliche Qualifikation voraus. Der Umgang mit manchen Verkehrssündern ist nicht immer einfach und setzt gewiss auch eine soziale Kompetenz voraus. Die Vergütung für diese verantwortungsvolle Tätigkeit ist nicht grade üppig.

Über die Stellenbeschreibung hinausgehende Aufgaben


Da die Solinger Politesse sich für tariflich falsch eingruppiert hielt, machte sie gegenüber der Stadt geltend, dass bei ihrer Tätigkeit neben den obligatorischen Kontrollen weitere Tätigkeiten in beachtenswerten Umfang anfallen, die über die für sie maßgebende Stellenbeschreibung hinausgehen.

Dies seien unter anderem die Einleitung von Abschleppmaßnahmen sowie die Entgegennahme und Weiterleitung von Fundsachen. Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass deutlich mehr als der Hälfte ihrer Arbeitszeit auf Angelegenheiten entfällt, die »gründliche Fachkenntnisse« erfordern, was von der Stadt Solingen bestritten wurde.

Gründliche Fachkenntnisse im Sinne des TVöD-VKA liegen vor


Das Arbeitsgericht Solingen folgte den Argumente der Klägerin und stellte fest, dass der Klägerin eine höhere Vergütung zu zahlen ist, die der Entgeltgruppe 5 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-VKA) entspricht.

Nach Auffassung der Solinger Arbeitsrichter*innen erfordern die Tätigkeiten der Klägerin »gründliche Fachkenntnisse im Sinne des TVöD-VKA. Unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2012 beschränke sich der Begriff »gründliche Fachkenntnisse« nicht allein auf Rechtskenntnisse, sondern erfasse auch weitergehende Kenntnisse.


Hier finden Sie die Pressemitteilung des Arbeitsgericht Solingen vom 02.02.2017:

Hier finden Sie die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2012: BAG, Urteil vom 21.03.2012 - 4 AZR 266/10

Das sagen wir dazu:

Die Entscheidung des Solinger Arbeitsgerichts ist begrüßenswert, denn die Tätigkeit einer Politesse ist gewiss keine einfache. Der Beruf einer Politesse dürfte zu denen gehören, die zu den „Geächteten“ gehört. Nicht selten werden Politessen und auch die männlichen Kollegen, die Strafzettel verteilen, von Falschparkern beschimpft, obwohl sie nur Aufgaben erfüllen, die sich aus den Vorgaben des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts ergeben.
 
Wer Verkehrskontrolleure*innen als missliebige Verteiler von „Knöllchen“ sieht, der unterschätzt deren Aufgabenbereich. Denn es werden im Rahmen der Ausbildung Kenntnisse in den Bereichen Umweltschutz, Eigensicherung, Ermächtigung zum Zwang, Verkehrsüberwachung, Zeichen und Weisungen im Straßenverkehr, Verwaltungsvereinbarungen, Bestimmungen des Straf- und des Ordnungswidrigkeitenrechts, Allgemeines Gefahrenabwehrrecht, Verwaltungs- und Verfassungsrecht, sowie spezialgesetzliche Regelungen vermittelt, die von den Verkehrskontrolleuren umzusetzen sind.
 
Im praktischen Teil der Ausbildung, also bei der täglichen Arbeit, wird gelehrt, mit den verschiedensten Ordnungswidrigkeiten im ruhenden Straßenverkehr, sowie dem Fahren in Fußgängerzonen und verkehrsberuhigten Bereichen umzugehen und entsprechend zu ermahnen.

Die Vergütung für Verkehrskontrolleure*innen sind, soweit ersichtlich, bisher von Kommune zu Kommune recht unterschiedlich und liegen überwiegend weit unter der der Klägerin nunmehr zuerkannten Vergütung.

Die monatliche Vergütung einer Vollzeitkraft nach der Entgeltgruppe 5 TVöD-VKA betrug im Jahr 2016 in der Eingangsstufe 2.197,47 und in der Endstufe 2.798,90 Euro.

Es bleibt nun abzuwarten, ob die Stadt Solingen weiterhin an ihrer Auffassung festhält und meint, gegen das Urteil der Arbeitsgerichts in die Berufung gehen zu müssen, oder ob sie erkennt, dass es sich bei der Tätigkeit einer Politesse um eine verantwortungsvolle und dementsprechend zu vergütende handelt.
 
Über den weiteren Verlauf der Sache werden wir berichten.