Wirtschaftliche Notlage rechtfertigt Kürzung der Betriebsrente nicht.
Wirtschaftliche Notlage rechtfertigt Kürzung der Betriebsrente nicht.

Ein mittelständisches Unternehmen zu Herstellung von Papier aus Bergisch Gladbach hat ein Konzept zur Sanierung erstellt. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass sich das Unternehmen in einer wirtschaftlichen Notlage befinde.

Kein Widerruf wegen Notlage

Das Sanierungskonzept sah vor, die zu zahlenden Betriebsrenten ab Januar 2016 um 15 Prozent für einen Zeitraum von vier Jahren zu kürzen. Etwa 190 Betriebsrentner haben sich vor dem Arbeitsgericht gegen diese Kürzung gewehrt.

Die Klagen der Betriebsrentner auf Zahlung der ungekürzten Rente waren erfolgreich. Nach der Änderung des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) geht die Rechtsprechung davon aus, dass eine wirtschaftliche Notlage eines Unternehmens kein sachlicher Grund ist, eine Betriebsrente zu kürzen oder ganz zu widerrufen.

In der Vergangenheit konnten Arbeitgeber unter strengen Voraussetzungen die Rentenzahlungen einstellen, wenn sie sich in finanziellen Schwierigkeiten befanden. Betriebliche Versorgungsrechte sind nun jedoch vor einer Insolvenz geschützt. Im Übrigen waren die Ansprüche der Kläger auch nicht aufgrund tarifvertraglicher Ausschlussfristen verfallen

Praxistipp: Betriebliche Altersvorsorge

In der Regel sagt der Arbeitgeber eine Altersversorgung mit der Überzeugung zu, die späteren Verbindlichkeiten erfüllen zu können. Auch der Arbeitnehmer plant diese Versorgungszusage für den Ruhestand ein und kann einen Verlust nicht mehr wettmachen.

Wird über das Vermögen des Arbeitgebers das Insolvenzverfahren eröffnet, sind die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung vor einem Zahlungsausfall geschützt. Sowohl die bereits in den Ruhestand gegangenen Versorgungsempfänger als auch die unverfallbaren Anwartschaften der aktiven Beschäftigten werden von der Insolvenzsicherung umfasst. Kann der Arbeitgeber in diesen Fällen seinen Verpflichtungen aus einer Versorgungsordnung nicht nachkommen, übernimmt der Pensions-Sicherungs-Verein die Zahlung.

Sobald die gesetzliche Unverfallbarkeit eingetreten ist, kann der Arbeitgeber die Versorgungszusage in der Regel nicht widerrufen. Nur in wenigen Ausnahmefällen ist es möglich durch einseitige Erklärung die Versorgung aufzuheben. Wenn der Versorgungsberechtigte in grober Weise gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstößt oder eine Handlung begeht, die zu einer fristlosen Kündigung berechtigen würde, kann der Anspruch auf eine Betriebsrente verloren gehen. Allerdings müssen die Verfehlungen so schwer wiegen, dass die Berufung auf die Versorgungszusage arglistig erscheint.

Mitbestimmung des BR

Die betriebliche Altersversorgung stellt einen wichtigen Teil der Mitbestimmung des BR in sozialen Angelegenheiten dar. Allerdings beschränken sich die Rechte des BR nur auf die Versorgungsordnungen der aktiven Belegschaft. Eine Befugnis Regelung der Ruhestandsverhältnisse besteht nicht.

Das BetrVG sieht eine freiwillige Betriebsvereinbarung über die betriebliche Altersversorgung durch den Aufbau von Sozialeinrichtungen vor. Insbesondere besteht ein Recht zur Mitbestimmung bei der juristischen Gestaltung der Einrichtung sowie bei der zu erstellenden Satzung bzw. Geschäftsordnung. Die größte Bedeutung kommt allerdings der Organisation der eigentlichen Versorgungsleistung mit Regelungen zu Aufnahmealter, Wartezeit und Verteilung der Mittel zu.

Dieser Artikel ist zuerst erschienen in: „AiB-Newsletter, Rechtsprechung für den Betriebsrat“ des Bund-Verlags, Ausgabe 12/2016 vom 25.05.2016.



Urteil des Arbeitsgerichts Köln

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Rechtliche Grundlagen

§ 88 Nr. 2 BetrVG

Freiwillige Betriebsvereinbarungen

Durch Betriebsvereinbarung können insbesondere geregelt werden
1. zusätzliche Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Gesundheitsschädigungen;

1a. Maßnahmen des betrieblichen Umweltschutzes;

2. die Errichtung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;

3. Maßnahmen zur Förderung der Vermögensbildung;

4. Maßnahmen zur Integration ausländischer Arbeitnehmer sowie zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb.